„At Home“. Der Klavierspieler geht spät abends regelmässig ins Dachgeschoss, das Fenster geht zum Fjord. Da steht sein Flügel, das Nachtmöbelstück par excellence. Spärliches Licht. Es ist 1996 oder 1997, Jahreszahlen bedeuten wenig in diesen „blauen Stunden“. Mikhail Alperins radikalstes Werk! Die Kargheit dieses Solo-Piano-Albums ist kaum zu steigern, und dass den Stücken so viel Gesang innewohnt, ist das schöne Paradox! Alles, was Effekt ist, Ausschmückung, Triumph, ist verschwunden. in ihrer Reduziertheit, ihren aus wenigen Klängen entwickelten Essenzen führt die Musik jazznahe und jazzferne Traditionen fort; man kann At Home in einem Atemzug nennen mit dem Sparsamsten von Paul Bley (Open, to Love), dem Pausenreichsten von Erik Satie, dem Minimalsten von Dennis Johnson. Man kann dieses Werk der Stille in seiner Rigorosität mit Thelonious Monks Alone In San Francisco vergleichen, dieser weltverlorenen Träumerei in einem leeren Ballsaal, oder auch mit Keith Jarretts The Melody At Night With You, diesen Destillaten von Melodie und Atem. Wenn ich im September Jan Bangs so kompromisslos auf leisen Sohlen wanderndes Werk Narratives from the Subtropics in meiner Nachtsendung spiele, wird ein Stück aus At Home wie ein nahes, fernes Echo klingen. Leerstoff.
2013 15 Juli
Heimspiel in einem vergangenen Jahrhundert
von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Tags: ECM | 3 Comments
3 Comments
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radiohoerer:
Micha, auf deinen Tip hin, hatte ich mir ‚At Home‘ gekauft und es ist seitdem eine meiner absoluten Lieblings CD’s. Und Nachts wird es dann richtig magisch. Toll und wahr, was darüber schreibst. Danke!
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Michael Engelbrecht:
Ja, und als ich eine PromoCD der neuen Arbeit von Jan Bang hörte, fiel mit als erste, unbeabsichtigte Seelenverwandtschaft, AT HOME ein.
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radiohoerer:
Dann freue ich mich schon mal vor, auf Jan Bang.