Um die Mittagszeit auf einer Bank am Kanal: im herbstlichen Sonnenlicht kurz verweilend, im Rücken das Naturschutzgebiet. Den Blick erst übers Wasser auf die Hafenkräne und Container mit der Aufschrift „Hamburg Süd“ gerichtet, dann das über dem Kopf sich vollziehende Schauspiel ziehender Kraniche beobachtend, öffnet sich plötzlich etwas. Sich vornehmen, fortan beständiger Zeuge zu sein und Botschafter der magischen Kraft kontemplativer Zustände, ohne die wenig geht: denn sie garantieren die Fähigkeit zur Abstandnahme, den kreativen Zufluss von Nichts und bringen wieder Spiel ins Getriebe. Zuhaus auch gleich den Sloterdijk aus dem Regal geholt (aus der Apotheke filosofischer Vitamine), in Streß und Freiheit geblättert, das die Ambivalenz zwischen Liberalitätsdrang und gesellschaftlichem Engagement thematisiert. Von Becketts Eleutheria ist dort die Rede und von Rousseaus beschaulicher Fahrt auf dem Bieler See in seinem fünften Spaziergang. Ein ergoogeltes Gedicht von Nietzsche aber, mit dem Titel Sils Maria, bringt das Phantom der Öffnung in aller Kürze auf den Punkt:
Hier saß ich, wartend, wartend, — doch auf Nichts,
Jenseits von Gut und Böse, bald des Lichts
Genießend, bald des Schattens, ganz nur Spiel,
Ganz See, ganz Mittag, ganz Zeit ohne Ziel.Da, plötzlich, Freundin! wurde Eins zu Zwei —
— Und Zaratustra ging an mir vorbei …