Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Juni 2013

2013 25 Jun

Abgebrannt

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Wer an sich selbst das zunehmende Fehlen eines Nachklangs von Erlebnissen feststellt und heute schon vergessen hat, was erst gestern war, so als gäbe es nur eine ad hoc abgespulte, traumlose Gegenwart im Rhythmus von leidlichem Schlaf und getriebenem, überfordertem Wachsein, der mag sich in dem wiederfinden, was der Philosoph Byung-Chul Han schreibt, in seinem Duft der Zeit, oder dem e-book Bitte Augen schließen. Auch der Titel eines Buches des Frankfurter Schriftstellers Wilhelm Genazino bringt es auf den Punkt: Das Licht brennt ein Loch in den Tag. Der Erzähler dieser Geschichtensammlung ist beunruhigt, weil sein Gedächtnis ihn zunehmend im Stich lässt. Er versucht Abhilfe zu schaffen, indem er wichtige Erlebnisse mündlich oder in Briefen Freunden erzählt, um sie sich eines Tages dann bei Bedarf „zurückerzählen“ zu lassen:

„Liebe Anne, dieser Tage hat eine kleine Spinne den Weg in unsere Zuckerdose gefunden. Ich wollte sie sofort entfernen, aber dann fand ich Gefallen an ihr. Es sah hübsch aus, wie sie die Gipfel der Zuckerwürfel erklomm und dann Ausschau hielt nach etwas. Sobald meine Hand über der Dose erschien, verschwand das Tier im Gewinkel der Würfel. Nach kurzer Zeit tauchte es wieder auf und setzte die Suche fort. Da durchzog mich die Ahnung, dass ich weder das Zu-Hause-Sein noch das Verschwinden jemals beherrschen werde. Nach einiger Zeit wurde der Spinne das Herumsteigen zwischen den Zuckerwürfeln vielleicht langweilig; oder sie flüchtete sich vor dem Schatten meiner Hand über ihr. Jedenfalls erklomm sie den Dosenrand und verschwand quer über den Tisch. Ich sah ihr nach und dachte: Es gibt keine Flucht, keine Rettung und kein Heil, es gibt nur das Versteck und auch dieses nur vorrübergehend. Der Satz galt der Spinne, aber er beschwichtigete zugleich meine Ahnung. Würdest Du mich (bitte wörtlich) an ihn erinnern, falls ich eines Tages, wer weiß, die Geborgenheit unserer Wohnung überschätze oder mich nicht mehr an die Fehlgeborenheit aller Lebewesen erinnere? Ich hoffe, es geht Dir gut! W.“

2013 25 Jun

Any Decent Music

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„Since we’ve been around, that is. So, the highest-rated albums from the past four years or so.“ This says the webiste anydecentmusic.com that collects reviews in the wide field of pop and rock music. What you can learn by this list, is that records that get quite or very controversial reviews won’t count among the best, they have to surrender to „the big common sense factor“. Just have a look …

8.9 Frank Ocean Channel Orange 8.9 Deafheaven Sunbather 8.9 Anaïs Mitchell Hadestown 8.8 Kanye West My Beautiful Dark Twisted Fantasy 8.7 PJ Harvey Let England Shake 8.7 My Bloody Valentine mbv 8.6 Ry Cooder Pull Up Some Dust And Sit Down 8.6 Kendrick Lamar good kid, m.A.A.d city 8.6 Arcade Fire The Suburbs 8.5 Patty Griffin American Kid

So, the critically most acclaimed reviews have to be handled with extreme care and an extra meta-critcal point of view. With all due respect, I do only love the Frank Ocean- and the PJ Harvey-albums. Arcade Fire, for example bores me to death with their „Suburbs“- record, Ry Cooder’s „Dust“ is far from being a highlight of his career, the new My Bloody Valentine-cd is a rather mixed pleasure – and tomorow I will have an intense listening session with the death metal-excursions of Deafheaven, hope the neighbours won’t call the police!

2013 24 Jun

This year’s edition of the Kristiansand Punkt Festival

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At first sight, this year’s program looks like „classic Punkt“ (and, yes, it is „classic Punkt“): well-known faces who’ve been around for six, seven or even eight years, familiar line-ups, the old live-remix dream teams etc etc – but then, the surprises are in the details (and some really new names). Of course, as Punkt-people know, even the same faces never promise the same show. So, the old idea is still growing, and the forthcoming new records of Arve Henriksen (on Rune Grammofon) and Jan Bang („Narrative from the Subtropics„, on Jazzland) will prove the point. And who, by the way, is DJ Olle Abstract?! The new installment of DJ Strangefruit? The performance of a Manafonista with a collection of weird drone music and Detroit Techno of the first hour mixed with some Rune Grammofon strangeness? Fact is, you can join the festival and talk with two Manafonistas at least, Henning & me, and, if the world doesn’t stop turning, the infamous „piano trio lover“ John Kelman will be part of the show, and Fiona Talkington, no doubt, illuminate the stage. (me)

 

PUNKT 2013 PROGRAMM

Friday September 6th

12:00-15:00 Punkt Seminar

17:00 Tigran Hamasyan / Jan Bang
17:50 Live Remix: Ivar Grydeland

19:00 Mariam The Believer
19:50 Live Remix: Mathias Eick / Erik Honoré

21:00 Arve Henriksen / Jan Bang Double Release Concert
w/Erik Honoré / Eivind Aarset / Ingar Zach / Stian Westerhus
22:00 Live Remix: Vladislav Delay
 
Saturday September 7th

12:00-15:00 Punkt Seminar

17:00 The Kilowatt Hour: Stephan Mathieu / David Sylvian / Christian Fennesz

18:30 Live Remix (of The Kilowatt Hour): Sidsel Endresen / Jan Bang / Erik Honoré

20:00 Bugge Wesseltoft
20:50 Live Remix: Rolf Wallin / Jan Bang / Erik Honoré

22:00 Stian Westerhus
22:50 Live remix: Maja Ratkje

23:30 DJ Olle Abstract
 
Sunday September 8th

17:00 Eténesh Wassié / Mathieu Sourisseau
17:50 Live Remix: Audun Kleive

19:00 Eivind Aarset ”Dream Logic”
19:50 Live Remix: Arve Henriksen

21:00 Nils Petter Molvær & Moritz von Oswald “Transition”
21:50 Live Remix: Vladislav Delay

Just listen

Musik von Pan American, Stephan Mathieu, Boards of Canada; Oregon, Pat Metheny; Mariana Sardovska, June Tabor.

 

 
 

Kennt ihr das faröische Schiffsunternehmen Smyril Line? Zum Preis von ca. 250 Euro fährt es Dänemark und Island an, in einer Art Dreieck, mir den Häfen Hirtshals, Torshawn und Seydisfjordur. Etwa zwei Tage ist man, wie anno tobak die Wikinger, sehr dicht am Polarkreis unterwegs, und erlebt während der Fahrt eine atemraubende Natur. Für diesen Trip müsst ihr allerdings erst in den Norden Dänemarks nach Hirtshals reisen. In Deutschland und England gibt es meines Wissens keinen Abfahrthafen. Fährt man mit dem Auto durchs dänische Nordjütland, auf dem Flüsterasphalt, gibt es unterwegs imposante Heide- und Dünenlandschaften, und riesige weisse Sandstrände. Unterwegs, speziell auf dem Meer, habt ihr so vieles zu sehen, dass kaum Zeit bleibt, sich zwischen zwei Buchdeckel zurückzuziehen. Einer der Kapitäne, Nils Renkensmoor, hat im kleinen hölzernen Bordrestaurant ein feines Soundsystem installiert, und da kann man unterwegs ausgewählte Schmachtfetzen hören, wie Pink Floyds „Echoes“ (das macht doch Sinn!), und – ein Faible von Renkensmoor und etwas bizarrer – französische Chansons von Gilbert Becaud und Francoise Hardy, sowie „The Best of Al Green“. Allerdings läuft diese Musik nur nachmittags, zur Teestunde. Okay, die Renkensmoor-Geschichte ist erfunden, der Rest dafür umso wahrer. Anybody wants to join?
 
Zur Buchung: www.smyrilline.de

2013 22 Jun

Sancho und die Zeit

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Foto

 

 

Hundegebell kommt in der Popmusik nicht besonders oft vor. Mir fällt da eigentlich nur ein kurzes, weltverlorenes Gebell ein, aus dem Album HEROES von David Bowie. Auf der ruhigen Seite, mit MOSS GARDEN und NEUKÖLN, spielt Bowie nicht gar eine Koto, während der Hund Laut gibt? Sancho, der Spanier, ist nicht besonders musikalisch. Mittlerweile zudem schwerhörig. Jetzt plagt er sich mit Milben rum, und letzte Woche erlitt er aufgrund einer Medikamentenunveträglichkeit einen Schwächeanfall. Oder war es eine Nebennierenrindenkrise? Das war besorgniserregend, drum stellte ich ihn mal, in einer anderen Stadt, einer neuen Tierärztin vor, die ich vor 25 Jahren so gut kannte, dass ich mr ziemlich sicher war, dass sie eine richtig gute sei, und auch mit dem Herzen bei der Sache. Einen Ruf zur Uni hatte sie abgelehnt, weil sie schlicht eine Praxis leiten wollte, und nicht in der Welt der Forschung verbleiben. Sie erinnerte sich, wie wir damals (Frank Mill kickte noch für Borussia, Umberto Ecos DER NAME DER ROSE war unlängst erschienen) nach Köln fuhren, um Leonard Cohen zu sehen, aber keine Karten bekamen. As time goes by … – aber Sancho behält die Ruhe, entspannt sich, und verharrt in reiner Gegenwart. Zeitreisen bleiben den menschlichen Zweibeinern vorbehalten, erst das Klassentreffen, jetzt Dörte, demnächst Neil Young.

2013 21 Jun

Das ewige Trio

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Seit nunmehr dreissig Jahren besteht das Keith Jarrett Trio (mit Gary Peacock am Bass, und Jack DeJohnette am Schlagzeug), das mit einigen Veröffentlichungen (Standards, Vol. 1 and 2, Changes, Changeless) Meilensteine des Piano-Trio-Jazz geschaffen hat. Aber mittlerweile ist diese, von wohltuenden Ausflügen in den Freien Jazz unterbrochene, permanente Abarbeitung amerikanischer Jazzstandards ein, gelinde gesagt, zweischneidiges Schwert: denn in eine hochgradige Kunstfertigkeit mischt sich mit den Jahren unüberhörbare Routine. „Somewhere“ heisst das neue Album. Und es ist keine Offenbarung. Wenngleich Jarrett wohl nach wie vor (irgendwo muss der Antrieb ja herkommen) von der ultimativen Fassung von (zum Beispiel) Body and Soul träumt, ist dieses langwährende Projekt, allen historischen Meriten zum Trotz, gründlichst, fast schon obsessiv, dokumentiert. Das bedeutet nicht, dass man sich nicht weiterhin erfreuen kann (mich erfreut es nicht mehr!), an der Art wie, einmal mehr, Miles Davis‘ Solar neu erkundet wird, und es ist immer noch faszinierend, wie ein Standard – in diesem Fall Leonard Bernsteins „Somewhere“ – in einen dieser typisch Jarrett’schen Trancetänze mutiert, die man schon aus seiner Frühzeit im Charles Lloyd Quartett kennt. Irgendwie beschleicht einen dennoch das Gefühl, in einer Zeitschleife gefangen zu sein. Auch die Exstase kennt Rituale, und auch die wildesten Ausflüge folgen zuweilen einer vertrauten Route. Ach, wie unerhört wäre es, Jarrett würde seine auch schon ewig währende Abneigung gegen elektrifizierte Instrumente überwinden, und etwas so Tollkühnes wie ein Fender-Rodes-Piano-Soloalbum in Angriff nehmen!

About a quarter of the way through Neil Young’s concert at London’s 02 arena on Monday, he decided to visit the gates of Hades. As post apolcalyptic wind blew pieces of paper across the stage and lights flashed threateningly, he huddled with members of Crazy Horse to hand-beat guitar strings and conjour feedback in a cacophony of heavy-metal-meets-prog-rock-meets-garage-band.

It went on for 10 to 20 minutes – anarchically excruciating, yet strangely adventurous. But not what many of the people expected or sought. And therein lies the problem – there are (at least) two Neil Young’s – one who is the Americana god of „Harvest“, the other who likes to get down and rock.

Cheerio, Neil, get down and rock and let the walls come tumbling down, in Cologne next month!

2013 20 Jun

„A silent hurt“

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2013 20 Jun

Obsession

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There is a fine line between devotion, enthusiasm, love, single-mindedness, passion and obsession and this line is in a constant state of flux – until it makes that fateful shift – usually with conviction (and often irrevocably) – and encircles the subject in a single hypostasised category „cell“ where there is no disguising the emotion or state any longer and little chance of recourse or redemption. Yuka Honda captures this initial nascent, throbbing, latent state in „I Dream About You“ from her 2009 album Eucademix. The song is sung by Miho Hattori (I believe) from the perspective of a female subject to the female object of her burgeoning desire – the refrain „I dream about you“ is incanted over a monotonous electronic backdrop – occasionally interspersed with more elaborated semi-spoken narrative and snatches of dialogue from a European movie of indeterminate identity or content – save that it is suitably „moody“ and ominous. The ambiguity of the line „I dream about you“, that is alluded to in the song’s opening reference to the „little moment between twilight and night“ – is perfectly framed by the music, by the singer´s tone and by the paucity of detail. When we are focused – however healthily or unhealthily on an object of adoration – words are usually superfluous – and when we hear the line repeated again and again, each iteration is inflected with a different hue – Love? Sexual desire? Anodyne admiration? Tender affection? Venal obsession? Any interpretation could be possible. The narrator reveals how she meets the object of her passion three weeks earlier, when „She gave me a sweet smile – the kind I call sublime“. This word is most apposite as, Mona Lisa-like, it embodies the ambiguity and latent quality that exists at the heart of all change. Limus – „oblique“ and Limen – „threshold“ – words that it may derive from, signal that line which initially can crossed from moment to moment until something will happen that drives us to cross it without hope of return. Was the smile genuine? Was it a come-on? Was it a guarded, resigned defence put up instinctively in reaction to an encounter felt to be sinister? The great thing is we will never know. The song will remain forever in this unfinalisable state.


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