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2014 14 Aug.

Am 19. August wird Michael Naura 80 (eine kleine Jazzerinnerung)

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags: , | Comments off

Ich fuhr mit einem Studienkumpel nach Hamburg, die Siebziger Jahre zeigten sich von ihrer besten Seite, ECM veröffentlichte reihenweise Meilensteine, und als wir die Landesgrenze zu Schleswig-Holstein hinter uns hatten, hörte ich das beste Jazzprogramm, das es in der alten Bundesrepublik je gab. Michael Naura hatte Narrenfreiheit, holte alle möglichen Stars zum NDR, der Jazz boomte, ich war verliebt in Katrin E., und hatte vor, ihr Herz und ihren Körper zu erobern. Immerhin hatte ich die Einladung ins elterliche Herrenhaus “An der Glinder Au” in der Tasche.

Ich war noch ein Teenager, und hatte Katrin auf einer Nordseeinsel kennengelernt, wir spielten in den Dünen, verschlangen ganze Backbleche Pflaumenkuchen, ohne ein Pfund anzusetzen, und jeden Tag hörte ich grandiose Jazzmusik im NDR: der junge Jan Garbarek, Art Lande, Chris Hinze, Gary Burton, Bill Connors, Volker Kriegel, Dave Liebman, Chick Corea. Und plötzlich, die Tore Hamburgs waren noch ein Stück entfernt, verkündete Michael Naura im Autoradio, dass der “Meister” just an diesem vorweihnachtlichen Abend im Congresszentrum der Hansestadt auftrete. Solo. Ahh! Als ich dann in 2 Hamburg 74 oder 14 eintraf, der Nachmittagstee aufgetischt wurde, machte ich den Vorschlag, die ganze Bande, Katrin, ihr Bruder, die Clique, solle heute Abend aufbrechen, um den Magier am Klavier zu erleben. Die Reaktion war reserviert. Hanseatisch unterkühlt. Stattdessen nahm das Grauen seinen Lauf.

Ich war einfach zu verknallt sonst wäre mir das nicht passiert. Mit der angehimmelten Katrin und den anderen trottete ich in eine Old Jazz-Kneipe namens Rempter oder so, wo trister Stimmungsdixie gespielt wurde, und sich eine biergetränkte Fröhlichkeit breitmachte. Die Nacht durfte ich im Zimmer des Bruders verbringen, der den Aufpasser spielte. Am nächsten Morgen, mit dem Katrin- und Jarrett-Blues in den Knochen, stellte ich mich noch überaus ungeschickt an beim Köpfen des Frühstückseis.

In dieser Story war die Vorfreude alles: wie ich in meiner Studentenbude, Wochen zuvor, Gato Barbieri hörte, das erste Kapitel seiner grandiosen Latin-Jazz-Platten (auf Impulse), und auch Fort Yawuh vom Keith Jarrett Quartet. „Facing You“, Jarretts 5-Sterne-Soloalbum kreiste unentwegt. Ich träumte von Katrin, und wie immer, wenn das Verliebtsein sich in mir ausbreitete, fuhr mir wiederholt ein Schmerz in die Fingerknöchel, ein Stechen, ein Ziehen. Ein paar Jahre später bedauerte ich noch, dieses Konzert verpasst zu haben. Und in den Neunziger Jahren arbeitete ich zehn Jahre mit dem grossartigen Jazz-Macho Michael Naura zusammen. Manchmal spielte er in seinem Büro Evergreens auf dem Klavier, und, als er einmal einen Jarrett-Akkord erwischte, fiel mir kurz jener Abend ein, in weihnachtlich geschmückten Einkaufsstrassen – und mein melancholischer Dixieland-Abend mit der schönen Kattrin.

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