Manafonistas

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Bei google/maps können Sie sich ja mal die Gegend anschauen: Bambush 69,
B-4850 Moresnet
ist die genaue Adresse des belgischen Restaurants Le Gregalin. Allerdings sollte der deutsche Neuankömmling die Strasse, die direkt vor der kleinen Eingangstür liegt, sorgsam beachten, denn mit 70 km/h, und oft weitaus schneller, flitzen die Autos vor der eigenen Nase vorbei.

 
 
 

(direkt am Restaurant aufgenommen, die schmale Strasse im Visier)
 
 
Hinter dem altem Mauerwerk verbirgt sich ein elegant-minimalistisches Ambiente. Und noch besser, eines der besten Restaurants der Region. Die Zwei, die den Laden schmeissen, sind freundlich, wechseln spielend zwischen den Sprachen der belgischen und deutschen Gäste. Das Essen ist fantasievoll, ohne überkandidelt zu sein. So ass ich heute eine gegrillte Wassermelone mit Roquefort und Chorizo, hauchdünn geschnittenen Salamischeiben. Eine leicht erwärmte Wassermelone mag an heissen Tagen ein Stirnrunzeln auslösen, das aber von dem Erlebnis dieser besonderen Zusammenstellung Lügen gestraft wird.
 
 
 

(die gegrillte Wassermelone im Gegenlicht)
 
 

Bin ich dort allein, nähern sich mir fortlaufend gute Gedanken, die vom Genuss kühlen stillen Wassers noch an Klarheit und Kontur gewinnen. So kam ich von einer Sekunde zur andern darauf, wie in meiner nächsten Ausgabe der Klanghorizonte, am 22. Juni, das Flair einer alten Zeit (Maria Sardovska, June Tabor, Stephan Mathieu) und die Klangfantasien dystopischer Gegenwarts- und Zukunftsräume (Boards of Canada, Pan American) einander Spiegel sein können.

Es funktioniert mit Fragmenten alter Gitarrendröhnungen, architektonischen Sichtungen in einem alten modernen Amerika anno 1960 inklusive glasverspiegelter Flughafenareale – und mit „vergrabenen Stimmen“. Das schottische Duo von Boards of Canada muss jedemfalls in der Abteilung „Library Music“ geforscht , und dabei allerlei Stimmenexotika ans Licht gefördert haben, die sie auf ihrem neuen Album „Tomorrow’s Harvest“ raffiniert verfremden.

Und Stephan Mathieu lässt seinerseits auf seinem fantastischen Album „Un Coeur Simple“ neben Rauschklangerfahrungen der feineren Art auch manche geliebte alte Klangquelle ertönen, so die Aufzeichnung eines belgischen oder französischen Chores, der sich in den Zwanziger oder Dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts eindrucksvoll um ein Liebeslied von Monsieur Dufay gekümmert hat. Mathieu lässt diese Rarität erklingen, um sie allmählich in alle Windesrichtungen aufzulösen, zu zerstäuben! Das Gespenstische solcher Vokalbearbeitungen (bei Boards of Canada wie bei Stephan Mathieu) erlaubt solche Verwirbelungen der Zeit.
 
 
 

(Le Gregalin von vorne, vom Parkplatz aus)
 
 

A propos Verwirbelungen der Zeit: schon öfter wurde Chefkoch Gregory gebeten, einen Ring im Dessert zu „verstecken“, damit bei einem stilvollen Ambiente im Gregalin ein Heiratsantrag gemacht werden konnte. Montags und Dienstags hat Le Gregalin übrigens geschlossen. Die Küche ist von 12.00 bis 14.00 Uhr und von 18.00 bis 22.00 Uhr geöffnet. Sonntags heisst Sie der feine Laden von der Mittagsstunde an durchweg willkommen, es empfiehlt sich eine telefonische Reservierung.

This entry was posted on Samstag, 8. Juni 2013 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

4 Comments

  1. Michael Engelbrecht:

    Stephan Mathieu, vom Schlagzeuger zum Elektroakustiker gewandelt, hat eine besondere Vorliebe für alte Instrumente und obsolete Medien wie Grammophone und Wachszylinder, eine Leidenschaft, die er etwa mit dem Labelkollegen Ethan Rose teilt. Auch Felicité, Hauptfigur von Flauberts Erzählung “Ein schlichtes Herz”, für deren Theaterfassung am Saarbrücker Staatstheater er vorliegende Musik schrieb, eine vom Leben vergessene Dienstmagd in der bornierten französischen Provinz des frühen 19. Jh., liebt und sammelt Altes und Abgelegtes, in dem verflossene Träume die Zeiten überdauern. Eine Figur naiver spritueller Transzendenz, die auch einem Film Bressons entspringen könnte: Mathieu fängt sie in seinen warm glühenden, schwellenden, ätherischen Drones wunderbar auf; windspieliges Klimpern oder alte Gesangsaufnahmen werden darin zu Großereignissen, die das Einerlei ihrer Jahre punktieren und ihre selbstverlorene, todtraurige Glückseligkeit unterfüttern, ohne je ins Bebildern zu geraten. Perfekt. (Aus: DE: BUG)

  2. Michael Engelbrecht:

    This unsettling aura permeates much of Tomorrow’s Harvest. Music Has the Right to Children and 2005’s disappointing The Campfire Headphase were redolent of northern fields and forests, but the artwork and videos accompanying the new album situate it in the American desert, specifically the secret landscape of atom bomb tests, peyote trips, religious sects and Area 51. The duo held the first listening party in an abandoned Mojave desert waterpark with the unimprovable name of Lake Dolores. (The Guardian)

  3. Michael Engelbrecht:

    Pan American’s new opus Cloud Room, Glass Room breezes in and out as if it was influenced by the temperate changes in the air. ‘Fifth Avenue 1960’ glides along without ever really changing – a fine thing. Any changes are subtle ones, notably in the light, electronic hush of a rhythm. Despite their ceaseless appearance, the drums never dominate; they too are quietly reflective, just hovering around. Ambient textures sporadically enter and then disappear, and while it’s true that there’s a clear sense of movement, thanks to the drumming, they aren’t the only reason for this feeling of speed and slow motion; passing things by at five hundred miles-per-hour, but seeing everything inch a little closer, whether it be at street level or at thirty thousand feet.

    A playful syncopation and the use of light brushes keep the pace flowing, relaxed and at ease. In ‘Laurel South’, airy electronic beats, minimal in nature, take over from the drum kit’s timbre, and lend a shady silver line along the coasting cloud. As if the day was a scorching summer day, silver metal wings can be seen to twinkle up above in the azure sky, over the East or West coast of America; where the surfers send little white lines over the deeper blue and the suburban style of the city – a Los Angeles or a New York City – breathes underneath the hi-hats, jazz-infused brush strokes and silenced snares. (Fluid Radio)

  4. Michael Engelbrecht:

    http://www.atelier-5.be/le_gregalin_d.html


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