Das Jahr begann und endet mit literarischen Highlights. Unvergessen jene ruhigen, beschaulichen Tage des vergangenen Winters, die zwar als überdurchschnittlich dunkel in Erinnerung bleiben, aber durch das daily biking program aufgehellt wurden, und auch durch unterhaltsame Begleitlektüre – die wie Trüffel oder Pralinen portionsweise genossen, einige Wochen frischhielt wie kostbarer Vorrat: von Zeilen und Tagen ist die Rede, Peter Sloterdijks Tagebuchnotizen. Selbst ein passionierter Radfahrer, spricht er dort oft genug von diesem Sport: von Velomanen. Diese Manie lässt man sich gerne gefallen. Ein Beispiel: nach einer Bergtour auf Korsika wurde es auf der abendlichen Abfahrt etwas frisch und er notiert bedauernd und selbstvorwurfsvoll, bei solchen Gelegenheiten dürfe man doch die Jacke nicht vergessen. Der Leser wird Zeuge, wie er sich dann wochenlang mit einer hartnäckigen Erkältung herumschleppt, die ihn aber nicht davon abhält, diverse Vorträge zu halten und Auslandsreisen zu unternehmen, gemäß dem Motto, man müsse stets sein tägliches Pensum Selbstüberschreitung absolvieren.
Das Jahr endet nun mit einer literarischen Wiederbegegnung mit dem Schriftsteller Botho Strauss. Einst sah man sich selbst im Kreise eingeweihter, ausgeweiteter Einzelgänger und man fand Zeugenschaft in Büchern: Autoren wie Peter Handke, Walter Benjamin, eben Botho Strauss, Phillippe Jaccottet, Michel Serres, Octavio Paz … – für die der Weltzugang immer auch mit einer mystischen Absonderung einherging, verbunden mit dem Zugang zu Rückzugsorten und den Erlebnisresultaten und Evidenzerlebnissen von Wanderungen. In Botho Strauss´ aktuellem Buch jetzt, genannt Die Lichter des Toren – Der Idiot und seine Zeit nimmt der Autor die windowsmodulierte und quasi verapplete schöne neue Welt aufs Korn und bietet neben der erhebenden Bestätigung, ein von der Masse abgesonderter, halbgebildeter Idiot zu sein (im positiven Sinne, denn wussten wir doch: nur stotternd und stolpernd ist der Mensch er selbst) auch noch jede Menge Futter für die Frage, was sich denn verändert habe nach dem digitalen turn – dieser ganz besonderen Kehre. Man ist mittendrin beim Lesen und vergnügt sich: guten Rutsch!