Manafonistas

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Archives: Juni 2014

2014 22 Juni

Arte-Konzert

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2014 22 Juni

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (73)

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12.Juni 2014, Jimmy Scott stirbt in Las Vegas,  er wurde 88 Jahre alt. Von dem Ausnahmesänger hörte ich in den neunziger Jahren das erste Mal, und … ich war tief beeindruckt. Wegen einer Erbkrankheit, dem Kallmann-Syndrom, ist er nie in die Pubertät gekommen, hatte keinen Stimmbruch und sang deshalb mit einer für einen Mann ungewöhnlich hohen Stimme. Beim ersten Hören einer Platte von Jimmy Scott wusste ich aber all dies nicht, für mich war es etwas ganz anderes, was mich an dieser Stimme faszinierte: vielleicht das Zerbrechliche, Zarte, Traurige, Tragische, Unverfälschte, Ehrliche, das vollkommen Ungekünstelte?
 
 
 

 
 
 
Anyway, jedenfalls geht mir persönlich diese Stimme sehr nahe, Interpretationen von Stücken wie Jealous Guy oder Nothing Compares 2 U sind einfach herzzerreissend. 1999 brachte Scott die herrliche Platte Holding Back the Years heraus, auf der sich diese Stücke finden.
Jimmy Scott, der seine Karriere bereits in den Vierziger Jahren begann und zunächst durchaus erfolgreich war, musste sich in den sechziger und siebziger Jahren mit allen möglichen Jobs herum- und durchschlagen, um dann in den Neunzigern ein Comeback zu feiern:  All The Way war die Platte, die ihm den Durchbruch und sogar eine Grammy-Nominierung brachte. In meinem Plattenschrank stehen in der Abteilung Jimmy Scott neben dem Album All The Way noch noch die erste Schallplatte, die unter seinem Namen erschien, das war 1963, der Titel Falling in Love is Wonderful, produced by Joe Adams, supervised by Ray Charles. 1993 wurden zwei Schallplatten aus den Jahren 1969 und 1972 auf einer CD wiederveröffentlicht: Lost an Found. Die Aufnahmen aus dem Jahre 1972 wurden bisher nie veröffentlicht, die aus dem Jahre 1969 kamen unter dem Titel The Source in die Plattenläden.
 
 
 

 
 
 
Aus dem Jahre 2001 stammt die CD Jimmy Scott: Over the Rainbow , hier spielte noch der 2008 im Alter von 62 Jahren verstorbene Gitarrist Joe Beck mit.

2014 22 Juni

Ray, 70

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Saturday was Ray Davies‘ 70th birthday, and I’m very sorry for not even sending my congrats on air. But I always tend to forget about birthdays. Someone wrote this in the LA Times, and it might give you some ideas about your contribution to a lazy afternoon. „All the Kinks did, with Davies in command as frontman, predominant songwriter, producer and arranger, was create the warmest, funniest, most varied and keenly intelligent body of work in the rock canon. Sort of. (…) All Ray Davies wanted to do was follow where his endlessly idiosyncratic imagination could take him, while the Kinks provided the broad palette of styles, colors and rocking intensities he needed to render musical pictures scaled to life’s daily realities. (…) His characters are never heroic. They have everyday frustrations and everyday enjoyments. Multiple Kinks songs herald and chuckle over the quiet pleasures of picnics and tea time. When Davies delves into his own psyche, a listener hears him coping with loneliness and loss and disconnection from family and friends, but also struggling to find enough heart and encouragement to snap out of a funk and move forward. (…) It’s mainly by mood, method and implication, rather than by declaration and exhortation, that Kinks fans have learned from their non-transcendent hero that our best chances lie in humor and a simple refusal to give in to the temptation of just giving up. No one has written more songs about how hard it can be simply to get out of bed and face another day, but Davies’ characters almost always find a way to do it.“ (Mike Boehm) 

Hätte die Fifa nicht soviel Macht, es könnte heftig gelacht werden über dieses Tollhaus der Eitelkeiten und Egomanen. In ihrer heutigen Samstagsausgabe gibt es auf Seite Drei der Süddeutschen Zeitung einen aufschlussreichen Artikel über das „brasilianisch-schweizerische“ Geschäft mit dem schönen Schein. „Dramatische Partien, ergriffene Spieler – die Fifa kann sich verlassen auf die Momente, Bilder und Gefühle ihres Tuniers. Wer fragt da nach Toten und Traditionen. (…) Ja, auch die Polizisten haben gelernt, sie stehen jetzt mit Schlagstock und Pistole in der ganzen Stadt.“ Holger Gertz hat den Bericht geschrieben, der einem die naive Fussballfreude etwas rauben dürfte. Übrigens, Sie wissen ja, die beiden nächsten Weltmeisterschaften finden in Russland und Katar statt. Gleich zwei schlechte Witze, und viel Geld im dreckigen Spiel! Ach, und noch eins, der vielgelobte neue Papst hat sich auch schon mit dem Seppel verbrüdert. Der Weltfriede ist nah.

2014 21 Juni

The Albert Ayler Story

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ESP-Disk has marked the 50th anniversary of Albert Ayler’s first recording sessions for the label with a 68 track digital-only compilation of interviews and music, tracing his career and looking in detail at various crucial sessions. It’s compiled by Michael D. Anderson, who also put together the Sun Ra Eternal Myth Revealed box set in 2011. This compilation includes tracks from Syler’s ESP releases alongside interview material from Ayler himself and those who played with him. „The Albert Ayler Story“ is out now. espdisk.com

 

 
 
 

„NEULAND“ (first hour)

 

1) Yann Tiersen: Meteorites, aus: INFINITY 2) Fennesz: Becs, aus BECS 3) Moskus: Tandem med Sankt Peter, aus MESTERTYVEN 4) Malayeen: Najwa, aus MALAYEEN 5) National Jazz Trio of Scotland: Buchanan Street, aus: STANDARDS, VOL. 3 6) 1982: 02:03, aus A/B 7) Moebius / Story / Leidecker: Cliff Doze, aus: SNOWGHOST STORIES 8) Eno / Hyde: Moulded Life, aus HIGH LIFE 9) Costanza Francavilla & Alex Infascelli: Bushwick 17, aus BUSHWICK 17

 
 
„Zeitreise“ (second hour)
 

10) Sun Ra: The Beginning, aus THE FUTURISTIC SOUNDS OF SUN RA (1961) 11) 12) 13) Brian Harnetty: The Moon, Cosmic Tones, Another Way, aus THE STAR-FACED ONE 14) Morton Subotnick: Silver Apples of the Moon, Part B (excerpt), aus: SILVER APPLES OF THE MOON (1967) 15) Hakon Stene: Bobby J., aus: LUSH LAMENTS FOR LAZY MAMMAL 16) Art Lande / Jan Garbarek: Quntennaissance, aus: RED LANTA(1974) 17) Horace Silver: The preacher, aus: Horace Silver and the Jazz Messengers (1955) 18) Jon Hassell: Alchemistry, aus: CITY – WORKS OF FICTION (1989 / 2014) 19) Ben Frost: Venter, aus: AURORA

 
 
„Nahaufnahme“ (third hour)
 

20) Daniel Kobialka: Blue Spirals, aus: V.A. – I AM THE CENTER – PRIVATE ISSUE NEW AGE MUSIC IN AMERICA, 1950 – 1990 21) Gail Laughton: Pompeji 76 A.D., aus: V.A. – I AM THE CENTER – PRIVATE ISSUE NEW AGE MUSIC IN AMERICA, 1950 – 1990 22) Nesta Kerin Crain: Gongs In The Rain, aus: AM THE CENTER – PRIVATE ISSUE NEW AGE MUSIC IN AMERICA, 1950 – 1990 23) Wilburn Burchette: Witch´s Will, aus: I AM THE CENTER – PRIVATE ISSUE NEW AGE MUSIC IN AMERICA, 1950 – 1990 24) Iasos: The Comfort of Angels, aus CELESTIAL SOUL PORTRAIT 25) Brian Eno: Discreet Music, aus DISCTEET MUSIC (excerpt) 26) Laraaji: Sol, aus: CELESTIAL MUSIC 1978-2011 27) Eno / Hyde: Bells and Cells, aus HIGH LIFE (excerpt)

 

2014 21 Juni

High Life, schneller Text, Eno & Hyde No.2

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Das zweite Album des unternehmungsfreudigen Duos enthält weniger Songs, mehr Funk, mehr afrikanische Polyrhythmik, und genauso viel „Feuer unterm Londoner Studiodach“ wie der Vorgänger SOMEDAY WORLD. Sechs Tracks, die sich alle Zeit nehmen, ihre Ideen auszubreiten, ohne auch nur ansatzweise zu schnell durchschaubaren Jamsessions zu werden.

Die Reihenfolge dieser extrem vielfältigen Stücke ist perfekt, den Rahmen bilden zwei Songs: Enos dunkle Wortbilder gleiten auf „Return“ sanft über der hart gechlagenen Rhythmusgitarre. Und ganz am Ende beweist Eno auf „Cells & Bells“, wie verstörend und brilliant eine Melange aus Song und Ambient Music sein kann.

Zwischendurch (DBF, Moulded Life) gibt es eine britische Lesart von scharfem Funk, so ein Mittelding zwischen James Brown-Fragmenten, und dem schnörkellosen Power-Bass-Perkussions-Gewirbel, von dem die Talking Heads einst träumten, zur Zeit von „Fear of Music“ (Eno war damals der fünfte Mann derBand, und Jonathan Lethems tolles Buch über diesen Klassiker erscheint jetzt im Tropen-Verlag). Ist DBF womöglich ein Kürzel für “ David Byrne’s Funk“?

Bleiben noch zwei weitere Glanzstücke: „Lilac“ kreuzt einen geheimnisvoll kargen Text von Rick Holland mit einem interessanten Mix aus entspanntem Gesang und beunruhigenden Sounds, „Time To Be Wasted“ kommt daher wie ein fragmentierter Disco-Song, der mit dem entschlossenen Vorwärtsdrang von Steve Reichs Minimalismus kokettiert, ohne sich in Abstraktion zu verlieren. High Life eben! Und alles andere als ein biederes Werk in die Jahre gekommener Klangkünstler! Das alte Feuer brennt noch.

2014 21 Juni

Nach den Klanghorizonten

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Wenn mir am Schluss der dritten Stunde nicht die Zeit davon gelaufen wäre, hätte ich noch ein Stück gespielt aus dem Doppelalbum I AM THE CENTER, und zwar Glide V aus dem Jahre 1981, von Peter Davison. Aber was hätte ich am Mikrofon gesagt, vielleicht das: Peter Davison spielte in Rock- und Blues-Bands und studierte bei John Cage. Er baute 18 Serge Synthesizer, und durfte einen als Honorar behalten. Auf seinen spirituellen Hintergrund angesprochen (da war sehr viel Spirituelles in dieser letzten Stunde, da wollte ich etwas gegensteuern, mit Humor und einer gesunden Portion Skepsis), nannte Davison regelmässige Meditation, und die sechs Monate andauernden nächtlichen Sitzungen und Gesänge in einem Zelt – der Guru vor Ort hiess Gara Muktananda – und dieser Musiker zitiert auch gerne einen Satz aus einem Thriller von Michael Connolly: „Glücklich ist der Mensch, der Zuflucht in sich selbst findet.“ Gut, unterschreibe ich, und füge hinzu, dass der beste Thriller, den ich in letzter Zeit sah, die Menschen eher am Abgrund aufspürte, und den Garten Eden verrottet vorfand: TRUE DETECTIVE – SERIES ONE. So wäre das in etwa abgelaufen. Als ich dann Leo Gehl und seinem EARLY MORNING BLUES das Studio übergab, fand ich das Licht der Morgendämmerung berauschend, vielleicht auch ein Begleitsymptom, wenn man drei Stunden lang in solche Musik eintaucht – und Karl Lippegaus‘ Portrait der Zeiten und Sounds von Miles Davis anno 1970 war ja auch ein verdammt gutes „Hurengebräu“! Ich trank er erst mal eine halbe Flasche Wasser (s. das dickbäuchige Plastikgefäss auf meinem Toyota), und musste schlicht feststellen: diese Nacht war eine grosse Freude!

 

 
 

„We´re on the edge of something so enormous, … the first language, the first writing … this is the first of a huge change in the entire world … if I truly have the ability to be part of this, whatever it is going to be … and even the tiniest impact … how can I give that up?“ (Morton Subotnik)

 
1967
 
Die Top 10 Album Charts dieses Jahres – Beatles „Sgt. Pepper“ und „Magical Mystery Tour“, Velvet Undergrounds Album mit Nico, Jimi Hendrix „Are You Experienced“, Pink Floyds „The Piper At The Gates Of Dawn“ uva. – zeigen völlig neue Richtungen der Rock und Popmusik auf. Surreale Texte treffen auf ungewohnte und neuartige Klänge, die diese Musik faszinieren lässt. Neben unkonventionellen neuen Aufnahmemethoden in immer gigantischeren Tonstudios, sind es vor allem auch der Mut zum musikalischen Experiment, sowie der technische Fortschritt bei synthetischen Klangerzeugern, die diese Klänge erst möglich machen. Zum neuesten Schrei gehören neben diversen Farfisa- und Hammondorgeln, der Moog Synthesizer sowie das Mellotron (die erste analoge Sample-Maschine). Allen gemeinsam ist eine herkömmliche Klaviertastatur, um die elektrischen Sounds auch in übliche Tonreihen ordnen und wiedergeben zu können. Weiße und schwarze Tasten, 12 Halbtöne in einer Oktave, wie eben schon beim Bach’schen Cembalo. Nicht so auf einem weniger bekannten Album mit dem psychedelischen Titel „Silver Apples Of The Moon“ (1967). Komponiert und eingespielt auf einer neuen elektronischen Höllenmaschine ganz ohne Tastatur von einem wahrhaften Pionier der elektronischen Musik: Morton Subotnick.
 
 
Tape Music Center, San Francisco
 
Dem IRCAM (Paris) oder Studio für elektronische Musik des WDR (Köln) ähnelnd, wirkte das San Francisco Tape Music Center in den 60er Jahren als Forschungszentrum für Komponisten im Bereich der elektronischen Musik. Natürlich war mir das Institut als Name bekannt, denn Terry Riley und Steve Reich entwickelten dort ihre ersten Tonbandstücke (Mescalin Mix, Its Gonna Rain, Come Out) und lieferten damit die Grundsteine für ihren erfolgreichen minimalistischen Kompositionsstil. Nicht bekannt war mir die Tatsache, dass das Tape Music Center 1962 von Morton Subotnik und Ramon Sender gegründet wurde. In Zusammenarbeit mit dem Physiker Don Buchla entwickelten sie dort einen neuartigen elektronischen Klangerzeuger, der nur über berührungsempfindliche Touchpads und Drehregler gesteuert wurde: die „Buchla“ (1965). Wie originell die Idee damals war, wird deutlich, wenn man heutzutage die massenweise Verbreitung des Ipads als Touchscreen-Controller verschiedenster Musiksoftware und Hardware betrachtet. Dennoch hat auch heute die Buchla ihren Reiz noch nicht verloren: Selbst Sampler-mastermind und Noise Art Künstler Bob Ostertag hat 2011 sein Album Motormouth nur mit der Buchla komponiert und eingespielt.
 
 
Silver Apples Of The Moon
 
Eine halbe Minute lang hat man das Gefühl, eine persische Flöte zu hören – bis sich die Klänge rhythmisch in teils zufälligen Tonhöhen immer mehr verdichten. Gerade hier am Anfang wird deutlich, wie feinsinnig die Buchla komplexe melodische Linien bilden kann. Einem Gesang oder akustischen Blas- oder Saiteninstrument ähnelnd, wird hier eine 4 Tonreihe in Mikro-Intervallen durch leichte Glissandi miteinander verbunden und mit Verzierungen versehen. Bei Wiederkehr eines ähnlichen melodischen Motivs nach etwa 2 Minuten hat man, durch die nun tiefere Lage, fast die Assoziation, ein Tier stöhnen zu hören. Neben auskomponierten Motiven finden sich großflächige Zufallsoperationen von kurzen, in sich immer wieder verändernden Tonreihenfolgen. Heutzutage würde man dergleichen wahrscheinlich auf einem Computer mit Max/MSP Patches prozessieren. Zufallsoperationen waren natürlich in der Instrumentalmusik der Avantgarde während der 60er Jahre absolut gängig (u.a. John Cage, Morton Feldman, K.Penderecki), doch einen synthetischen Klangerzeuger, der diese Operationen übernehmen konnte, musste man bis zur Erfindung der Buchla vergeblich suchen.

Große Vielfalt zeigt auch der Klangreichtum in Silver Apples Of The Moon. So glaubt man sich nach etwa 6 Min in einer Welt eines frühen Karlheinz Stockhausen (Studien/Gesang der Jünglinge) wieder zu finden. Allerdings treten auch hier immer wieder Pattern-orientierte Sequenzen zum Vorschein, die gleichzeitig den Eindruck erwecken, einer Produktion aus den 80er Jahren mit MIDI Sequenzer zu lauschen. So werden auch im 2. Teil der Komposition über 7 Minuten hinweg rhythmisch-melodische Patterns in verschiedenen Längen und Klangfarben aufgebaut. Die Musik lässt den Hörer mit der Zeit vergessen, dass hier eigentlich eine Maschine performt, denn nach und nach hat man den Eindruck, einer traditionellen afrikanischen Gruppe zuzuhören (ja, tanzen zu sehen): verschiedene Trommeln, Xylophone und Saiteninstrumente mischen sich mit einem langsam aufbauenden Gesang, der unerbittlich immer längere Töne in hoher Sopranlage über die fast schon „tanzenden“ Rhythmen legt.

Morton Subotnick arbeitete an Silver Apples Of The Moon 13 Monate lang jeden Tag 8-12 Stunden in seinem Studio. Er nahm die Buchla auf 2 Zweispur Tonbandgeräten auf. Das gängige Prinzip war: Abspielen der aufgenommenen Musik auf dem einen und gleichzeitiges erneutes Aufnehmen auf dem anderen Tonbandgerät usw. Dadurch wurde ein Art Overdub erreicht und die Spurenanzahl „virtuell“ verdoppelt. Neben dem Komponieren von konventionellen Instrumental- und Vokalwerken ist Morton Subotnick der elektronischen Musik und seiner historischen Bedeutung immer treu geblieben. So entwickelte er in den letzten Jahren z.B. auch eine spielerische Kompositions-Software für Kinder: „Pitch Painter“ (für Ipad, seit 2012 im App Store erhältlich).
 
 
I went out to the hazel wood,
Because a fire was in my head,
And cut and peeled a hazel wand,
And hooked a berry to a thread;
And when white moths were on the wing,
And moth-like stars were flickering out,
I dropped the berry in a stream
And caught a little silver trout.

When I had laid it on the floor
I went to blow the fire a-flame,
But something rustled on the floor,
And someone called me by my name:
It had become a glimmering girl
With apple blossom in her hair
Who called me by my name and ran
And faded through the brightening air.

Though I am old with wandering
Through hollow lands and hilly lands,
I will find out where she has gone,
And kiss her lips and take her hands;
And walk among long dappled grass,
And pluck till time and times are done,
The silver apples of the moon,
The golden apples of the sun.

 
(„The Song of Wandering Aengus“ by William Butler Yeats)

Eine seltene Gelegenheit, die Ausführung dieses Werk von Nono (1924-1990) zu erleben und das Ganze dann noch im ausgedienten überdimensionalen Gasometer des ehemaligen Amsterdamer Gaswerkes (Westergasfabriek). Ein Denkmal vergangener Industriekultur als Kathedrale des (Er)Hörens der Welt … im doppelten Sinne des Wortes!
 
 
 


 
 
 
Kleine Orchester- und Chorgruppen sowie Solisten sind über den ganzen Raum verteilt auf verschiedenen Höhen plaziert, von wo aus sie – angeleitet durch zwei Dirigenten – einander ab- und zuwechselnd agieren. Dies wird dann von vier Mischpulten aus strikt nach kompositorischem Plan/Drehbuch elektronisch subtil weiterbearbeitet. In diesem und durch dieses Gesamtensemble wird ein über zweistündiger Zustand höchster Klang- und Hörkonzentration geschaffen, der mit einem Verklingen vergeht, den man wohl nicht so schnell vergessen dürfte.
Die Anlage dieses vor über 30 Jahren geschaffenen Werkes mag geradezu aktuell und hipp klingen, ist aber in der Hörerfahrung geradezu das Gegenteil des heutzutage servierten überbordenden suggestiven Klangflusses. Prometeo erfordert tieferes Hineingehen in die Klänge, Mit- und Heraushören an Randzonen wie an Zonen des Aufkommens von Klang und sich wiederholenden ritualgleichen Exclamationen. Gestisch, rein, noch ungesättigt. Mit- und Heraushören in einem ständigen Wechselspiel von Sichfügen und Erratischem, einem Wechselspiel von spröder Schönheit, dessen innere Logik sich nicht preisgibt. Es lässt sich nur erahnen, welcher Vision und intuitiv gelenkten kompositorischen Errechnung dieses Klingen geschuldet gewesen sein mag.
 
 
 


 
 
 
Ein durchgängig starker und markanter Beitrag am Ganzen kam von der Tuba, der Bassklarinette und der Flöte. Deren extended sounds sind inzwischen gängiger als zur Zeit der Entstehung des Werkes. Sie bekommen hier Signifikanz in einem grösseren und tieferen Ganzen und gewannen dadurch eine ungemein starke Signifikanz. Die Verlorenheit und Bestimmungsoffenheit dieser Klänge geht allerdings auf langes, ausgeklügeltes Experimentieren Nonos und seiner Mitarbeiter zurück. Das Experimentalstudio des SWR (Heinrich-Strobel-Siftung) spielte hier eine wichtige Rolle. Von hoher Faszination war diesbezüglich auch das Dirigieren dieser randständigen Klanglichkeit durch die Dirigentin Matilda Hofman. Getragen von einer exakten Grundlinienzeichnung glich es in der Indikation der Modulationen und Schlieren am ehesten dem Spielen einer Theremin. Der zweite Dirigent, Ingo Metzmacher, war für den Publikumsbereich, in dem ich mich befand, nur seitlich im Profil sichtbar, wodurch vor allem die gestische Aufforderung zu Tuschs und Crescendos erkennbar wurde. Metzmacher hatte das Glück, in seinen jungen formativen Jahren mit Nono zusammenarbeiten zu können.

Auditives, Visuelles und Räumlichkeit treten in Prometeo auf sehr spezifische Weise auf und treffen auf sehr besondere Weise aufeinander. Man kann den Verrichtungen der meisten Musiker visuell nicht so einfach folgen. Die Musiker sind dezentral plaziert, die Entfernungen sind zu gross und der Klang kommt – durch elektronischen Eingriff – immer wieder aus einer anderen Richtung als dem Ort der visuell wahrnehmbaren Klangquelle. Es ist mithin ein ganzes Ensemble von Eingriffen und Konfigurierungen, das eine das Zu- und Hineinhören beeinflussende spezifische Klangqualität hervorruft. Es prickelte in den Fingern, die Konstellationen sicht- und greifbar zu machen. Sinnigerweise verhinderte dies das Photographier-Regime: es während des Konzerts grundsätzlich nicht erlaubt.

In der zweiten Hälfte schienen die Klänge (und das Zuhören!) fliessender und geschmeidiger zu werden. Aber war es wirklich so oder war es ‘nur’ eine Folge der vorgängigen Hörarbeit? Wie dem auch sei, es war in toto eine musikalische Hörerfahrung der besonderen Art mit einem grossen Einwirkungs- und Nachwirkungseffekt!
 
Aufführung beim diesjährigen Holland Festival in Amsterdam im Rahmen der TRILOGIE DES SUBLIMEN


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