Manafonistas

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2015 11 Aug

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (97)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | 5 Comments

1975, eine Imbissbude irgendwo: Elendes Gejaule aus einem verstaubten Minilautsprecher, ich bestelle einen Hamburger und eine Cola. Ziemlich geistlose Leute hier, Bildzeitung überall, ein netter älterer Herr, ein flinker Kellner, man verschlingt Pommes und Curry-Würste, einer raucht HB, einer Roth-Händle, der alte Herr ähnelt Henry Miller, schon wieder werden Curry-Würste verteilt, dreckige Biergläser tauchen in schon lange nicht mehr ausgewechseltes Wasser, der Kellner klemmt sich ein Kaugummi zwischen die Zähne, nimmt die Gläser aus dem trüben Wasser, ein neuer Schlager ertönt, der Schmalz tropft aus dem Minilautsprecher, man mampft Pommes, manche fallen auf den Fußboden, werden festgetreten, einige, die an der Theke stehen, wiegen den Körper im Takt zu den `schwierigen´ Melodien, immerhin, die Cola ist schön kühl, hält mich wach. Tage, wie diese, häufen sich in letzter Zeit, ich will allein sein, lesen, Dylan Thomas, Handke oder Musik hören:

 
 
 

 
 
 

David Bowie: Space Oddity; Roxy Music: Love Is The Drug; Ralph McTell: Streets of London; Steve Harley & Cockney Rebel: Make Me Smile (Come Up And See Me); John Lennon: Imagine; vielleicht aber auch mal eine meiner neuen LPs auflegen, etwa die neue Platte von Led Zeppelin: Physical Graffity (grandios!!!) oder die von Bob Dylan: Blood On The Tracks …

 

„Und einst, da sie an einem warmen aber trüben Morgen vors Tor hinausgingen, sagte Iffland, dies wäre gutes Wetter, davonzugehen – und das Wetter schien auch so reisemäßig, der Himmel so dicht auf der Erde liegend, die Gegenstände umher so dunkel, gleichsam als sollte die Aufmerksamkeit nur auf die Straße, die man wandern wollte, hingeheftet werden.“ (Karl Philipp Moritz: Anton Reiser, zitiert nach Handke, Peter: Der kurze Brief zum langen Abschied)

 
 
 


 

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5 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Man könnte natürlich enen Film über diese Imbissbude drehen, Gregs, und in der Abenddämmerung, in der letzten Einstellung, wenn die Kamera vom Rand einer Currywurst (oder einer mobilen Jukebox) geradezu in den Himmel auffährt, 1 9 7 5, die ganzen Lichter der Grosstadt unten funkeln lässt, dann sollte dieser Song einer Platte von 1 9 7 8 ertönen (bei solchen Liedern gibt es keinen Anachronismus) ….. >>> https://m.youtube.com/watch?v=-1OwP8DXdBc (copy and paste)

  2. Michael Engelbrecht:

    Der Plattenspieler ist übrigens von 2015, das pickup passt fantastisch, das ist aber kein product placement:)

  3. Michael Engelbrecht:

    By the way, mein Freund Olaf ( wo ist eigentlich unser Olaf Westphely???) mag Physical Graf. über alles, Led Zep war nie mein Fall. Aber an STICKY FINGERS habe ich ja auch erst jüngst Gefallen gefunden:)

  4. Lajla nizinski:

    Gregor, sehr inspirierend dein Intro. Aber ist es nicht so, dass diese Orte für uns Feuilleton verwöhnten Wissenschaftsgesellschafter ein Quell der Erstmeinungen sind? Wenn etwas im Fussball oder in der Welt geschieht, ist das Büdchen die „erste Struktur der Öffentlichkeit“.
    Ich habe mal einen ganzen Nachmittag in der Stammkneipe von Handke in Chaville verbracht. Da sitzen die vordergründig Geistlosen vor ihrem verre rouge. Warum geht er in solche „Fettbuden“? Weil dort das Leben in seiner kommoden Gegenwart erträglich ist. Und natürlich fehlt die Jukebox nicht.

  5. Gregor:

    Lajla, du hast natürlich vollkommen recht, ich sehe das auch so!
    Michael, herzlichen Dank für den Willie-Nelson-Tipp.
    Na, das passt ja, denn mal ran an den Film!


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