Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

Seit ein paar Tagen wird bei der Post nicht mehr gestreikt und so erreichten mich einige Gegenstände, die sich seit mehreren Wochen auf dem Weg zu mir befanden. (Andere sind wohl in der Loopschleife verloren gegangen.) Da ist das Album „Now This“ des Gary Peacock Trio. Es ist klasse. Michael sagte in seiner Sendung, er hätte den Inhaber eines Cafés in New York oder Boston dazu bewegt, ein Album einfach mal durchlaufen zu lassen. Ich kann mich nicht daran erinnern, ob es dieses Album war, aber es könne es gewesen sein. Das ist eine CD, die ich auflegen könnte, wenn ich Besuch habe, dessen Musikgeschmack ich nicht kenne. Ich könnte sagen, es ist Jazz, aber es ist okay und es wird euch gefallen. Man kann zuhören, man kann aber auch reden. Keine Platte, über die man in Streit geraten wird. (Manche werden sich an die Aufgaben des musikwissenschaftlichen Seminars in Würzburg erinnern, bei der es darum ging, Musiktitel zusammenzustellen, die man auf einer kleinen Feier auflegen kann.) Etwas anders ist es bei David Torns Album „Only Sky“. Michael hatte in seiner Sendung das erste Stück aufgelegt, und dies ist bestimmt eine gute Einführung in diese Arbeit, aber es war die Art, wie Michael über die Platte sprach, was mich dazu bewog, sie zu kaufen. Allein schon die Namen der Titel. Ich weiß nicht, wie oft ich diese Musik in den vergangenen Tagen schon gehört habe. Es fing beim zweiten Stück an, dass ich völlig in den Bann gezogen wurde und es allmählich kaum fassen konnte. Diese Platte ist sicherlich völlig ungeeignet für ein gewöhnliches Café, denn man muss sie auf jeden Fall allein hören. Es ist eine Musik, in die David Torn alles hineingelegt hat, seine Lebenshaltung, die ganze Lässigkeit, (der man nicht anmerkt, wie hart sie erarbeitet wurde, falls sie überhaupt hart erarbeitet wurde), es ist eine Musik, die schwebt, in Traumstrukturen, die aber doch nie völlig den Boden verliert. In den neun Stücken wird einiges ausprobiert, die ganz großen Stimmungswechsel bleiben aber aus, eine gewisse Ruhe bleibt immer, auch in verzweifelten Phasen. Da gibt es manchmal kleine Überlagerungen und ich überlegte, ob mein CD Spieler defekt ist, aber nein, das ist so gewollt und erinnert in der Technik ein bisschen an Christian Fennesz´ Bécs. He is a looper, too. Die Musik ist einsam, aber sie genügt sich selbst und erwartet längst nichts mehr von außen. I´m through, I can´t get any worse, I´m happy. “Only Sky” ist unfassbar schön. Ich bin absolut überwältigt.

This entry was posted on Samstag, 11. Juli 2015 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

10 Comments

  1. Gregor:

    Eben! Die David Torn-Platte ist bisher meine Platte des Jahres, absolut!!!

  2. Michael Engelbrecht:

    Genau diese Musik von David Torn zu spielen, dazu brachte ich mit meinem Charme den Inhaber des Cafe Heaven in Provincetown, MA. Tatsächlich bat ich, er möge es nicht laut spielen, eher leise, und dies sei ein neuer Trend der Kaffeehausmusik in Europa. War natürlich nicht ganz die Wahrheit, aber niemand beschwerte sich, Überraschung. Und alle assen Egg Benedict.

  3. Gregor:

    Hörerwunsch, um nicht zu sagen SPIELBEFEHL, für die nächste Long, Long-Sendung von dir, Michael: David Torn – „I Could Almost See The Room“!

    Das das ist das Hammerstück der Platte, der Megaburner! Die lächerlichen 13:26 Minuten wirst du doch übrig haben, oder?

  4. Michael Engelbrecht:

    Gregory, i have two news for you, a good one and a bad one.

    The bad one first: i don’t play the same record twice.

    The good one: your soulmate regarding „names & character“, Gregory Peck, once was Atticus in the movie version of Harper Lee’s novel „To Kill A Mockingbird“ (Wer die Nachtigall stört).

    Now, this book (which is regarded as a stone cold classic) is now out at Rowohlt in a complete new translation supervised by Nikolaus Stingl. I will read it for the first time in my life. Lesebefehl! :)

  5. Michael Engelbrecht:

    @ Martina: hältst du mich wirklich für so handzahm, dass ich, in der Hochburg der Schwulen an der Ostküste, einen Kaffeehausbesitzer bitte, eine Cd zu spielen voller feinsinnigem, melodischen Kammerjazz?

    Dort David Torn zu hören, war dann aber wirklich ein wenig subversiv, selbst in Provincetown :) – es hatte etwas leicht Unheimliches …

  6. Martina Weber:

    Tatsächlich musste ich heute feststellen, dass mein CD-Spieler defekt ist. Einige besonders verzweifelte Loops scheinen sein Ende begleitet zu haben, und ich finde, es ist ein gutes Ende für einen Ghettoblaster-CD-Spieler, den ich wahrscheinlich vor zwei Jahren und drei Tagen über Amazon bestellt habe. Ist nur das tragbare Teil und nicht meine „richtige“ Anlage, die schon 23 Jahre alt ist. Trotzdem werde ich auf Suche nach Ersatz gehen müssen.

  7. Gregor:

    „At least there was nothing“, das Stück hattest du gespielt, right? Ein Platte würdest du nicht mehrmals spielen, schreibst du … ich will hier nicht streiten, aber da fallen mir doch eine Unmenge Platten ein, von denen du mehrere Stücke gespielt hast. So what! Du willst das Stück nicht spielen, okay, ich merke es mir!

  8. Michael Engelbrecht:

    Du irrst. Und hast Recht zugleich. Ich war auch ungenau. Diese Regel, eine Platte nie zweimal zu spielen, existiert, seit die Klanghorizonte nur noch alle zwei Monate stattfinden. Ich habe sie mir selbst auferlegt :)

  9. Marzellus Weinmann:

    Hallo Martina,

    ein wirklich schöner Text über die CD von David Torn. Diesen würde ich gerne auf meiner Facebook-Seite teilen (zusammen mit einer Cover-Abbildung. Ok?

    Viele Grüße
    Marzellus

  10. Martina Weber:

    Hallo Marcellus,
    freut mich sehr, dass dir das Album von David Torn und mein Text so gefallen. Du kannst den Text gern auf deiner Facebookseite teilen, bitte setze aber diesen Link zum Text auf Manafonistas (sonst erlaubt es das Manafonistas Head Quarter nicht) und bitte nenne meinen Namen als Autorin des Textes.
    http://manafonistas.de/2015/07/11/finally-arrived-die-nr-1-meines-musikalischen-jahresrueckblicks-2015/
    Best wishes,
    Martina


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