Manafonistas

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Archives: Dezember 2014

2014 21 Dez.

Der Geist

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Er war ein Geist, aber er lebte wirklich, und lebt womöglich noch heute. Aber jede detektivische Arbeit kann an Grenzen stossen, immerhin konnte man Teile seiner Verwandtschaft ausfindig machen, in Kanada. Der, der ihn für das Cover fotografierte, bekam einen ungedeckten Scheck, das einzige Album des Geists verschwand auf den Flohmärkten rund um L.A., bis einer es zufällig kaufte und auf seinen Plattenspieler legte. Holy shit – dergleichen wird er sich gedacht haben, als er bemerkte, dass diese Songs etwas Unerhörtes hatten. Sie kamen tief aus den Achtzigern, waren von einer Melancholie, die ihresgleichen suchte, Martin Hannett von Factory Records hätte gewiss gern mit dem Geist gearbeitet. All these nocturnal gazes, and pregnant pauses. Der Geist, natürlich ein Beau reinsten Wassers, fuhr einen edlen Mercedes und hatte stets eine Frau an seiner Seite, die wie ein Modell aussah. Be careful, this album is an event horizon of soft. It might pull you over its edge, into that infinite shimmer of the loneliest whisper as it waves goodybye to the night. Am I overtly poetic? Es gibt ein Drama hinter jedem schönen Schein. Und der Schlüssel und die Bruchstelle für dieses Geisterleben finden sich bestimmt nicht darin, dass, als er und seine Freundin auf Reisen waren, in Vegas, wo sonst, ihr Haus in Malibu bei einem Erdrutsch von der Klippe stürzte. Ich scheue mich, den Namen und das Album hier preiszugeben, der Nichtsahnende (der das hier für übertriebene Mystifizierung hält) könnte in Abgründe blicken. Und man weiss ja, was aus Abgründen zurückschaut.

2014 20 Dez.

Die stille Wüste

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Thomas Köners neue Klangkunstarbeit „Die stille Wüste – Meister Eckhart“ hat am Sonntagabend 22. Dez um 0.05 Uhr Premiere. Eine Kinderstimme versucht die Eckhartschen Zeilen zu entziffern, und Thomas Köner interpretiert den obskuren Text als Kompositionsstrategie: Wie unterscheiden sich Klangfarben in einem Panorama, in dem alles Schatten ist und Nacht? Welche Tempi hat ein Fluss ohne Fließen? Gibt es ein Hören ohne Ohren, ein Sprechen ohne Laut?

Frühstück im Hotel, wie immer, nach fast durchgemachter Nacht, wenig Schlaf, und leichtes Schwebegefühl. Die drei Stunden im Sender vergingen fast im Flug, heute gab es das spezielle „Problem“, dass jüngst etliche Werke neu erschienen waren, die zu „Klanghorizonte-Klassikern“ zählen (von Robert Wyatt, Brian Eno, Jon Hassell, Thomas Köner, Fennesz). Und ich habe wenig Lust, dann immer die üblichen, naheliegenden Dinge zu erzählen. Also war heute ein bisschen „Storytelling“ angesagt, von psychedelischen Badewannenerlebnissen, grünem Tee, dem berühmtesten Zebrastreifen der Welt – und Thomas Webers Geschichte „from north of the Kaiserstuhl“ war ja auch nicht von schlechten Eltern. Im „comment 1“ die playlist der Radionacht.

 
 
Neuland
 

 
Zeitreise
 

 
Nahaufnahne
 

 

2014 20 Dez.

Immer einen Besuch wert: „a-musik“ in Köln

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„Eine Sanduhr (auch: Stundenglas) ist ein einfaches, etwa seit Anfang des 14. Jahrhunderts bekanntes Zeitmessgerät. Seine früheste Darstellung findet sich auf dem 1338 von Ambrogio Lorenzetti erschaffenen Fresko „Allegorie der Guten Regierung“ im Palazzo Pubblico (Siena).

Ausdrücklich erwähnt wird die Sanduhr 1379 in einem Inventarverzeichnis Karls V. von Frankreich. Allerdings verweisen bereits frühere Quellen des 14. Jahrhunderts auf sie als „gläserne Uhren“, die zur Zeitmessung gebräuchlich waren. Auch wenn ihr genauer Ursprung ungeklärt bleibt, ist gesichert, dass die Sanduhr etwa gleichzeitig mit der Räderuhr Verbreitung fand.“

(Wikipedia)

  1. Eno & Hyde: „Return“
  2. Mirel Wagner: „The Dirt“
  3. Sidsel Endresen & Stian Westerhus: „Ripper Silk“
  4. True Detective: „Title Song“
  5. Leonard Cohen: „Almost Like The Blues“
  6. Eno & Hyde: „To Us All“
  7. Marianne Faitfull: „Late Victorian Holocaust“
  8. Sun Kil Moon: „Carissa“
  9. Damon Albarn: „Hollow Pounds“
  10. Scott Walker & Sunn O))): „Lullaby“
  11. Lucinda Williams: „Cold Day In Hell“
  12. James Yorkston: „Guy Fawke’s Signature“
  13. Future Islands: „Seasons (Waiting On You)“

2014 17 Dez.

Neues aus Electri_City

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Zumindest Stefan Schneider ist ja Altdüsseldorfer und kennt die Stadt und ihre Musikgeschichte bestens, auch als Teil von To Rococo Rot. Nun erscheint im Januar 2015 bei „bureau b“ ein Duo-Album von Stefan Schneider mit dem Perkussionisten und Multiinstrumentalisten Sven Kacirek, und es ist mehr als ein Nachspiel alter Düsseldorfer Zeiten, ihre spezielle Verarbeitung kenianischer Rhythmuswelten. Dass auf einem Stück noch ein Musiker mitwirkt, der einst in den 80ern bei Fela Kuti mitwirkte, ist eine zusätzliche kleine Freude. Das Hauptquartier von Bureau B formuliert es so (als gewisse Abgrenzung vom „alten Stoff“) – und, ja, das Album Shadow Documents machte mir beim ersten Hören grosse Freude:

„The duo’s modus operandi differs from that of renowned Krautrock pairings such as Dieter Moebius/Mani Neumeier or Michael Rother/Klaus Dinger (= NEU!), where the drum kit plays a dominant role as the driving force. With Schneider and Kacirek, drums mutate into a sort of synthesizer instrument, almost subliminally melting into the sound of other instruments as a virtual observer, adding a certain nuance here and there, rather than performing a more catalytic function. Synthesizers, meanwhile, assume many of the percussive duties.“

 

 

 
 
 
NEULAND / ZEITREISE / NAHAUFNAHME
 

Kammerflimmer Kollektief / Arve Henriksen & Terje Isungset / Thomas Köner / Sidsel Endresen & Stian Westerhus / Daniel Lanois / The Hilliard Ensemble / Daniel Lanois / Sidsel Endresen & Stian Westerhus / Anouar Brahem / Robin Williamson / Nils Okland, Per Steinar Lie, Orjan Haaland / The Beatles / Jon Hassell & Brian Eno / Sun Ra / John Coltrane / Robert Wyatt / Björk & Robert Wyatt / John Cage (on Obscure Records) / Brian Eno / Brian Eno / Thomas Köner / (Christian) Fennesz / Thomas Köner / David Sylvian with Fennesz / Thomas Köner / Fennesz / Thomas Köner / Fennesz

 

– Seems to be „old school“-„Klanghorizonte“ with the usual suspects.

– Yes. Sort of. And, yet, there are surprises, believe me, twists and turns, and a kind of wilderness that will make this a journey full of erosion, falling apart, and moments of unflinched yearning.

– Campfires, too?

– If you believe in campfires, make one for yourself, take your long black coat (your famous blue raincoat would work fine, too), and put your old transistor radio besides the fire. That will do the trick!

2014 15 Dez.

Electri_city

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esch

 
 
 

Das ist ein interessantes Buch nicht nur für Leute, die sich für die elektronische Musik interessieren, die zwischen 1970 und 1986 in Düsseldorf entstanden ist. Interessant ist es auch für alle, die wissen möchten, wie eine „Szene“ funktioniert.

Düsseldorf ist ein relativ kleines Biotop. Kern der Düsseldorfer Kunst- und Musikszene war die Kunstakademie, insbesondere die Klasse von Joseph Beuys. Drumherum eine Menge Galerien, in denen sich die Szene traf und in denen auch Bands spielten. Und dass die aufgrund der Verknüpfung mit der Kunstakademie anders klangen als in – sagen wir – München oder Hamburg, liegt nahe.

Rüdiger Esch, selbst Mitglied der Krupps, schreibt nicht die Geschichte der Düsseldorfer Szene, sondern er lässt die Beteiligten selbst zu Wort kommen – aus ihrer heutigen Sicht. Er kommentiert nicht selbst, sondern montiert Passagen der von ihm geführten (oder aus anderen Quellen kompilierten) Interviews so mit- und gegeneinander, dass sie sich gegenseitig kommentieren (und oft auch relativieren). Diesen Kunstgriff kennt man bereits aus Jürgen Teipels „Verschwende deine Jugend“, und er funktioniert auch hier, wenngleich man sich gelegentlich ein bisschen mehr Hintergrundinformation wünschen würde.

Sehr schnell ist klar, dass Kraftwerk die Kirche im Dorf war. Alle anderen Projekte kreisen um Kraftwerk herum, reiben sich an Kraftwerk, lehnen Kraftwerk ab oder versuchen Vergleichbares oder Gegenteiliges. Ebenso schnell wird klar, dass das Subzentrum der Düsseldorfer Szene Klaus Dinger war, der hier sehr ausführlich zu Wort kommt. Und dass es eines Conny Planks bedurfte, um die Szeneprodukte in eine Form zu bringen, die man in verkaufbares Vinyl pressen konnte.

Insbesondere interessant ist zum einen, welchen Einfluss auf die Bands und die Musik selbst die elektronischen Instrumente und der technische Fortschritt hatten – es kamen in den 80ern nahezu monatlich neue Synthesizermodelle auf den Markt, die irgendetwas anders machten oder besser konnten als das Vorgängermodell und deswegen geradezu reflexhaft angeschafft wurden. Und zum anderen zeigt sich, wieviel Hass und Häme gerade Kraftwerk auf sich gezogen haben, nachdem sie international zur Kenntnis genommen wurden – interessant ist das insofern, als sich darin zeigt, wie das Biotop einer „Szene“ funktioniert. Selbst noch zu einem Zeitpunkt, als Kraftwerk schon längst in einer ganz anderen (internationalen) Liga spielten, wurde sie von den Kollegen immer noch als „our very own“ gesehen. Jeder kennt das: Solange alle im selben Boot sitzen, ist man befreundet, aber wehe, jemand rudert davon und ist auch noch erfolgreich damit …

Weniger ergiebig ist Eschs Versuch, auch die Düsseldorfer Werbeagenturszene in die Geschichte der „Electri_city“ einzubeziehen. Das liegt zwar in gewisser Weise nahe, belegt aber letztlich nur, dass es zwischen der Musik- und der Agenturszene kaum Beeinflussungen gab.

Im Anhang finden sich Kurzbiografien aller Interviewpartner und eine kurze Übersicht über die wesentlichen Synthesizer, Sequencer und elektronischen Geräte jener Jahre.

 

Rüdiger Esch:
Electri_city – Elektronische Musik aus Düsseldorf
Suhrkamp, Berlin 2014
ISBN 978-3-518-46464-9

Vor Jahr und Tag gab es eine öffentliche Diskussion mit unserm Präsidenten Watzke und Trainer Klopp. Dass Jürgen hier nie entlassen würde, und das Ende seiner Dortmunder Zeit selbst bestimmen werde, verkündete der Sauerländer (ein exzellenter Chef) kurz und trocken. Aber wenn sie mal Tabellenletzter seien, entgegnete unser Trainer, das solle er, Aki, sich dann nicht antun. Doch, auch dann, keine Frage. Der Trainer steht tatsächlich nicht zur Diskussion und wird hundertprozentig nicht gefeuert.

Am Ende dieser Woche könnte der BVB zum dritten Mal in dieser Saison den letzten Platz einnehmen, vor der Winterpause. Harte Zeiten. Der Abstiegskampf wird dauern, womöglich bis zum 34. Spieltag. Wie konnte das passieren? Kein Mensch hat mit so einem Absturz gerechnet. Das sprengte tatsächlich die Kaffeesatzleserei der dunkelsten Schwarzseher.

Nach der WM kamen unsere „Weltmeister“ verspätet zurück, mit einer gewissen Leere, mit Trainingsrückstand, und, im Falle von Hummels, verletzungsanfällig. Nach seinem Kreuzbandriss fand auch der ursympathische Subotic nicht zu alter Klasse, Ginter, der 10-Millionen-Mann aus Freiburg, ist nervlich überfordert, wohl auch überschätzt, produziert Fehler fürs Skurrilitätenkabinett. Torgarant und Genius Reus fällt permanent verletzt aus, Gündogan braucht viel Zeit, um seine alte Stärke auf den Platz zu bringen.

Lewandowski wird nicht ansatzweise ersetzt durch die wankelmütigen Formschwankungen von Immobile und Ramos. Auf einmal tauchen in scheinbar automatisierten Abläufen Spieler wie Fremdkörper auf. Aubameyang hat den beiden Neuen bislang den Rang abgelaufen, einer der wenigen Lichtblicke, neben einigen ordentlichen Spielen, neben mitunter soliden Darbietungen auf der Doppel-Sechs. Da sind eigentlich (EIGENTLICH!) mit Bender, Gündogan, Sahin, Kehl und Kirch potentiell allerbeste Leute im Team. Aber auch da fehlt die Konstanz. Und die Rückkehrer Kagawa und Sahin haben nie an die Brillianz ihrer Meisterjahre anknüpfen können. Warum, ist rätselhaft.

So wird jede Menge Durchschnitt produziert, in die Abwärtsspirale mischt sich Versagensangst, bisher haben Klopp und Co. da keine erfolgversprechende Strategie entwickelt (gibt es keine zwei, drei Sport-Psychologen, die man im Winter engagieren könnte, aus meiner Sicht fast ein zwingende Option) – bei dem 0:1 in Berlin spielte die Mannschaft wie ein Team, das völlig zurecht da unten steht, ohne Esprit, ohne Abgebrühtheit, ohne mentale Stärke. Auch ein beeindruckender Leader wie Sebastian Kehl kann nur punktuell das Wir-Gefühl stärken.

Manchmal blitzt vertraute Klasse auf, aber diese „highlights“ wirken wie kurze „Ausreisser nach oben“. Mittwoch kommt Wolfsburg, Samstag geht es zum Kellerduell nach Bremen. Ich glaube nicht mehr an ein „happy end“. Ich glaube an ein Drama, an den rigorosen Einbruch des Irrationalen in einer nur scheinbar programmierbaren Erfolgsgeschichte. Reus wird am Saisonende gehen, das ist für mich ausser Frage, Gündogan wird nur zu halten sein, wenn seine Formkurve nicht steil nach oben geht. Auflösungserscheinungen bahnen sich an. Schon länger übrigens.

Der erste Vereinsangestellte, der sagen wird, dass die Hoffnung zuletzt stirbt, hat, im speziellen Falle von Dortmund, die tiefer gelegte Bedeutung gleich mitgeliefert: es gibt keine Hoffnung mehr. Ich hoffe, so weit wird es nicht kommen, dieser Spruch wäre das Ende. Die Phrase eines Fiaskos. Auf Dauer sind Verluste von Spitzenspielern nicht mehr kompensierbar. Der Weggang von Mario Götze war ein Schlag ins Kontor, da ging einer, der das Fussballspielen in Dortmund lernte. Es könnte nun ähnlich wie vor Jahren in Bremen zugehen. Was man nicht zusammenhalten kann, bricht irgendwann auseinander. Klopp ist wie geschaffen für solche Extreme. Er könnte jetzt seine Grenzen kennenlernen. Aber auch dem Weg dorthin (die Gegend heisst Abgrund, man kennt solche Fallhöhen aus griechischen Tragödien) geht man in Dortmund – da schafft sich Fussballromantik noch einen letzten Raum, auf den Spuren der  Liverpooler  Hymne – nicht allein.


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