Wer sich auf die Lektüre unseres Philosophie-Buches des Januars einlässt, oder auch nur das Cover auf sich wirken lässt, weiss, dass es sich hier um einen Nachfahren eines Kult-Philosophie-Thrillers aus den wilden Siebzigern handelt, Robert Prirsigs „Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten“. Michael Harveys „Thriller des Monats“ beweist, dass auch so ein Page-Turner, der uns vollkommen in die Geschichte hineinzieht, Luft zum Atemholen lässt: das Lesetempo verringert sich ganz und gar freiwillig, wenn in den Dialogen der drei Protagonisten eine äusserst feine Figurenzeichnung des Autors durscheint. Dass Cliff Martinez zu den wichtigsten neuen Soundtrack-Komponisten zählt, dürfte sich rumgesprochen haben. Hatte er bei „Driver“ noch die alten Synthi-Künste eines John Carpenter angezapft, so beschreitet er in Filmen wie „Only God Forgives“ und dem Sci-Fi-Kammerspiel „Solaris“ ganz eigene Wege, im Falle von Solaris verleiht die Musik dem Film zusätzliche Tiefe, bedeutsamer als jede 3-D-Simulation. Und dass im Jahr 2014 der alte Bass-Haudegen Arild Andersen ein herrlich spannungsreiches Bass-Saxofon-Schlagzeug-Werk veröffentlicht, eine kleine Sternstunde seiner langen Karriere, ist genauso erfreulich wie das fantastische Trioalbum „Trios“, mit dem Carla Bley uns im letzten Herbst erfreute. Bei beiden Werken war Manfred Eicher der Produzent. Es wird noch einiges passieren in diesem Jahr. Im Frühjahr dann bitte erstmal das nächst Daniel Lanois-Soloalbum, das „You Are Wonder“ heissen soll.
3 Comments
-
Michael Engelbrecht:
Einer meiner Lielingsfilmkritiker, Peter Bradshaw schrieb über ONLY GOD FORGIVES im Guardian:
Like a thwacked piñata, critical opinion for something provocative at a film festival can swing off in any direction. But it was, for me, surprising to find that one of the very best movies at Cannes this year had such a shrill and hostile reception. Nicolas Winding Refn’s brilliant, macabre and ultraviolent anti-revenge movie Only God Forgives – his most interesting work since the Pusher trilogy in the Mads Mikkelsen era – was deafeningly denounced at its first screening. Some booed from their seats, cupping their hands around their mouths so that the sound carried that vital few yards further. Then came the nervy, brushfire social-media consensus – a new feature of criticism at festivals – as insecure pundits checked their Twitter feeds and committed themselves to derision, evidently taking Refn’s supposed failure to be the „story“, and in any case believing that something has to be seen to take a pasting if the praise-economy is not to go bankrupt. And all the while, middleweight products and franchise mediocrities are cordially waved through.
I can only say that Refn’s movie is entirely gripping, put together with lethal, formal brilliance, with bizarre setpieces of sentimentality and nauseous black comedy. It has its own miasma of anxiety and evil, taking place in a universe of fear, a place of deep-sea unreality in which you need to breathe through special gills – and through which the action swims at about 90% of normal speed through to its chilling conclusion. It is a kind of hallucinated tragi-exploitation shocker, an enriched uranium cake of pulp with a neon sheen.
-
Jochen:
Bücher wie Shopclass as Soulcraft (deutsche Übers.: Ich schraube, also bin ich) bieten eine faszinierende Mischung aus Handbuch, Thriller, philosophischer Reflexion und kritischer Zeitgeist-Analyse. Fehlt nur noch die Erotik. Lese hierzu Han: Agonie des Eros. Aber nichts, das sich nicht ändern liesse … – es wird noch einiges passieren im nächsten Jahr. Hauptsache, der BVB liefert – auch für unsereins – gewinnbringende Ergebnisse und 96 findet einen ebenbürtigen Slomkaersatz.
-
Uwe:
Und an der VHS belegen wir dann alle den „Backen Ohne Mehl“ Kursus.