Manafonistas

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2013 20 Mrz.

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (38)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | 2 Comments

Am 25. März müssen wir nach über zwanzig Jahren von den montäglichen Live-Klanghorizonten Abschied nehmen. Grund genug einmal etwas zurückzuschauen. Am 29.Dezember 1991 habe ich meine erste Sendung mit Michael Engelbrecht im Radio gehört. Empfangen konnte man damals den DLF im Raum Tübingen nur terrestrisch und das auch nur mit erheblichem Grundrauschen. Die Sendung Klanghorizonte begann damals um 00:05 Uhr am Montag und beanspruchte volle zwei Stunden. Klar, dass eine zweistündige Sendung anders aussehen konnte und musste als eine einstündige. Sehr oft wurden zum Beispiel lange Stücke gespielt. Für mich als Hörer, der ich von Beginn an die Klanghorizonte ungeheuer schätzte und keine Sendung verpassen wollte, stellte sich damals ein technisches Problem. Bis zwei Uhr die Klanghorizonte zu hören, das war mir nur in den Ferien möglich, sonst hatte ich an Werktagen um 5:45 Uhr aufzustehen, was bedeutete, dass ich mindestens die zweite Stunde der KH in der Regel aufnehmen musste. 1991 stand dem Musikliebhaber ein Kassettenrecorder – natürlich mit Timer-Funktion – zur Verfügung und Kassetten mit einer Höchstlaufzeit von zweimal 60 Minuten. Ganz empfindliche Kassetten waren das, die sehr häufig einen Bandsalat verursachten. Zwei-Stunden-Sendungen aufzunehmen, das war erst mit der Einführung des DAT-Recorders ohne größere Probleme möglich oder aber man griff auf die gute alte Bandmaschine zurück, zum Beispiel einem UHER-Royal-Tonbandgerät, schloss das Gerät an eine Zeitschaltuhr, stellte die Maschine auf Aufnahme und schon konnte es losgehen.
Zurück zu meiner ersten Sendung mit Michael Engelbrecht, dessen zweite Stunde ich tatsächlich mitgeschnitten habe und das entsprechende Band auch noch besitze. Gleich in dieser Sendung konnte ich Musiker hören, die mich in all den Jahren der Klanghorizionte begleiten sollten. Michael spielte in der zweiten Stunde zunächst Michael Brook: Sleep with the fishes. Wunderbare Musik!
 
 
 

 
 
 
Dann wurde Robin Holcomb mit ihrem Album Robin Holcomb aufgelegt. Begleitet wird die Sängerin auf dieser Platte von Wayne Horvitz, Bill Frisell und seiner Band. Eine tolle LP, die ich mir dann auch umgehend besorgt habe. Michael wählte das Stück Hand me out all stories aus. Später veröffentlichte Robin Holcomb dann so wunderbare Platten wie Todos Santos, wiederum mit Wayne Horvitz, dann aber auch mit Butch Morris, Robert Previte, Doug Wieselman und wiederum Bill Frisell oder Larks, They crazy mit Doug Wieselman, Marty Ehrlich, Wayne Horvitz, David Hofstra und Robert Previte.
 
 
 

 
 
 
Auf Robin Holcomb folgte die Bill Frisell Band mit ihrer Platte Where in the world, Michael wählte das Stück Child at heart aus. Und auch Bill Frisell sollte ein treuer Begleiter durch viele Klanghorizonte werden.
In dieser letzten Sendung des Jahres 1991 erinnerte Michael daran, dass zum Ende des Jahres eine Menge Re-issues erschienen seien, herausragend in diesem Bereich sei die die Veröffentlichung einer Vier-CD-Box von King Crimson. Robert Fripp habe ganze Arbeit geleistet und die alten Aufnahmen ausgezeichnet remastered. Das Stück Epitaph folgte.
 
 
 

 
 
 
Den Schlusspunkt setzte dann die Gruppe Soft Machine. Michael Engelbrecht sagte, das Stück, das jetzt folge, sei eines seiner Lieblingsstücke und auch sein Kollege aus der Literaturabteilung des DLF, Hajo Steinert, würde dieses Stück zu seinen Favoriten zählen. Die Rede war von Moon in June aus der 1970 erschienen LP Soft Machine Third. Und auch Robert Wyatt, der Sänger dieses Stückes, sollte noch eine wichtige Rolle in den folgenden Jahren spielen. Eigentlich wurde jede seiner Veröffentlichungen in den KH angemessen gefeiert.
 
 
 

 
 
 
Ja, und dann gab es eben in dieser Nacht von Sonntag auf Montag in der Regel nur Live-Sendungen Das waren Sendungen, in denen auch mal etwas schief gehen durfte. Mal war der CD-Player kaputt, die CD ließ sich nicht abspielen oder wir Hörer durften einen Versprecher des Moderators brüllend vor Lachen miterleben. Abenteuerlich auch, wenn Michael auf dem Weg ins Funkhaus im Schnee stecken blieb oder aus Krankheitsgründen nicht nach Köln kommen konnte. Dann musste das Band mit einer Ersatzsendung, für solche Fälle stets in Reserve gehalten, aufgelegt werden. All das machte den Charme einer Livesendung aus. Schade, dass all das jetzt vorbei ist, schade auch, dass der gewohnte Termin gestrichen wurde und wir jetzt vollends nur mit dem Aufnahmegerät arbeiten können, denn die KH laufen ab April nur noch in der Nacht von Freitag auf Samstag  um 4:05Uhr. Und mit welchen Sendungen erfreut uns die Programmdirektion des DLF ab April in unserer gewohnten Nacht von Sonntag auf Montag? Hier ein Vorgeschmack: Kultur vom Tage, Interview der Woche, Essay und Diskurs, Kulturfragen, Debatten und Dokumente, Zwischentöne, Musik und Fragen zur Person, Radionacht Information. Na denn!!!
Und, Michael, tausend Dank für so viele Livesendungen am Montag um 00:05 Uhr bzw. 01:05 Uhr … muss auch mal gesagt werden …

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2 Comments

  1. radiohoerer:

    hallo gregor,

    und schön das du deine erinnerungen aufgeschrieben hast. ich werd mal schauen, wann es bei mir mit den klanghorizonten unter michael los ging … das ist auch schon lang lang her …

  2. radiohoerer:

    … ich hab noch etwas mehr geschrieben …
    seht dazu beim radiohoerer nach.


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