In der schoenen Stadt Ferndorf ist das Attraktive begehbar. Vorgestern spielte Hauschka in der Kunstakademie. Es gab eine peripher ausgesprochene Einladung und natuerlich geht man dahin. Hauschka spielt manchmal im Salon des Amateurs, das ist ein kleiner Club innerhalb des Museums, indem man so manche Ueberraschungskuenstler unangekuendigt erleben kann. Hauschka war von dem Professor fuer Malerei Stefan Kuerten zum diesjaehrigen Rundgang eingeladen. Er erzaehlte mir, dass er mit Hauschka Filmmusik fuer einen brasilianischen Film gemacht haette und dabei die spontane Idee entstanden sei, ihn an die Akademie einzuladen. Da gehoert dieser fuer mich so geheimnisvolle Musiker auch hin. Er klettert ja geradezu in den Klavierbody und spielt mit ihm Schach. Oder Tennis oder ist er der grosse Roll over Beethoven? Er ist schwer einordbar und das macht seine Musik so frei von Klassiketiketten, von Elektronikstigmen oder Avantgardeinterpretationen. Hauschka wird demnaechst hier ein Musikprogramm mit Kindern starten. Das hoert sich nach Simon Rattle an, ist aber sicher was ganz anderes.
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2015 4 Feb.
Ein Ausstieg bei den Manafonistas
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 10 Comments
Ich bin dann
mal weg.
Erst waren es Jochen, Dirk, und ich.
Es sind viele dazugekommen.
Ich bin raus.
Jetzt beginnen für mich andere Abenteuer.
Jeder, der mir schreibt, bekommt Antworten.
Ich habe hier gute Freunde gefunden.
Farewell!
M.
Bear Claw Chris Lapp: You’ve come far pilgrim.
Jeremiah Johnson: Feels like far.
Bear Claw Chris Lapp: Were it worth the trouble?
Jeremiah Johnson: Ah, what trouble?
2015 3 Feb.
Gregor öffnet seinen Plattenschrank (87)
Gregor Mundt | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 6 Comments
Wenn der Tempo mit dem Jukebox-Man kommt …
Inzwischen mache ich das ja nur noch so nebenher, nur noch in zwölf Kneipen stehen meine Boxen, sechs Wurlitzer, zwei von der Firma NSM, drei Rock-Ola-Boxen und eine Seeburg. Drei Boxen habe ich in Gaststätten auf verschiedenen Nordseeinseln aufgestellt. Eine der Inseln kann man im Winter, wenn überhaupt, dann nur höchst selten erreichen. Kurz vor Saisonende machte ich mich deshalb auf, genau dieses Lokal aufzusuchen. Um diese Zeit wäre ich wahrscheinlich mit der Wirtin allein, nichts mehr los auf der Insel, und könnte mich in Ruhe um die gute alte Box kümmern. Die Kneipe ist untergebracht in einem alten Leuchtturm – urgemütlich – und in einer Ecke steht meine gute alte Wurlitzer 1900 Centennial. Voller Vorfreude belud ich meinen alten, treuen Tempo mit der Werkzeugkiste, Ersatzteilen für Wurlitzerboxen und den aktuellen Austauschplatten. An den Inselparkplätzen angekommen, galt es das ganze Gepäck zum Schiff zu bringen, zwei Stunden später atmete ich tief durch, ich war auf einer meiner Lieblingsinseln.
Und tatsächlich, meine Leuchtturmkneipe war fast leer, in einer Ecke am Fenster saß ein Mann mit Trenchcoat, trank seinen Cappuccino und einen Cognac und schrieb irgendwas in sein Notebook. Die über mein Kommen höchst erfreute Wirtin flüsterte mir warnend zu, den Herrn ja nicht anzusprechen, er sei sehr schlecht drauf, wäre wohl ein BVB-Fan, der hier auf der Insel etwas Abstand zum Bundesligageschehen suche und in Ruhe an seiner Kolumne GESCHICHTEN EINES ABSTEIGERS schreiben wolle. Okay, okay, hatte auch gar nicht vor, mit irgendwelchen Gästen Fußballgespräche zu führen, schnell wäre herausgekommen, dass ich 96er-Fan bin und viel Leid hinter mich gebracht hätte, als Hannover in den Neunzigern drittklassig geworden war. Der Gast hätte mir dann erklärt, dass man ja schließlich auch nicht Dortmund mit Hannover vergleichen könne und dergleichen Abgründe mehr und da war es doch besser, mich um die Box zu kümmern.
Die Wirtin hatte mir gesagt, dass es dieses Mal nur wenig zu schrauben gäbe, der Münzeinwurf würde ab und an hakeln, das Shure System sollte ich wohl mal überprüfen und dann veränderte sich der Gesichtsausdruck der Wirtin. Sie meinte – seltsam schüchtern, aber ernst – es gebe eine Menge Gäste, vor allem die Insulaner, keineTouristen, die hätten sich ernsthaft über den letzten Plattenwechsel beschwert. Was das eigentlich solle, jedes Jahr zweimal 20 aktuelle Platten zu bringen, ob eigentlich mein einziges Kriterium die Aktualität der Songs sei und überhaupt: hier, das sei die Wunschliste der einheimischen Gäste. Wenn ich wolle, dass die alte Wurlitzer weiterhin schnurre, dann solle ich zusehen, dass die gewünschten Scheiben sich bald in der Jukebox befänden. Sprachlos nahm ich die Liste entgegen. Da hatten sich tatsächlich Gäste zusammengesetzt und zwanzig Platten, erschienen zwischen 1958 und 2012 herausgesucht. Die Mischung war abenteuerlich, sie reichte von Paul Ocean bis Van Morrison, von Daniel Lanois bis J.B.Lenoir. Hier ist sie, die Liste:
Ray Davis – Other People´s Lives: The Tourist (2006)
Alison Krauss & Union Station – Paper Airplane: Bonita and Bill Butler (2011)
Jackie Leven with David Thomas – Defending Anciet Springs: Single Father (2000)
J.B.Lenoir – Eisenhower Blues: I don´t know (1958)
Daniel Lanois – Acadie: The Maker (1989)
Dave Davis – Hidden Treasures: Susannah´s Still Alive (1967/2011)
Donovan – The EP Collection: Universal Soldier (1965/1990)
Bob Lanois – Snake Road: The Vampire (2006)
Katia Labéque – Shape of My Heart: Moon over Bourbon Street (2009)
David Kitt – The Black and the Red Notebook: And your Bird Can Sing (2004)
Jason Lytle – Department of Disappearance: Matterhorn (2012)
Frank Ocean – Channel Orange: Bad Religion (2012)
Matchbox20 – Yourself or Someone like You: 3 am (1996)
Joni Mitchell – Blue: California (1971)
Phil Manzanera – 50 Minutes Later: That´s all I know (2005)
Loudon Wainwright III – Strange Weirdos: X or Y (2007)
Van Morrison – T.B.Sheets: He ain´t Give You None (1973)
Timmy Thomas – Why can´t we live together: Why can´t we live together (1972)
Gillian Welch – Time: My first lover (2001)
Gregg Allman – Low Country Blues: Please Accept My Love (2011)
P.S. Ich kann nichts dafür, aber der schreibende BVB-Fan sprach mich von sich aus an und fragte mich, ob ich Yesterday Man von Chris Andrews dabei hätte, das sei eine Platte, die könne ihn jetzt vielleicht etwas aufmuntern. Ich musste den Herrn enttäuschen, ich hatte diese schöne Single nicht im Gepäck. Ob ich ihn denn irgendwie sonst helfen könne? „Nein, nein“, meinte der Gast, „ nach den Jahren der Freude galt es schon einige bittere Pillen zu schlucken, aber das ist die bitterste. Der BVB 09, der Ballspielverein Borussia Dortmund (lassen Sie es mich gleich aus der richtigen Perspektive schreiben!) ist abgestiegen.“ Schweigend tranken wir einen Cognac (aus der geheimen Seekiste der Wirtin entnommen), dann verabschiedete sich der Gast und ging.
Manchmal ist es ganz gut, die Dinge von der Seite anzugehen. Bruchstellen, laterale Drifts und andere Abenteuer der improvisierten Musik: JazzFacts, 5. Februar, 21.05 Uhr, im Deutschlandfunk: Vijay Iyer Trio / Chris Potter Underground Orchestra / Jakob Bro / Jack DeJohnette / Eberhard Weber / Sinikka Langeland / Vincent Peirani
2015 2 Feb.
Gedächtnisbilder
Martina Weber | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: Bilder einer Ausstellung | 1 Comment
Als N mich fragte, ob ich mit ihr in die Ausstellung gehen würde, sagte ich sofort zu, ohne zu recherchieren. Nicht, dass ich eine großartige Museumsbesucherin wäre, aber ich fand die Vorstellung, etwas gemeinsam zu erleben, besser als die, sich – vergleichsweise abstrakt – in einem Café zu treffen. Ich kannte N nicht wirklich. Wie man einen Menschen kennt, dessen Texte man liest. Nein, nicht Texte, sondern Gedichte. Wenn ich ein paar Gedichte von jemandem gelesen habe, habe ich ein ziemlich gutes Gespür für den Menschen, auch ohne ihn je gesehen oder mit ihm oder ihr gesprochen zu haben.
Gehst du oft ins Museum?
Eher, wenn ich in einer anderen Stadt bin.
Gemälde sind Farbe, Skulpturen sind Form. So bringen wir es gewöhnlich auf den Punkt. Anliegen der Ausstellung ist es, diese Fehleinschätzung zu widerlegen. Dafür wurden Exponate aus mehreren tausend Jahren Menschheitsgeschichte zusammengetragen. Altägyptische Skulpturen stellen wir uns schon eher vergoldet und mit Blau-, Rot- oder Brauntönen verziert vor. Verwirrend ist es aber, den Köpfen griechischer oder römischer Statuen mit farbigen Augen aus Glas zu begegnen. Dass uns sogenannte veristische Elemente in Skulpturen so wenig vertraut sind, hat auch damit zu tun, dass über die Jahrhunderte hinweg immer wieder die Elemente, die den Skulpturen mehr Realitätsbezug geben sollten (wie Echthaar und Glasaugen) entfernt wurden, wie die ausführlichen Beschriftungstexte erläuterten.
Telefonieren ist hier nicht erlaubt. Wasser trinken auch nicht! Sie können gern die schriftliche Benutzungsordnung lesen. Außerdem ist ein Sicherheitsabstand von 1,23 Metern zu den Exponaten einzuhalten. Ähem, ja, das war unser Fehler. Es wird ganz bestimmt nicht mehr vorkommen. Gleichzeitig waren N und ich zu Delinquentinnen geworden und künftig warf der Wachmann sein strenges Auge bevorzugt auf uns.
Und natürlich das Mittelalter. Es sind Kultbilder. Weniger religiös ausgedrückt: Gedächtnisbilder. Die Wirkung von Azoritblau. Wir näherten uns der Gegenwart, sahen die Poren der Haut in den Gesichtern. Ein bisschen Schmutz unter den Fingernägeln. Überhaupt: Hände, Füße, und die kleinen Falten darin, Zehen, Fingernägel, das sind Kunstwerke. Barthaare, jedes einzelne sichtbar. In einer Vitrine ein Exponat von Ron Mueck. „Man in a sheet“. Fast erschreckend real, in sich gekehrt, ganz bei sich oder resigniert? Sofort denkst du darüber nach, welchen Anteil du von ihm hast. Er löst selbstverständlich andere Gefühle aus, als der griechische Boss der Götterwelt, Zeus. Denn darum geht es immer in der Kunst: Um die Begegnung mit uns selbst.
Plötzlich stand ich in einem etwas separaten Raum neben einer vollkommen nackten Frau. Es war irritierend und ich dachte an den allgemein einzuhaltenden Sicherheitsabstand von 1,23 Metern.
Es ist nicht voyeuristisch, weil das Licht stimmt.
Ja.
Ich finde sie nicht wirklich erotisch. Sie schaut so streng und sie hat ihr Haar im Nacken zusammen.
Ich mag sie auch nicht.
Wir hatten geflüstert. Vor dem Exponat mit der stärksten Wirkung flüsterten wir auch. Ein Mann Anfang Vierzig hält seinen verstorbenen nackten Vater im Arm. Ein stilles Bild. Ein Gedächtnisbild. Da wurde etwas weitergegeben.
Ausstellung: Die große Illusion. Veristische Skulpturen und ihre Techniken
Liebighaus, Frankfurt am Main, bis 1. März 2015
2015 1 Feb.
“Ordinary Grace” – A Parallel Reading, Part 1
Manafonistas | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Comments off
„All the dying that summer began with the death of a child …“ – thus starts the novel. Frank Drum remembers the most disturbing days of his childhood in a little town in Minnesota. I remember loving books that mix the process of growing up with thrill and adventure since I was a teenager myself. But it shouldn’t get too dark, I had always been looking for silver linings, happy endings, eager to see how the heroes or anti-heroes of my age were coping with dangerous situations. Training for life, so to speak.
This thriller might get quite dark, but the reader seems to be in good hands. William Kent Krueger knows how to tell a story with care and patience. I feel it. Obviously he’s not hunting from cliffhanger to cliffhanger. He takes his time to make us comfortable with the world of 1961 (which in fact was the year when I started my schooldays. I remember how many grown-ups around me had been thinking about another world war when East Germany vanished behind the „iron curtain“. They were buying tons of food.“Checkpoint Charlie“ sounded like a fun figure from a comic book, but the people who said the word seemed to worry).
But, here, now, America is waiting. The action evolves in the same tempo in which the actors become three-dimensional human beings. No hurry. Suggestions of future events are discreetly placed. So we know more dark things are lurking behind the horizon, or, to be more precise, within a little community full of ambivalent characters, strange and traumatized figures (Lise, Gus et al). The two brothers do everything they can to look behind the curtain (blue velvet, not iron!) of the grown-up world, they have big ears: „eavesdropping“ seems to be the word here.
It’s still old America. The family of a priest who believes in praying. Classical music, chorales, church music deliver the soundtrack at least of the first ten chapters. There is this mysterious, blind composer who befriended with Aaron Copland in even older days and is about to write his autobiography. Frank’s sister does this job, the shining star of New Bremen, full of talent, intelligence and extraordinary musical skills. I hope she won’t end up like Laurie Palmer in „Twin Peaks“. Shining stars may be a threatened species here.
All the ingrediences of the novel seem to follow an old route of American literature between Mark Twain and John Steinbeck. I keep asking myself why i’m quite often preferring thrillers, crime novels to fucking midlife-crisis books. The answer is easy: I want to keep the bridge alive between my today’s being and the curious, greenhead I had once been. It’s all about preserving a sense of wonder (WONDER!) which can easily get lost when you think you’ve seen it all. You never have.
Twenty, thirty pages into the book, and I’m fully captivated. From the start on a strange quietness is embracing me, I feel like getting much younger, moving shoulder by shoulder with the two brothers through zones of twilight even on days with clear blue skies. A certain melancoly is part of every good story that starts with these three resonating words: „All the dying …“!
Michael Engelbrecht
–
„ENGINE 143“
The doctor said to Georgie,
Your life cannot be saved
Murdered upon a railroad
And laid in a lonesome grave.
His face was covered up with blood
His eyes you could not see.
The very last words poor Georgie said, was,
Nearer my God to thee.(Johnny Cash/The Carter Family: „The Unbroken Circle“)
„Why does he do it? Captain?“
„Who?“
„God. Why does he take the sweet ones?“
This is the moving question, asked by Gus, a close friend of Mr. Drum the preacher, after Bobby Cole was buried. He was only 13, same age as Frank, the narrator of this novel Ordinary Grace, which he wrote 40 years later. Bobby was killed on the railroad tracks outside New Bremen/Minnesota. That´s where the story takes place: along the railroad tracks and the Minnesota River. Bob Dylan´s Heimat.
Frank is the older, bolder of the two sons of the Drums; Jake two years younger, sober minded and obedient. He stutters. He was immediately my little darling. Mrs. Drum is a would-be artist, who would like to see her unfulfilled dreams come true in her daughter Alice.
William Kent Krueger succeeds in building a tremendous tension from the beginning: „In this summer there will be a lot of dying.“ By chapt.11 an Indian dies, but „the next would be most painful to bear.“
Alice dates Karl, but „Mrs. Robinson“ does her Reifepruefung for a piano player, her mother was once fond of. Emil Brandt seems to be the planet for Ruth and Alice. Why he tried to kill himself, is not clear to me.
Anyway, during the nights Alice slips away until morning dawns. Nobody except Frank knows about that, though Frank and Jake stick together like glue. They know from their confidant Gus that their father killed people during the war, which does not match with his praying for everybody. „Praying I suppose for the awful grace of God“ (Frank)
I dive off now into the „Gesangsbuch“ of Johnny Cash (My mother´s Hymn book), hoping that not another child will be killed. Heaven forbid! Not Jake.
Lajla Nizinski
–
There’s no word in the English language for the feeling you get when you finish a book you’ve enjoyed. In the falling seconds as you scan the last paragraph, you see a small light lacuna ahead. An unmistakable final heavy white space. Amazing. Your mind kind of rebounds as the last piece of text is being read. You finish the story, and you get your brain back, now, but it’s changed. I love that feeling. I love it to the extent that – after inspecting the cover of a new book, I always read the last page first. Y’know, just in case there’s a shortcut to that feeling. (There isn’t.) You go back to the beginning. I guess if there was a word for the feeling of the moments after finishing a book, the word would be… rosebud.
The final page of Ordinary Grace is, oddly, a list of ways to „Enhance Your Book Club“. I don’t know if this is the final part of the novel’s text (I hope it is) or some suggestions for book clubbers. Either way, some of them are pretty inspired and undoubtedly influenced by Guy Debord. This should become the norm in either case. I would like all books written from now on to end with a series of semi-meaningless phrases from Paris 1968: SOUS LES PAVES, LA PLAGE. LA BEAUTE EST DANS LA RUE. LA LUTTE CONTINUE, etc.
Before we continue, let’s be clear: I don’t do literary criticism. I’ve read my Barthes, Derrida, de Beauvoir, Chomsky, Woolf, Adorno, Eagleton and so on. A very clever bunch, and no mistake. But I’d swap their entire written output for Roald Dahl’s „Danny, the Champion of the World“. In a fucking heartbeat.
The good:
The tone of this book reminds me (strongly) of William Maxwell’s „So Long, See You Tomorrow“ for some reason. American writers write clearly. But while this text is clear enough, you just don’t get the smell of the places and people or the contours of the landscape here that you do in Maxwell’s prose. This isn’t a criticism, OG just doesn’t have that mediumistic quality some novels have, where the characters are so well realised they jump out of the page at you.
The not-so-good:
A lot of excruciating preamble at the start of chapters one to ten. And a lot of backstory served raw. Put it this way: if William Kent Krueger (I call him Freddie, for his similarly un-umlauted namesake) was a film director, he wouldn’t be Ingmar Bergman.
Chapters one to ten make up about a third of the novel. I feel we haven’t really gotten out of first gear yet. The narrative inches forward bit by bit. And there is, for me, an instant problem with the narrative technique. This is a tale told four decades in retrospect, but with zero (and I mean zero) context in terms of who is doing the telling. The old guy telling the story of who he was? Maybe, but not from his current perspective – and not really from his 13 year old mind either. It feels like a dilution.
The narrator of David Mitchell’s Black Swan Green doesn’t have this slightly oaky nostalgia vibe going on. Black Swan Green’s narrator – the same age as Frank in Ordinary Grace – has the mind and the attitude and the once-in-a-lifetime „you may find yourself living in a shotgun shack“ all over-the-place future-past quality of a young sharp hormone-disordered mind. That book is a classic, by the way – read it.
The central character-narrators of novels like David Lodge’s Therapy and Julian Barnes The Sense of an Ending are acutely aware of the I who was and the I who is. They revisit their beliefs about the past and are confronted with the awkward problem of (ahem) epistemological entropy. In essence, they visit the ghosts of who they were, who they think they used to be. TS Eliot addresses a similar self/memory problematic in The Waste Land. „… heap of broken images“ etc.
Frank in Ordinary Grace hovers over the ‚reality‘ of the past like an omniscient narrator. Never questions his own memory of what was said or done, yet remembers entire conversations verbatim. These memories are presented grandly, like a big fucking cake on a table. To me, this is an outdated, kinda 20th century way of telling a story. Fine for what it is, but a bit drivetime and mild.
In summary
I’ve enjoyed reading this far into O.G. To an extent, anyway. I think I would probably have discontinued reading it somewhere in the first 30 or so pages were it not for the fact that I’m reading it for Manafonistas‘ parallel reading exercise. The exploration of the effect of war experiences on the psychology of the simple, unassuming former soldier was done to pitch perfection in Bobbie Ann Mason’s deftly written novel „In Country“ (1985) and this doesn’t really compete. Freddie’s effort – so far, at least – feels like a mass-market watercolour print – fine for what it is. Whereas Mason’s book changes your perception and visits your mind every now and then, even decades after reading the fucker.
Ian McCartney
–
„I wielded a mean needle.“
What a contrast to Bleeding Edge, subject of our first parallel reading adventure! Right from the start for me Ordinary Grace was a truly engaging and quite enchanting book. Written in very short but nevertheless compelling sentences it depicts the atmosphere of small town Minnesota in the early 60s and “all the dying that summer”. At first I expected a very different kind of mystery story. A mystery story it most certainly is (I wonder if the exploding bullfrog can be counted as one of the deaths) but I find the storyline not as important as I thought: “Tom Sawyer and Huckleberry Finn meet ‘Stand by Me’” was the first impression I had and I still stick to. And even after having read the first 100 pages images of the movie (I haven’t read Stephen King’s short story) still come to mind and mingle with images from the book: Daisies swaying in the wind, gooey tar in cracks on the pavement, grain elevators connected by catwalks and conveyor belts against the blue sky. Albeit its simple sentences Ordinary Grace`s concise language forces me to read slowly, reflect and compare with my own childhood memories and family history. And that I find quite unexpected.
Thomas Schirmer
–
Obwohl ich eine Paperback-Ausgabe bestellt hatte, bekam ich eine gebundene Ausgabe, die vom Umschlag befreit richtig handwerklich wie vom Buchbinder hergestellt aussieht, schwarz, mit goldenen Buchstaben am Rücken, gedruckt auf mattem, rauhem Papier.
Weniger begeistert war ich von den Klappentexten: der Familienalltag einer Pfarrersfamilie, irgendwo auf dem Lande im Jahr 1961 erschien mir wenig relevant in Bezug auf die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Konflikte zu sein.
Aber bereits der Prolog stellt Spannung her und deutet archetypische Dimensionen an: „All the dying began with the death of a child…..It was a summer in which death, in visitiation, assumed many forms. Accident. Nature. Suicide. Murder.“
Das alles wird dem 13-jährigen Frank in diesem Sommer begegnen und seine Entwicklung zum Erwachsenen vorantreiben. „I still spend a lot of time thinking about the events of that summer. About the terrible price of wisdom. The awful grace of God.“ Es ist eine Vertreibung aus dem kindlichen Paradies – und bei solchen Wandlungsprozessen geht es immer auch um Erkenntnis, um die Akzeptanz von Gegensätzen.
Am schwersten ist dies wohl bei den Polaritäten gut-böse und Leben-Tod. Frank ist voller Neugierde, auch oder gerade gegenüber den Schattenseiten des Lebens. „I was a sinner. I knew that without a doubt. But I was not alone. And the night was the accomplice of us all.“
Frank – als Ich-Erzähler Jahrzehnte nach jenem Sommer – war mir schnell sehr vertraut; aber auch die anderen Personen kann man sich gut vorstellen. Krueger schreibt einen klassischen Erzählstil, der einen klar und sicher durch das Geschehen führt. Was für ein Gegensatz zum ersten Parallellesebuch, dessen Autor Pynchon seine Leser unentwegt von einem Rätsel zum anderen jagt, während Krueger sozusagen aufgeräumt schreibt, um Platz zu machen für die große Frage: was passiert als nächstes? Ahnungen, dass da noch Schlimmes geschehe, bestehen von der ersten Seite an.
„The town was dark and full of delicious possibility.“
Nach langem vergeblichem Nachdenken, welche Musik zum Roman passe, brachte mich heute eine neu erschienene CD immerhin in die gleiche melancholische Stimmung, die das Lesen von Ordinary Grace begleitet: Bob Dylan, Shadows in the night.
Da ist sie wieder, die Nacht …
Wolfram Gekeler
2015 1 Feb.
La région d’Amour – ein Gedicht von Frank Milautzcki
Martina Weber | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | Tags: Frank Milautzcki | Comments off
2015 1 Feb.
Jazzities (5) – „Die aufregenden Siebziger als Erinnerungsspiel“
Michael Engelbrecht | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 24 Comments
Es darf auch mal ein Quiz sein (kleiner Tipp: es geht fast, aber nicht nur, um Jazz).
- Welcher Saxofonist, der in Paris, im Theatre de Mouffetard in der ersten Hälfte der Siebziger Jahre einen grandiosen Auftritt als Bandleader mit Steve McCall und einem exzellenten französischen Bassisten hinlegte, hat einen ganz ähnlich klingenden Namen wie ein amerikanischer Schauspieler, der vor vielen Jahren in einem in Schottland oder Irland spielenden Kultfilm eine Rolle als Manager eines Industriekonzerns bekleidete?
- Die Neubewertung visuseller Zeichen: nennen Sie (Nan Madol ist ja vor Tagen hier vorgestellt worden) ein weiteres ECM-Album aus den Siebziger Jahren, welches viele Jahre später mit neuem Cover ausgestattet worden war? Es gibt mindestens zwei. Und zwar nicht im Rahmen von preiswerten „compilations“ oder Reissues in weisser Kiste, sondern schlicht mit anderer bzw verwandelter Cover-Art …
- Welchen Free Jazz-Vibraphonisten besang Richard Williams in den späten siebziger Jahren im Melody Maker, der nicht Gary Burton hiess?
- Richard Williams, einer der besten Musikjournalisten seinerzeit in England, Fussballfan und Schreiber, verfasste in jenem Jahrzehnt eine Rezension von drei Schallplatten unter dem Titel: „Modern Mood Music“. Die ersten zwei Besprechungen galten „Mr. Gone“ von Weather Report, und „Places“ von Jan Garbarek. Wie hiess das dritte Album?
- Wie heiss das Album aus der Blütezeit der Siebziger, auf dem Percy Jones, Brian Eno, und Phil Collins geneinsam zum Personal gehören?
- „Modern Classic Meets Jazz“ – in diesem Feld gibt es Rohrkrepierer und kleine Wunderwerke. Damals in den Siebzigern erschien so eine Granate – der beteiligte Saxofonist wurde im französischen „Jazz Magazine“ hymnisch gefeiert, in einer Rezension, in der in bezug auf bestimmte Aspekte seines Spiels mit den grossen Erneuereren des Fachs verglichen wurde. Das Album bestand nur aus Saxofon- und Streicherklängen. Wie lautet es?
- Der Kreis schliesst sich: der Musiker aus der ersten Frage veröffentlichte bei einem kleinen „independant label“ in Paris ein Album mit beiliegender Single, auf der er am Klavier wie ein Zeitgenosse von Ray Charles klang, dabei war das Klavier gar nicht sein Hauptinstrument. Das Album wurde im „Jazz Magazine“ gefeiert.
(Wer als Erster alle Antworten als comment platziert – man darf sich bei den anderen Mitratern gerne bedienen, und ihre Annahme für die eigene Antwort nutzen – kriegt ein Geschenk: der Sieger erhält die neue Box von William Onyeabor. Zum Gewinn kann es also evtl. reichen, dass man eine einzige richtige Antwort allein findet. Auflösung ist am kommenden Freitag. Oder so bald jemand alle Antworten treffend gegeben hat. Teilnahmeberechtigt sind alle Leser und alle Manafonistas. Eigentlich ist dieses Quiz nur dann lösbar, wenn man immensen Rechercheaufwand betreibt :) – oder den richtigen Zeitpunkt abwartet.!)
2015 1 Feb.
„S´isch alles geschwätzt!“
Ulrich Kriest | Filed under: Blog | RSS 2.0 | TB | 3 Comments
Als im Sommer 2013 in Baden-Württemberg über die Neu-Strukturierung der Musikhochschulen gestritten wurde und der davon überraschten rot-grünen Landesregierung wütende Proteste entgegenschlugen, packte der grüne Kulturstaatssekretär bei passender Gelegenheit (s)ein Zückerchen auf den Tisch. Gewiss, es müsse überall gespart werden, aber er als erklärter Jazz-Fan und früherer Konzertveranstalter habe dafür Großes im Sinn: Eberhard Weber werde zum 75. Geburtstag den Sonderpreis des Landes Ba-Wü für sein Lebenswerk erhalten, im Rahmen eines prominent besetzten Konzertes mit, so viel sei bereits verraten, Pat Metheny und anderen internationalen Stars. Die Verhandlungen liefen bereits. Vor ein paar Tagen fand es nun statt, das „Great Jubilee Concert“ für Eberhard Weber im Stuttgarter Theaterhaus, wo der Künstler, damals noch aktiv, bereits seinen 65. Geburtstag entsprechend begangen hatte. Und der Staatssekretär mit dem Sinn für Weltstars wiederholte bei dieser Gelegenheit noch einmal ganz unverhohlen und schamlos, wie es zu diesem erstmals verliehenen Preis kam: „Wo ich schon mal an der Macht bin …“. Abseits der Kulturpolitik war der (erste) Abend (von zweien) musikalisch übrigens durchaus okay; vielleicht ein bisschen zu viel SWR Big Band. Aber das ist Geschmacksache. Schön war es zu beobachten, wie empathisch die anderen Musiker mit Webers stark gedrosselter Mobilität umgingen. Mal wurde er von Burton, dann wieder von Garbarek geführt. Mental war Weber jedoch nicht gehandicapt, sondern ganz der alte, scharfzüngige Lakoniker, der immer den Eindruck hinterlässt, die Jazz-Szene im Innersten zu verachten. In seiner äußerst lesenswerten und kurzweiligen Autobiografie „Résumé“ liest man kurz vor Schluss: „In jungen Jahren ist das Alter fern, unglaublich weit weg. Während meiner aktiven Zeit habe ich mich niemals mit dem Gedanken beschäftigt, mich zum Beispiel mit einer Professur für das Alter abzusichern. Heute weiß ich: Ein paar ordentliche Euros monatlich würden schon Freude aufkommen lassen nach Erreichen des Pensionsalters.“ Der Sonderpreis des Landes Ba-Wü für sein Lebenswerk ist mit 10000 € dotiert. Da kann man auch mal die Ohren für 15 Minuten auf Durchzug stellen und so tun, als bemerke man nicht, dass man zum Objekt einer absolutistischen Kulturpolitik instrumentalisiert wird.