Was sind schon die Sorgen eines Dortmund-Fans oder eines Hannover 96-Anhängers, um mal 2 Beispiele zu nennen, gegenüber meinen? Zwar hatte ich aus zweifellos politisch korrekten Gründen meine jahrzehntelange in-guten-wie-in-schlechten-Tagen-Beziehung zum VfB Stuttgart anfangs der Saison beendet und mein Leben um ein weiteres Ex bereichert – aber dass dies solche Folgen (monatelang auf einem Abstiegsplatz) haben würde, hätte ich nicht gedacht.
Natürlich liegt der Niedergang nicht allein an meinem Liebesentzug – das wäre vermessen… Die Protagonisten haben auch schlecht gekickt, das Management verscherbelt regelmäßig alle Talente aus der Vereinsjugend, und die Mitglieder haben – selber schuld! – einen Präsidenten gewählt, der von Fußball keine Ahnung hat, sondern einzig (ich wiederhole: einzig!) von der wahnhaften Idee besessen ist, aus dem VfB eine MARKE zu machen. Also geballtes (kleiner Hinweis auf das nette Wortspiel…) Unvermögen?
Ja, aber mit psychodynamisch interessantem Hintergrund; die Diagnose lautet: Massive Selbstwertproblematik und latente Suizidalität als Ausdruck einer kollektiven Depression zur Abwehr massiver Schuldgefühle. Wie kann so etwas einen ganzen Verein befallen? Ganz einfach: indem man ihn samt seinen Fans mit Dummheit und Stumpfheit zumüllt, es nimmermüde durch den Stadionlautsprecher brüllt, auf jeden rotweißen Schal stickt oder den Mannschaftsbus damit verunziert: „furchtlosundtreu“.
Die Schreibweise ist übrigens eine Visualisierung des MARKEN-Zeichens, ansonsten nur ein Bdwrtbrgr (Günter Öttinger) Königs-Gschwätz, von den Schlachtfeldern der europäischen Kriege aufs Fussballfeld transportiert, von rechtsradikalen Ultras schon lange in die Gesänge inkludiert (garnicht so einfach – denn was reimt sich auf 1893? Nichts außer 1893 natürlich, weshalb der neu retortisierte VfB-Hit diese geistreiche Zeile gefühlte 1893 mal wiederholt, dazwischen ein Hoch auf den wrtmbrgschn König und die Erinnerung an 2 (!) VfB-Helden (Ohlicher und Schlienz), und das ganze mit Chance auf einen Spitzenplatz auf der Liste der peinlichsten Gangstaraps. Jetzt, in den letzten Kriegs- nein Abstiegswirren, gibt das Oberkommando Durchhalteparolen aus: „mirschaffendas.“
Damit dürfen mir Schwbn uns generell über das Schffn im Text freuen – rein historisch gesehen ist es ein Sprung von der Monarchie ins Bürgertum. Mirschaffendas ist typisches Honoratiorenschwäbisch, mirschaffetdes würde der einfache Rekrut sagen – aber der sagt eh nix mehr und verbringt die Samstagnachmittage lieber mit seinem Kärcher als vor der Sportschau. Schluss mit Ruhe aufm Balkon, ich werde wohl wieder ins Stadion gehen. Aber zu den „Stuttgarter Kickers“: furchtbaruntreu.
Soundtrack:
1. VfB, I steh zu dir: Mit schwäbischen Primärtugenden zur Meisterschaft.
2. VfB – Tradition und Ehre verpflichtet; Rappen für die Monarchie.
3. heimatundliebe: Worthülsenmarketing
4. Stuttgart Deine Seele, Hymne der blauen Stuttgarter Kickers