Samstagmorgen ist Kaffeehauszeit. Fragen Sie mal Tony Levin. Auf ausgedehnten Tourneen hat der Meister des Bassspiels (King Crimson, etc) von früh an die Gewohnheit entwickelt, in jeder Stadt den besten Espresso ausfindig zu machen. So lernte er die Cafes der Welt kennen, zwischen Los Angeles und Prag, zwischen Dortmund (Cafe Flayva) und Paris (Le Strada).
Als ich mich in die Vieux Rue du Temple begab, auf den Spuren von Tony, dachte ich, der Name des Cafes sei eine Hommage am Fellinis Strada, aber, nein, eine legendäre Kaffeemaschine sollte damit geehrt werden. Die Maschine im Laden selbst ist ein etwas einfacheres Kaliber, genügt aber ebenfalls höchsten Ansprüchen.
Wer bei „trip advisor“ im Netz nachschaut, erfährt, dass dieses kleine Cafe im Marais beste Noten vom laufenden Publikum erfährt, nicht zuletzt das „Breakfast for Champions“, das ich mir auch gegönnt habe. Der Toast war grossartig, allerdings etwas zu grossflächig ausgelegt für die gute, selbstgemachte, aber extrem sparsam dosierte Marmelade. Im übrigen habe ich mich dort sehr wohlgefühlt, und leicht kommt man dort ins Plaudern mit den Pariskundigen Angestellten.
Samstagmorgen ist Kaffeehauszeit. Heute, in aller Früh, ein grosser köstlicher Cappuccino bei Bagels & Beans in Aachen, mitgebracht hatte ich die neueste Ausgabe des einzig wahren Fussballmagazins, „11 Freunde“, sowie den wunderbaren neuen Roman „Joyland“ von Stephen King (manchmal schreibt er auch richtig gute Bücher!). Aber bevor ich dazu kam, mich auf das eine oder andere einzulassen, stolperte ich über ein langes Interview in der FAZ mit dem Songschreiber und Autor Georg Ringswandl. Und ich hatte grossen Spass beim Lesen, offensichtlich ein herzerfrischender, guter Typ. Hier eine Passage über Musik, Perfektion und Sex, die mir aus der Seele spricht:
„Sie sagten einmal, als Arzt seien Sie geradezu nervtötend pedantisch gewesen. Ist Ihnen dieses Streben nach Perfektion als Musiker fremd?“
„In der Medizin hat das Streben nach Perfektion große Vorteile: Der Patient kann froh sein, wenn der Doktor kein Schlamper ist. Aber in der Musik tötet Perfektion in der Regel die Atmosphäre – ähnlich wie im Liebesleben, wo die reine, klinische Schönheit nichts besonders Anziehendes hat, zumindest nicht für mich. Ich bin auch sicher, dass sich die beste Erotik nicht bei den Schiffers und Klums dieser Welt abspielt. Stattdessen registriere ich eine enorm vitale Sinnlichkeit im verschlampten Bereich: Wenn zum Beispiel im Supermarkt eine verschwitzte, leicht angejahrte Jugoslawin im billigen, verschmierten Schurz das Regal einräumt, kann das eine umwerfende animalische Qualität haben.“