Manchmal ist es nur ein kleiner Schritt von der Wirklichkeit in die Kinowelt. Man verlaesst nach 117 Minuten das Kino, geht ueber einen Zebrastreifen zwischen den seltsamen Ampelmaennchen und denkt, man ist immer noch im Film. In einem anderen Film duengte man sich, als vor Jahren der Leipziger Buchpreis verliehen wurde. Beim Verlesen des Namens des Gewinners traute die Salonpersonnage aus der Oberstadt wohl ihren Ohren nicht, als das Schmuddelkind hochsprang, mit Pulle in der Hand, nach vorne aufs Podium stuermte und vor Freude schwitzend hervorstiess: ich freue mich ja so wahnsinnig. Das war Clemens Meyer mit seinem Roman Als wir traeumten. Nun hat ihn Andreas Dresen verfilmt. Ich habe ihn gestern in der Schauburg in Dresden/Neustadt gesehen. Das ist kein Wendefilm, so geht es heute auch in der Bunten Republik Neustadt zu. Besoffene pruegeln sich mit Kiffern – ueberall sind Kameras angebracht, um die Taeter schneller zu stellen. In dem Film versuchen sich 5 Jungs und eine schwarzhaarige, hinreissende Bella Ruby o’Fee an der ersten Liebe und am Leben ueberhaupt in den fruehen 90ern. Der Technobeat haut um sich, alle scheitern bis in den Drogentod oder fahren ein. Vollkommene Ratlosigkeit der Protagonisten – „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ – laesst sie auf alles einschlagen: Autos, Gangmitgliedern und am Schluss auf die eigenen Freunde. Kleine witzige Einlagen ueber die Aktualitaet von Pegida gelingt Dresen hervorragend einzufuegen, wenn er z.B. einen Lehrer seine Schueler warnen laesst: „Geht nicht auf die Bruecken, wo die Demos sind, die stuerzen ein.“ Harter Film mit aussichtslosen Lieben.
„Ruby, Don’t Take Your Love to Town“ from The Killers. That fits.