In letzter Zeit (vorallem in fremder Umgebung, z.B. nicht in Zuerich) oft die ploetzliche Erinnerung an Menschen, unverlangt. Fakten; sie fallen mir ohne Anlass ein. Was ich in meinem Leben alles nicht wahrgenommen habe. Wie brutal ich in bestimmten Situationen war, wie naiv und unbewusst, ebenso wahnwitzig in der Selbstgerechtigkeit wie in der Ungerechtigkeit gegen mich selbst, unwissend ohne auch nur eine Ahnung davon, wie unwissend ich lebte, wie blind, wie uebermuetig, wie vorsichtig, wie bloed, wie begabt. Jetzt Memoiren schreiben (nicht zur Veroeffentlichung) waere das Abenteuer, das noch moeglich ist; es wuerde mich packen und umdrehen, glaube ich. Ich haette ein Leben hinter mir, eines, das mich noch einmal interessiert, weil ich es nicht kenne. Es hiesse vorerst sich selbst verlieren. Wo die Gegenwart nicht mehr viel ausloest an Gefuehl, ploetzlich kommt es aus dem Vergangenen-Vergessenen: Gefuehl, das sich ausdruecken moechte. So vielerlei ist gelebt worden und verschuettet, indem man weiterlebte. Ich muesste jetzt jeden Tag um sechs Uhr aufstehen, es eilt, es ist aufregend. Ich habe mir mein Leben verschwiegen. Es kommen auch Kronen zum Vorschein, die man nie getragen hat, unter viel Misere durch Dummheit und Feigheit und Eitelkeit auch Kronen, jetzt nicht mehr auf den Kopf zu setzen.