Dann rollen sie doch langsam an, die ersten grossen Songalben des Jahres, und mitunter, wie bei der 1946 geborenen Sängerin Bettye LaVette oder Bob Dylan, wird das Uralte durch verwitterte Räume transportiert, mit Gravitas und Krächzen, mit Mikrofonen, die der Stimme wenig Hall und hohen Realismus bescheren. Solche Melancholie durchströmt auch den jüngsten Roman von Hakan Nesser, der sich in solchen südlichen Landzonen Englands einnistet, in denen früher ehrwürdige Ladies der britischen Literatur reihenweise Gespenster auftreten liessen. Gespenster, sehr diesseitige, auch hier. Tschechov hätte Spass an diesem Thriller aus der Sparte der Anti-Thriller. Verweigerung herkömmlicher Spannungskurven! Und dann: ein Roman voller philosophischer Finnesse dient als beste Hirnstimulanz, vor allem, wenn man sich bewusst ist, dass scharfes Denken ohne Humor selten in Bann zieht, und die Antworten auf die grossen Fragen des Lebens sowieso stets mit einer Frage daherkommen. Und wer eine Zeitreise antreten will, die im australischen Brisbane spät in den Siebzigern begann, sei auf die fulminante Schatzkiste der Go-Betweens verwiesen. Understatement meets passion. Dort kann man, „between cattle and cane“, aufregende Entdeckungen machen, und eintauchen in die Klangwelten eines grossen Songschreiber-Paares, das sich frühe Inspirationen holte bei Godard und Dylan, bei Truffaut und den Velvet Underground. Mittlerweile gibt es in Brisbane eine „Go-Betweens-Bridge“. Sehr widerstandsfähig. Jüngsten Unwettern hat sie klaglos standgehalten.
2015 31 Jan
„New lamps for old!“ (February Dreams)
von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off