Michael schrieb kürzlich hier über seine großen Singles-Zeiten, als er Radio Caroline, Europawelle Saar, Radio Luxemburg und BFBS hörte; ich ergänzte im Kommentar Radio Nordsee und vor allem den Hessischen Rundfunk. Aber gemach, zunächst einmal gilt es für die jüngeren Leser von manafonistas festzuhalten: unsere Musik lief in den 60er und Anfang der 70er Jahre im Radio nur ganz spärlich. Und immer gab es Probleme mit dem Empfang der Lieblingssender. Ich weiß noch gut, dass ich mir eine zwei Meter lange Radioantenne heimlich gebastelt und aufs Dach montiert habe. Diese wirkte Wunder, mein Röhrenradio von Loewe bekam so richtig Stoff: Im HR konnte ich nun alle Sendungen von Hanns Verres hören, natürlich war ich auch treuer Hörer von Atze und Henry. Häufig war ich aber dem HR untreu, denn ich war süchtig nach MEHR, also: Radio Luxemburg (eher die englische Version), Radio Nordsee, Radio Caroline, BFBS und auch dem Soldatensender aus der DDR, der ja zuweilen beste Rockmusik brachte, die die eigene Bevölkerung nicht hören durfte, habe ich gelauscht. Meinem gestrengem Herrn Vater gegenüber, der neben Richard Wagner kaum etwas gelten ließ, durfte ich von meiner Musikleidenschaft nichts erzählen. Er verachtete sie abgrundtief, also musste ich die Musik heimlich hören. Mit einer selbstgebauten Alarmanlage ausgerüstet, hörte ich die Musik meines Geschmacks mit Hilfe dieser Riesenantenne und meinem alten Loewe-Röhrenradio. Wenn der Vater dann kam, war ich vorgewarnt, das Radio natürlich sofort aus. Aber mein Vater, nicht von gestern, berührte mit der Hand das magische Auge des Radios, merkte, dass es warm war und schon war der Teufel los. Aber, was tat man nicht alles fürseineLieblingsmusik.
Ganz verboten war übrigens der BEAT-CLUB. Wir hatten zwar ohnehin kein Fernsehgerät und in der Kneipe um die Ecke konnte ich gerade einmal Fußball oder „Mit Schirm, Charme und Melone“ schauen, BEAT-CLUB wurde niemals eingeschaltet, das ging höchstens heimlich bei Freunden. Und so sind diese Sendungen von Radio Bremen (Michael Leckebusch) fast ganz an mir vorüber gegangen. Aber: das kann man nachholen: Es gibt seit 2009 drei DVD-Boxen: 1965-68, 1968-70 und 1970-72. Neulich habe ich einmal mehr die eine oder andere DVD gesehen. Richtig interessant ist es, im Rückblick von über vierzig Jahren, die Entwicklung dieser Musiksendung zu sehen: von der reinen Hitparadensendung hin zur progressiven Rockmusik, von der Musik aus der Konserve hin zum Liveauftritt. Das ganze experimentell aufbereitet durch Michael Leckebusch und ab der 35igsten Sendung auch begleitet von redaktionellen Beiträgen des WDR. Die ältere Generation hasste diese Sendung abgrundtief, bei den jüngeren Leuten war der BEAT-CLUB aber so beliebt, dass er sich doch bis ins Jahr 1972 halten konnte. Die Box 1970-72 ist besonders interessant, hier kann man live Softmachine, Santana, Jimmy Hendrix, Black Sabbath, Jethro Tull und z.B. auch Emerson, Lake and Palmer genießen. 1971 spielten Emerson Lake an Palmer „Pictures of an Exhibition“ ein, eine tolle Platte … die musste auch endlich mal wieder die Nadel des Plattenspieles erblicken!