TV und Psychoanalyse (1)
Der Psychiater sieht so fertig aus, als hätte er all das persönlich erlebt, was ihm seine Patienten tagaus tagein erzählen. Dann könnte er sich selbst von der Schweigepflicht befreien und über sich mit der Familie, einer alten Schulfreundin, städtischen Ämtern oder natürlich der Polizei tratschen, wie das all die TV-Kollegen ebenfalls tun. Vielleicht sieht der Schauspieler Ulrich Noethen so fertig aus, weil es anstrengend ist, so viele Klischees zu spielen. Nach 5 Minuten ist bereits klar, dass der Psychiater Affären mit Patientinnen hat. Wozu auch sonst steht bei jedem Psychoanalytiker eine Couch im Behandlungszimmer? Weil sie bequemer ist als das Rollwägelchen des Automechanikers natürlich. Automechaniker liegen im TV immer, wenn man sie aufsucht, auf einem Rollwägelchen unter einem Auto, und erreichen so nie den verführerischen Ruf des Psychoanalytikers mit seiner Couch. Für Männer ist sie, sofern der Therapeut männlich ist, eher bedrohlich, und so sitzt der Kommissar blitzschnell im Sessel des Psychiaters und dieser gezwungenermaßen auf der Couch. Weiterer Rollentausch gelingt dem Polizisten nicht, aber der Wunsch einer Gerechtigkeit zwischen Therapeut und Patient ist groß: „Das ist, was mich an euch Psychofritzen so ankotzt. Ihr erwartet, dass die ganze Welt vor euch die Hosen runterläßt, aber euern nackten Arsch hat noch keiner gesehen.“ „Neben der Spur“ ist als Reihe geplant. „TV und Psychoanalyse“ auch.