Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2014 15 Nov.

Loop me in 2

von: Lajla Nizinski Filed under: Blog | TB | 4 Comments

 

 
 
 
Julia Stoschek ist eine junge reiche Galeristin, die ein gutes Geschick besitzt, die amerikanische Avantgarde nach Duesseldorf einzuladen. Gestern Abend zeigte William Basinski sein neues Werk „Cascade“ in der Stoschek Foundation.

Es war seine Urauffuehrung. Er kam in eleganter, enganliegender Lederkleidung in den Raum, stellte sich an den mit Technik ueberbordenden Tisch und begann fast wortlos mit seiner Performance. Hinter ihm lief ein Video, gedreht von seinem Lebensgefaehrten James Elaine. Es zeigte fast ausschliesslich Bilder von bewegtem Wasser. Irgendwann schloss ich die Augen, weil ich staendig an flying toasters denken musste. Er stand ueber eine Stunde fast unbeweglich vor seinem Werkzeug: dem Laptop, dessen Apple Logo er ueberklebt hatte [why?] und den beiden links und rechts aufgebauten tape decks.

Die Musik hoerte sich fuer mich zunaechst „rotten“ an. Zuhause haette ich meine kaputte Anlage sofort entsorgt. Aber hier war es wohl part of the game. Links von mir sass eine Frau, die nach 5 Minuten ging, rechts von mir sass ein Mann, der die ganze Zeit die Augen geschlossen hielt. Ich langweilte mich die ersten 15 Minuten, weil alles sehr aehnlich fliessend klang und noch dazu durch ein Echo gedoppelt wurde.

Als die Klaenge vollkommen unerwartet leiser wurden, wurde ich wieder hellhoerig und verfolgte bis zum Schluss das Konzert mit Begeisterung, die Klaviertoene schienen aus dem bereits gehoerten Soundtrack heraus zu wollen. Basinski verabschiedete sich mit den Worten: „Thank you, oops, I forgot my words.“ Und verschwand.
 
 
 

 

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4 Comments

  1. Martina Weber:

    Das ist ja ganz schön dreist. Ich höre gerade in seine Wassermusik rein, na ja, so wirklich viel passiert da nicht, da brodelt auch nichts im Untergrund. Da lege ich lieber wieder Lumen Drones auf, Avantgarde aus Norwegen und CD des Monats und gewiss auf meiner Jahresbestenliste zu finden. Da kann ich jede Orientierung verlieren, passend zu dem Roman, den ich gerade lese und über den ich auch noch etwas schreiben möchte, wenn ich ihn durch habe. Die us-amerikanische Romankunst scheint jedenfalls weiter entwickelt zu sein, als die Drone Musik. Oder täusche ich mich?

  2. Jan Reetze:

    Eigentlich mag ich ihn ja, und ich hätte mir das auch gern angesehen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass er sich allmählich in einer Masche verheddert, aus der er sich vielleicht befreien sollte, bevor er sich nicht mehr bewegen kann.

    Die Live-Präsentation ist bei solchen Laptopmusikern natürlich immer ein Problem, weil es halt optisch nicht viel hergibt, wenn jemand einen Regler auf- oder zuzieht oder eine Maus bewegt. Da flüchtet man dann gern in mehr oder weniger gelungege, abstrakt fließende Projektionen. Ich habe das Anfang der 90er selbst gelegentlich so gemacht (damals noch ohne Computer, aber mit Playbacks vom Band und live dazu aus dem Äther gefischen Kurzwellensounds), habe mich aber nie gut dabei gefühlt. Asmus Tietchens hat bei früheren Auftritten glashart eine CD eingelegt, gestartet und sich selbst in die erste Reihe gesetzt. Aber das ist natürlich auch keine ideale Lösung … Heute arbeitet auch er mit dem Tisch voller Technik.

    Und wie „live“ eigentlich solche Shows noch sind, wenn Computer involviert sind, das ist natürlich ohnehin eine eher philosophische Frage …

  3. Martina Weber:

    Ich erinnere mich an ein Konzert von Tunng vor etwas mehr als einem Jahr, über das ich hier auch geschrieben habe, und die Vorband war Pinkunoizu, die mich viel mehr begeistert hat als Tunng. Das waren ein paar junge Männer, die völlig beiläufig die Bühne betraten, jeder an seinen Platz an irgend einem technischen Gerät, jeder tut so, als ob er den anderen nicht braucht, und dennoch entstand gemeinsam etwas wunderbar Unberechenbares und Wildes. Also, das gab auch optisch einiges her. Ich war begeistert. Pinkunoizu hat auch eine Website, da könnt ihr einiges hören.

    Wenn Lyriklesungen allerdings nur noch übers Notebook ablaufen, hört es bei mir auf. Ich war mal auf einer Lyriklesung mit verschiedenen Lyrikerinnen und Lyrikern und als Gerhard Falkner auftreten sollte, hieß es doch tatsächlich, er sei nicht da, hätte aber eine kleine Power Point Präsentation vorbereitet. Da waren dann hauptsächlich irgendwelche altgriechischen oder römischen Bilder zu sehen, nichts jedenfalls, was mich bewegt hätte, die Antike habe ich inzwischen abgehakt.

    Erinnern möchte ich jedoch an den Debütband von Falkner mit dem schönen Titel „so beginnen am körper die tage“, Falker sagte darüber, alles sei selbst erlebt, ich glaube, heutzutage dürfte man so etwas nicht mehr sagen, daraus ein paar Zeilen:
     
    mit den söhnen sollen die väter
    nicht spaßen, sie wachsen unter
    der hand, sie werden, wenn sie
    groß sind, funkeln wie messer

     

  4. Lajla Nizinski:

    Basinski haette mal seine neue Technik erklaeren koennen, das war doch das Spannende an dem Ganzen. Stockhausen war damals einfach cooler, siehe seine Erklaerung zu seinem neuen Sound auf youtube: Stockhausen on’sounds’1972. Wunderbarer Vortrag.


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