Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Februar 2013

Comparing the recording process of ATOMS FOR PEACE to the way jazz music was made, Godrich said: „I think of ‚In a Silent Way‘ (Miles Davis‘ 1969 album). Adding: „It’s that thing of creating interaction between people and then editing that whole thing to create dynamics, you know? It’s weird – it ended up being sort of [a process of] interacting as much as we could do that, and we were thinking about things in very much a jazz way in terms of using edits and big blocks of music to create arrangements.“

Godrich went on to elaborate on the sound of ‚Amok‘, offering up an insight into the „blurring“ of electronic and organic instrumentation.

„It’s supposed to blur the line between what’s generated electronically and what’s generated by a human being, no matter if it sounds organic or electronic or whatever. In an ideal world, I think it’s true to say there are things on the record that sound like machines that are actually people and there are things that sound like real sounds that are actually machines. But the real thing is just to get the combination that works.“

Ich sitze gerade im Koço, einem alten Fischrestaurant auf der asiatischen Seite an der Spitze der Modahalbinsel. Der Blick geht von der Terrasse auf den Yachthafen von Fenerbahçe. Es ist eine Herausforderung, im grössten Trubel eine Art Seelenruhe zu üben, dabei hilft mir ungemein Nick Cave’s PUSH THE SKY AWAY, gerade wenn ich durch die Gassen streife und den Duft der Märkte einatme (habe heute meinen Obst- und Fischtag).

Eine laszive Atmosphäre schlängelt sich durch die Lieder, Szenarien, in denen sich Unheimliches und Sehnsuchtsvolles gefährlich nah kommen. Wenn man hier in der wogenden Stadt den Geschichten des Mannes von der Südküste Englands lauscht (Nick Cave lebt seit Jahren in Brighton), überlagern sich zwei Horizonte, und Istanul erlebe ich wie durch einen Traumschleier.

Mein Kumpel aus Manchester hat mir inzwischen – ein echter Vertrauensbeweis – das neue Bowie-Album gebrannt, und ich habe es gestern Nacht auf meinem Balkon, mit dickem Mantel und köstlichem Raki, in voller Länge genossen. Der Berlin-Song, den alle kennen, ist keineswegs typisch, es kracht ganz trefflich, mancher Funk ist hart, und David Torn steuert verrückte soundscapes bei. „Heat“ ist ein besonders ergreifender Song.

Der Produzent Tony Visconti bemerkt dazu: „Well that’s the closer of the album and it’s very dramatic. And I’m not quite sure what he’s singing about on it, but it’s a classic Bowie ballad. He’s singing in his handsomest voice, a very deep, very sonorous voice. And I can’t give too much away about it because honestly, I don’t know exactly what it’s about, if it’s about being in a real prison or being imprisoned in your mind. Again, it’s certainly not about him; he’s singing as the voice of somebody.“

Und das war auch der „closer“ meiner Istanbul-Notizen. Rückflug vor den nächsten „Klanghorizonten“. Jetzt aber mal leben ohne Log und Blog und Tagebuch. Gerade ist kefal pilakiski auf meinem Tisch gelandet, eine Meeräsche, im Sud im Ofen zubereitet. Was Sie übrigens unbedingt probieren sollten, wenn Sie mal nach Istanbul kommen, ist lakerda, eine so schlichte wie umwerfende Köstlichkeit: in Salz eingelegter Thunfisch. Sollte meine Lieblingscafehauschefin im Cafe Flayva unbedingt mal auf die Speisekarte setzen. Es wäre ein überragender, herzhafter Snack!

2013 17 Feb

Fundstück

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Ist das hier eine Traum ähm Truman Show? Wie das Bruchstück eines Meteoriten, so fällt mit beim Spazierengehen etwas auf den Kopf: es ist keine Kamera, sondern ein MP3-Player. Verwundert hebe ich ihn auf, schaue in den Himmel, aber da ist nichts außer nebeliger Trübe. Sogleich schließe ich einen Kopfhörer an, den ich stets dabei habe, und höre in die folgende Musik rein: cEU,  Stefano Battaglia – Songways, Tocotronic – Wie Wir Leben Wollen, Keith Jarrett – Sleeper, Harold Budd – Bandits of Stature,  Screaming Headless Torsos – 1995, ma raabenstein – non039 mycroft quincunx, Tord Gustavsen Quartet – The Well, Eleni Karaindrou – Concert in Athens, Thomas Stanko – Wislawa, Chris Potter – The Sirens.  All das sind sehr ansprechende Klänge, bis auf die langweiligen Sirenen.

PS. Ein Songschnipsel war auch noch drauf …

….....…..…….…...…..…. Arve Henriksen: Solidification **** NACH EINEM BESUCH IM KLANGLABOR DES NORWEGERS FÄLLT DIR Stephan Mathieu and David Sylvian: Wandermüde ***1/2 VOR DIE FÜSSE WIE EIN METEORITENSCHAUER IN SUPERZEITLUPE UND Harold Budd: Bandits of Stature **** ERINNERT SICH DARAN WIE MAN MORTON FELDMANS ROTHKO STUDIEN MIT DER EIGENEN ERINNERUNG AN MONOCHROME WÜSTEN KOPPELT DIEWEIL Vinicius Cantuaria: Indio De Apartamento ***1/2 DEN BOSSA NOVA AN DEN RÄNDERN SCHÄRFT UND DER MUSIK DIE KUNST DER ANDEUTUNG BELÄSST WÄHREND Serafina Steer: The Moths Are Real ***1/2 IM ALTEN ENGLAND HARMONIEN SAMMELT FÜR NEUE FOLK LOVE UND GOODBYE SONGS ZEITNAH SCHWEIFT IN EINER ANDEREN ECKE ENGLANDS DER BLICK DES STOCKDUNKELROMANTIKERS Nick Cave and The Bad Seeds: Push The Sky Away **** ÜBER DAS MEER UND L. Pierre: The Island Come True **** KNÜPFT IN EINER TRAUMVERLORENEN WELT AN ALTE EXOTICA UND SÜDSEETRÄUME AN WÄHREND Charles Lloyd and Jason Moran: Hagar’s Song **** EINZELNE MOTIVE AUS GOD ONLY KNOWS DESTILLIEREN UND SO DER REINEN NOSTALGIE DEN GARAUS MACHEN ABER HÖREN SIE SELBST IN DEN KLANGHORIZONTEN AM 25. FEBRUAR ………………..……....…..……

Der Abend begann am Nachmittag mit dem Restaurant „360° İstanbul“. Vom Topkapı-Palast über das Goldene Horn bis zur St.-Anton-Kirche nebenan: hoch über den Dächern der Stadt wartete ein faszinierender Blick auf mich. Die gläserne Location, angesiedelt in einem Jugendstilbau, vermittelte mir endlich das Gefühl, in Istanbul angekommen zu sein. Der Blick konnte weit schweifen, sich dehnen, und zur Ruhe kommen.

Nach einem köstlichen Essen, zu dem unter anderem scharfe, gefüllte Lammrippchen gehörten, machte ich mich auf den Weg zu dem Club, in dem Eivind Aarset und Jan Bang autraten. Ich war recht früh vor Ort, drei fremde Blogleser hatten sich nach mir erkundigt – das funktioniert ja mit unseren Vorankündigungen! Der Mann aus Manchester war Istanbul-Insider, und versprach uns, bei Zeit, Lust und Laune, hinterher ein paar spezielle Ecken zu zeigen.

Das Konzert begann, es war so unendlich fein gesponnen, wie man sich das nach dem vielfachen Hören von Eivind Aarsets bislang grossartigstem Album, „Dream Logic“, nur erhoffen kann. Es gibt so viele Winkel, so viele doppelte Böden, die man in diesen Kompositionen neu aufsuchen kann, ohne von Dejavues überrumpelt zu werden. Hinterher wollte ich eigentlich „backstage“ sein, und die Überraschung auf den Gesichtern der Zwei sehen (im Publikum hatten sie mich nicht bemerkt, es war recht dunkel, und sie waren ganz versunken in den Fluss ihres Spiels). Aber dann blieb ich doch bei den Manfonista-Vertrauten hängen, und wir machten uns auf den Weg in die Nacht.

Wir landeten in einem der ältesten und besten Fischrestaurants der Stadt (so jedenfalls pries es Paul aus Manchester an). Es liegt weit oben am Bosporus, in der Bucht von Tarabya. Legendär sollen hier das Schokoladensoufflé und der gedünstete Seebarsch („llevrek buğulama“) sein. Und Paul lag auch damit wohl richtig, der gedünstete Barsch zumindest überzeugte mich voll und ganz (und das, nachdem ich vor Wochen noch den Dorade auf Lanzarote zu meinem liebsten Fisch gekürt hatte).

Wir sprachen zu viert (die Zeit flog) wohl stundenlang über Musik, Fussball, den Film „Die Quellen des Lebens“ – und indische Küche. Was die Musik betraf, waren die Jungs sowas von ausgeschlafen: der Zeitungsmann aus Freiburg schwärmte uns vor von gerade wiederveröffentlichten Aufnahmen des mir nur sehr flüchtig bekannten brasilianischen Songpoeten Marco Valle (?), Paul freute sich schon einen Ast ab in Erwartung der neuen Arbeiten von Thom Yorke (Atoms for Piece) und David Bowie (Paul ist im Musikbusiness, arbeitet für eine grosse Firma, und konnte sich schon in seinem „office“ die neue CD von Herrn Bowie anhören: der Daumen ging eindeutig nach oben).

Er erzählte uns auch von dem verrückten Cover, das schlicht das alte Foto von „Heroes“ hernimmt, und dann mit einem weissen Viereck sehr effektiv überklebt. Marcus gab sich als grosser Rune Grammofon-Fan zu erkennen, und er hatte schon mehrere Auftritte mit der ganzen Punkt-Bande aus Kristiansand erlebt (Jan Bang und Arve Henriksen als Duo, Eivind Aarset kannte er von einem Londoner Jon Hassell-Konzert).

Ich saugte die Geschichten des Trios auf, allesamt Musikliebende; besonders freut mich an solchen Gesprächen, wenn man infiziert wird für Klänge, die man gar nicht kennt, und bei denen man, bei Lichte besehen, mit der eigenen Begeisterung und Einfühlung in andere Gehörgänge (Vorsicht: Labyrinthe!) womöglich etwas zögerlicher umgehen sollte. Ich werde mir also eine Marco Valle(?)-Cd besorgen, und bin ich gespannt, was das Lächeln bedeutet, das dann über meine Lippen huscht. Denn lächeln werde ich so und so.

Später, zurück im Hotel, konnte ich noch nicht einschlafen. Ich nahm mir die Tomasz Stanko-Doppel-Cd vor, und hörte, während der Blick draussen die Hafengegend absuchte und an einem kleinen leuchtenden Fleck in der Ferne hängen blieb, einige Stücke an. Viele magische Momente, der alte Mann und seine Trompete ruhen sich nicht einmal aus, wenn der Klang zum reinen Seufzen mutiert. Ach, und diese Wildheit zwischendurch. Meine kleine Nachtmusik.

Das Fes Cafe in der Nähe des Grand Bazar gefällt mir ausgesprochen gut. Da ich vorher Freunden von BBC 3 von meinem Trip erzählt habe, wollen die unbedingt einen Konzert- und Stimmungsbericht aus Istanbul, was eine Herausforderung ist, da ich noch nie in dieser Stadt war, aber als Orts- und Sprachfremder sehr angetan bin von der Atmosphäre hier. Die Stadt pulsiert, und wenn es auch nicht so warm ist wie im türkischen Süden, habe ich hier eine erste Vorahnung vom Frühling bekommen. Der Kaffee ist so stark, dass ich hoffe, er steigt mir nicht zu Kopfe. Auf der Reise habe ich so etwas Altmodisches wie einen Discman dabei, und drei Cds: Nick Caves neues Opus, PUSH THE SKY AWAY, Tomasz Stankos WISLAWA, und Eivind Aarsets DREAM LOGIC. Freue mich auf das Konzert von Aarset und Bang im Borusan Club. Bis dahin schlendere ich durch die Gassen, werde frischen Ingwer kaufen, mit Caves „Jubilee Street“ in den Ohren hierhin und dorthin flanieren, eine Sightseeing Tour mache ich nicht, ich liebe die Randnotizen, das Unauffällige, die in keiner Weise benutzerfreundlich aufbereitete Gegenwart.

AMSONANZA, so heisst ein neues musikalisches Unternehmen in Amsterdam. Den Anfang machen zwei Duos, eins aus New York und eins aus Amsterdam. Aus New York: MARK FELDMAN (Violine) und SYLVIE COURVOISIER (Piano) mit Orphic Oracles. Aus Amsterdam: NIELS BROUWER (Gitarre) und MONICA AKIHARY (Stimme) vom Ensemble Boi Akih mit Circles In A Square Society. Ort des Geschehens: der wunderbare akustische Saal im Amsterdamer Goethe-Institut gelegen in der Goldenen Biegung der Herengracht (470).

Samstag, 16. Februar, 20:00. Für alle Musikliebhaber, die nicht in Istanbul sind, wohl aber zufällig oder nicht zufällig in Amsterdam, the place to be. Weitere Duos sind in der Planung … natürlich!
 
 
 
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2013 14 Feb

Too Much Rain

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Laugh when your eyes are burning
Smile when your heart is filled with pain
Sigh as you brush away your sorrow
Make a vow that it’s not gonna happen again
 

„This doesn’t really appear to be first class song poetry. But it is a first class song. The message is simple, stand up when you fall. I’m falling. The white wall before my eyes. Rock bottom. Everything’s gonna change. Okay, kitchen psychology. At the surface. The words gain value when you hear the singer performing them, crawling inside of them. It is one of my favourite Paul McCartney songs ever, and I won’t call this a guilty pleasure. I call it a living thing. Exists in every private hell. Everything is floating here, some distant Fab Four memories, a happy melancolic song. It’s from one of his best solo albums, „Chaos and Creation in the Backyard“.“ (Brad Matthews)

Wayne Shorter Quartet: Without A Net **** – ohne Netz, aber mit doppelten Böden, ungebändigter Jazz, destilliert aus einer Europatournee und einem grossen Auftritt mit dem Imani Wind-Ensemble, das kühnes Komponsieren und alten Pioniergeist eins werden lässt BLUE NOTE

Arve Henriksen: Solidification **** – grossartige Solo-Werkschau des norwegischen Trompeters und Multiinstrumentalisten auf 7 Schallplatten. Klangreisen zwischen japanischen Zen-Gärten und abgeschiedenen Kindheitsräumen, dazu ein Besuch im Klanglabor des Herrn Henriksen RUNE GRAMMOFON

Fire! Orchestra: Exit! **** – Mats Gustafsson inszeniert ein furioses Gebräu aus Free Jazz und Krautrockmotorik RUNE GRAMMOFON

Stefano Battaglia Trio: Songways – *** – fein schattierte Empfindungswelt, meditativ, unkitschig, mir persönlich dennoch eine Spurt zu weihevoll ECM

Charles Lloyd – Jason Moran: Hagar’s Song **** – Bewegende Hommage an die Ururgrossmutter und ihre mit Würde ertragene, tragische Vita, und lauter Evergreens, die verblüffend tief gehen, allerbeste Hausmusik aus Kalifornien! ECM

Tomasz Stanko & New York Quartet: Wislawa **** – ein Fuchs, der Pole in New York: erst denkt man das alles schon zu kennen, diese immer wiederkehrenden Balladen, dann aber greift der „flow“ auf den Hörer über, mit heiseren Sounds und wilden Tönen zwischendurch ECM

Wislawa (Promo)

“Die Strukturen seiner Stücke ändern sich laufend. Stanko beschleunigt und drosselt ansatzlos. Wo er eben noch mit elegischen, ans Herz gehenden Noten eine zarte, schlichte Melodie intonierte, strahlt er nun fanfarenartig gen Himmel, entlädt sich sein Spiel in heiserem Tongewusel. Nach freien, hoch energetischen Ausbrüchen aber lässt er sich immer wieder in die schwere slawische Melancholie zurück fallen, die ihm und seinen Landsleuten nachgesagt wird.” (S.Pakzad)

 

Mehr dazu und zu neuen Produktionen von Wayne Shorter, Charles Lloyd, Fire! Orchestra, Stefano Battaglia und Arve Henriksen in den JazzFacts des Deutschlandfunks am 15. Februar um 22.05 Uhr.


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