„In January, the German-born composer Max Richter completed a task that had long felt like a dream: He heard the music of Memoryhouse, his first album under his own name, played in front of an audience in a proper auditorium. What’s more, the show in London’s large Barbican Hall was not only sold out but an event important enough to necessitate the second vinyl reissue of the album. Since its release in 2002, Memoryhouse has become a landmark of the amorphous scene that would eventually earn the tags “post-classical” or “indie classical.” Memoryhouse remains audacious but careful, intimate but vivid, innovative but reverent. In 2002, Richter’s ability to weave subtle electronics against the grand BBC Philharmonic Orchestra helped suggest new possibilities and locate fresh audiences that composers such as Nico Muhly and Michał Jacaszek have since pursued. As you listen to new work by Julianna Barwick or Jóhann Jóhannson, thank Richter; just as Sigur Rós did with its widescreen rock, Richter showed that crossover wasn’t necessarily an artistic curse. Nearly a dozen years later, the material finally got its due.“ (Grayson Currin, Pitchfork)
So beginnt Grayson Currins aktuelle Besprechung von Max Richters „Memory House“, dessen Text man dort mal auf sich wirken lassen sollte. Meine Wahrnehmung: Max Richter hat fraglos Wege abgebahnt, Elemente Klassischer Musik in neue Gefilde zu locken, die sich mal „post-rock“, mal „neo-classical“, mal „soundtrack“, oder „post-ambient“ nennen. Etwas Symphonisches konnte in fortgeschrittenen Spielarten angenehm abseitiger Musik auftauchen, wie im Frühwerk von Sigur Ros; Filmmusikkomponisten hatten aber ganz sicher nicht allein Max Richter zum Vorbild erkoren, wenn der „ewige“ Erik Satie seine Spuren hinterliess in Pariser Klangträumereien a la Yann Tiersen. Und wenn man nach weiteren Quellen des Klassischen in der Zeitgenössischen (in die Jahrzehnte gekommenen) Popkultur sucht, wird man, nach dem Opulenzkitsch der frühen Prog-Rock-Jahre (von Emerson, Lake & Palmer und ähnlichen Schwadroneuren), auch wieder in sehr subtilen Handhabungen „Alter Stoffe“ fündig.
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haben sich die späten Talk Talk nicht auf Ligeti bezogen, und auch auf Arvo Pärt?! Dermassen subtil, dass es keinen Klau gab, nur Verwandlung. Arvo Pärt hat in vielerlei Hinsicht Nachwirkungen gezeigt, oft leider nur in verwässerter Form, wie bei dem gern überschätzten Ambient-Verwässerungs-Opus „Selected Ambient Works 2“ von Aphex Twin. Zurück zu Max Richter und seinen leider zu schnell Kult gewordenen Anregungen für zahlreiche Neo-Klassik-Pop-Aktivisten a la Olafur Reinalds u.a.: den Faszinationsgrad seiner ersten Alben konnte Richter nicht aufrecht erhalten. „The Blue Notebooks“ waren noch ein magischer Nachschlag der Extraklasse – und sein „Re-Mix“ von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ so kalkuliert wie banal – und beifallssicher in all seiner elenden kulturellen Korrektheit. Wie langweilig wurden seine eigenen Werke, etwa „Infra“! Bei Richter machte sich mit der Zeit ein Manierismus breit, der ensteht, wenn der Künstler als „Zeitschleifenstreuner“ nur noch an Feinjustagen sitzt, an hoch dotierten Kommissionsarbeiten, und das „Ding mit den Brüchen und Breaks“ vor lauter Feinsinngkeit aus den Ohren verliert. Manche Klangartisten treiben, um mal auf den Titel unseres Philosophicums des Monats aufzugreifen, das „Putzen als Passion“ zu weit – ein bisschen „Wühlen im Dreck“ kann auch enorm hilfreich sein. (M.E.)