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2015 19 Mrz.

30 Jahre lang Theorie für die Schwimmbadwiese

von: Martina Weber Filed under: Blog | TB | Tags: , | 5 Comments

Ein Philosophieprofessor in Freiburg erzählte, er hätte ein Jahr lang Descartes´ „Meditationen über die Grundlagen der Philosophie“ in der Jackentasche getragen, das Buch also immer bei sich gehabt und immer wieder darin gelesen. Was geschieht mit einem solchen Verstand? Und so sehe ich mich endlich gezwungen, zuzugestehen, dass an allem, was ich früher für wahr hielt, zu zweifeln möglich ist. verum aut falsum? vacuum! Work while you work, play while you play. Diesen Satz fand ich in seiner im Deutschen sehr muffig klingenden Variante in Reimform in meinem Poesiealbum und ich ärgerte mich schon als Kind darüber. Die Unterscheidung von Arbeit und Vergnügen entlarvte Adorno in No. 84 seiner „Minima Moralia“ (Reflexionen aus dem beschädigten Leben) als eine der Grundregeln der repressiven Selbstdisziplin. Die oft nur eine Seite langen gesellschaftskritischen Kurzessays atmen den Duktus des Großbürgerlichen, methodisch an der Dialektik geschult, sprachlich erkennbar am nachgestellten „sich“, das in bestimmten Frankfurter Kreisen in die Alltagssprache übernommen wurde: „Im Reich der erotischen Qualitäten scheint eine Umwertung sich zu vollziehen.“ (No 12). Wie wirkt es sich aus, wenn jemand die „Minima Moralia“ fünf Jahre lang unentwegt bei sich trägt? Peter Gente gründet einen Verlag und nennt ihn nach dem Vornamen seiner Frau Merve. Fragmente, Gespräche, Listen. Bis an die Grenze der Literatur. Revolution als Textarbeit. Gegen die systematische Philosophie. Drei Jahrzehnte lang, von 1960 bis zum Ende der großen Erzählungen, um das Jahr 1990 herum.

 
 
 

 

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5 Comments

  1. Lajla Nizinski:

    Vorne auf dem Foto sitzt der kluge Alexander. Der guckt heute noch so. Hast du das Foto auf der Ausstellung „Frankfurter Schule“ in der Unibib in Ffm. gefunden? Laeuft die noch?

  2. Martina Weber:

    Das Foto ist ein Ausschnitt eines Fotos. Die U-Bahn-Station „Bockenheimer Warte“ in Frankfurt liegt direkt an der Unibibliothek. An den Wänden finden sich große Fotografien von Barbara Klemm, aus dem Universitätsbereich ab Ende der 60er Jahre bis Anfang der 90er. Tja, und von wann ist dieses Foto? Schaut euch mal die Brillen an und die Klamotten. Und diese Frisuren. Mit Blick auf diese unförmigen Pullis, wie sie der junge dunkelhaarige Mann hinten links trägt: Das ist mitten in den 80er Jahren.

    @ Ulrich: Ich glaube nicht, dass Lajla Alexander Kluge gemeint hat. Aber der junge Mann vorne hat auf jeden Fall die Ausstrahlung eines klugen

    @ Lajla: Meinst du die Ausstellung über die Zeichnungen der Frankfurter Schule?
    http://www.caricatura-museum.de/allgemeines.html
    Die gab es nur bis 15.2.
    Ich war aber nicht da. Ich bin nicht so der Museumstyp. Wenn du aber hier ins Museum gehen würdest, würde ich dich natürlich gern begleiten :)

  3. Lajla Nizinski:

    Nein Martina, diese „Elche“ meine ich nicht. Es gab mal eine Ausstellung von den richtigen in Frankfurt: „Die Frankfurter Schule“ in Frankfurt. Wahrscheinlich schon laengst vorbei.Macht nichts.

  4. Martina Weber:

    Habe mich auch ein bisschen gewundert :)

  5. Lajla nizinski:

    Martina. Jetzt habe ich die Ausstellungsdaten über die Frankfurter Schule doch gefunden. Sie war vor zwei Jahren im Jüdischen Museum in Ffm. Sic.
    Immer aktuell, wer sich dafür interessiert, die digitale Ausstellung unter: sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/horkheimer


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