Manafonistas

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Archives: April 2014

„In January, the German-born composer Max Richter completed a task that had long felt like a dream: He heard the music of Memoryhouse, his first album under his own name, played in front of an audience in a proper auditorium. What’s more, the show in London’s large Barbican Hall was not only sold out but an event important enough to necessitate the second vinyl reissue of the album. Since its release in 2002, Memoryhouse has become a landmark of the amorphous scene that would eventually earn the tags “post-classical” or “indie classical.” Memoryhouse remains audacious but careful, intimate but vivid, innovative but reverent. In 2002, Richter’s ability to weave subtle electronics against the grand BBC Philharmonic Orchestra helped suggest new possibilities and locate fresh audiences that composers such as Nico Muhly and Michał Jacaszek have since pursued. As you listen to new work by Julianna Barwick or Jóhann Jóhannson, thank Richter; just as Sigur Rós did with its widescreen rock, Richter showed that crossover wasn’t necessarily an artistic curse. Nearly a dozen years later, the material finally got its due.“ (Grayson Currin, Pitchfork)

 

So beginnt Grayson Currins aktuelle Besprechung von Max Richters „Memory House“, dessen Text man dort mal auf sich wirken lassen sollte. Meine Wahrnehmung: Max Richter hat fraglos Wege abgebahnt, Elemente Klassischer Musik in neue Gefilde zu locken, die sich mal „post-rock“, mal „neo-classical“, mal „soundtrack“, oder „post-ambient“ nennen. Etwas Symphonisches konnte in fortgeschrittenen Spielarten angenehm abseitiger Musik auftauchen, wie im Frühwerk von Sigur Ros; Filmmusikkomponisten hatten aber ganz sicher nicht allein Max Richter zum Vorbild erkoren, wenn der „ewige“ Erik Satie seine Spuren hinterliess in Pariser Klangträumereien a la Yann Tiersen. Und wenn man nach weiteren Quellen des Klassischen in der Zeitgenössischen (in die Jahrzehnte gekommenen) Popkultur sucht, wird man, nach dem Opulenzkitsch der frühen Prog-Rock-Jahre (von Emerson, Lake & Palmer und ähnlichen Schwadroneuren), auch wieder in sehr subtilen Handhabungen „Alter Stoffe“ fündig.

haben sich die späten Talk Talk nicht auf Ligeti bezogen, und auch auf Arvo Pärt?! Dermassen subtil, dass es keinen Klau gab, nur Verwandlung. Arvo Pärt hat in vielerlei Hinsicht Nachwirkungen gezeigt, oft leider nur in verwässerter Form, wie bei dem gern überschätzten Ambient-Verwässerungs-Opus „Selected Ambient Works 2“ von Aphex Twin. Zurück zu Max Richter und seinen leider zu schnell Kult gewordenen Anregungen für zahlreiche Neo-Klassik-Pop-Aktivisten a la Olafur Reinalds u.a.: den Faszinationsgrad seiner ersten Alben konnte Richter nicht aufrecht erhalten. „The Blue Notebooks“ waren noch ein magischer Nachschlag der Extraklasse – und sein „Re-Mix“ von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ so kalkuliert wie banal – und beifallssicher in all seiner elenden kulturellen Korrektheit.  Wie langweilig wurden seine eigenen Werke, etwa „Infra“! Bei Richter machte sich mit der Zeit ein Manierismus breit, der ensteht, wenn der Künstler als „Zeitschleifenstreuner“ nur noch an Feinjustagen sitzt, an hoch dotierten Kommissionsarbeiten, und das „Ding mit den Brüchen und Breaks“ vor lauter Feinsinngkeit aus den Ohren verliert. Manche Klangartisten treiben, um mal auf den Titel unseres Philosophicums des Monats aufzugreifen, das „Putzen als Passion“ zu weit – ein bisschen „Wühlen im Dreck“ kann auch enorm hilfreich sein. (M.E.)

 

 
 
 

Wieso trug ich einen langen schwarzen Mantel, als ich in St. Pancras aus dem Zug stieg, war der Sommer in London doch mit Macht ausgebrochen, für einen Tag zumindest, schaut euch nur den Blick aus meinem Zimmer an, und völlig verschwitzt sehnte ich mich nach einer kalten Dusche. Die genehmigte ich mir auch, trotz roter Stippen im Hals und einem hartnäckigen Kratzschmerz. Guy Sigsworth war mein erster Kontakt vor Ort, Alison Moyet hat ihn eingeladen, am Donnerstag für einen Song die Bühne der Royal Albert Hall mit ihr zu teilen. Er empfahl mir gleich den besten „Inder“ in der näheren Umgebung, und so verzehrte ich ein „Indian Railway Lamb Dish“, trank einen irischen Apfelwein („cider“), und blätterte in der Mai-Ausgabe der Mojo. Per Email meldete sich der Klangkünstler Janek Schaefer, dessen Opus „Lay-By-Lullaby“ (12k) ich in den nächsten Klanghorizonte spielen werde. Vielleicht treffen wir uns Donnerstag vormittag im TAP Cafe in der Wardour Street in London, um über seine allerfeinste Post-Ambient-Music zu sprechen. Morgen treffe ich erstmalig Manafonista Bob Tsukada Bright im Royal Teas Cafe, und unser Scott-Walker-Freund sandte mir schon mal einen Ausschnitt aus einer von ihm begehrten Platte, die mich in den ersten Minuten an die Zeit erinnerte, als ich „Flipper“ im Fernsehen sah, Walt Disney noch für reine Magie hielt, und an den Weihnachtsmann glaubte. Dieweil freue ich mich, nachdem ich mittlerweile das Interview in der Mojo gelesen hatte, auf die bald erscheinende Schallplatte von Damon Albarn, und plane, folgendes Stück daraus zu spielen, in den übernächsten Klanghorizonten am 26. April, ohne auch nur einen Ton gehört zu haben. Aber das klingt doch, bitteschön, verführerisch: „‚You And Me‘ is a crepuscular mood-piece with Brian Eno adding pulsating synths. Albarn is seemingly revisting here the troubled Britpop comedown of the late ’90s that inspired Blur’s harrowing „13“ (die einzige Platte der Band, die ich wirklich mochte; m.e.). He sings of „digging out a hole in Westbourne Grove“ with „tin foil and a lighter, the ship across, five days on and two days off“, the first real public admission of a period dabbling with opiates. There’s an unusual soulfulness to the song that swells as Albarn duets with himself in a strange falsetto – „blame me, blame me … When twilight comes it all goes wrong again““. Hier im Westen von Hampstead beginnt nun eine laue Sommernacht, die Paracetamol scheint zu wirken, den langen schwarzen Mantel habe ich schon aus dem Fenster geworfen, hinter dem Haus ist ein wilder Obstgarten, und vielleicht lese ich noch ein paar Seiten in Ruth Ozekis Zauberbuch.

 
Bobs Musiktipp: John Rydgren – „Silhouette Segments“

1) Emler / Tchamitchian / Echampard:  Second Chance, aus: SAD AND BEAUTIFUL, Cd 04, 3’43“ 

2) Timber Timbre: a track from the album  HOT DREAMS

3) BJ Nilsen: Londinum, aus: EYE OF THE MICROPHONE, CD 01, 10’44“

4) Tara Jane O’Neil: Elemental Finding / All Now Vibe / The Signal, Wind, aus: WHERE SHINE NEW LIGHTS, Cd 07, 08, 09, 3’53“, 2’07“, 2’20“ 

5) Janek Schaefer: Radio 101 FM / Radio 102 FM / Radio 103 FM / Radio 104 FM, aus: LAY-BY LULLABY, Cd 01, 02, 03, 04, 5’25“, 3’47“, 5’26“, 6’59“ 


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