Gestern gab es im ZDF zwei Kriminalfilme. Lee Tamahoris „Im Netz der Spinne“ sprengt zwar keine Konventionen des Genres (wie einst etwa David Lynchs Blue Velvet), ist aber ein Musterbeispiel für einen klug inszenierten Thriller. Morgan Freeman garantiert ja fast schon allein eine gewisse Klasse, aber hier ist alles stimmig, jede Figur sorgfältig gezeichnet, die Drehungen der Geschichte wirken nie überdreht, der Film fesselt von vorne bis hinten.
Ganz anders die Schlaftablette, die vorher mit der Verfilmung von Nele Neuhaus‘ „Schneewittchen muss sterben“ verabreicht wurde. Ich kenne die Romane der Erfolgsautorin nicht (und das wird auch so bleiben), aber ich hoffe zu Ihrem Besten, dass die Handlung grob vereinfacht wurde. Wozu Valium, wenn das Fernsehen so einen Schmarren zur Prime Time auf die Bevölkerung loslässt? Die Rolle des Mörders gilt als Gelegenheit für altgediente Fernsehstars, mal besonders böse zu erscheinen. Die simple Regel, die mit lächerlicher Hartnäckigkeit angewendet wird: der Mörder ist immer der bekannteste Schauspieler. Hier war sofort klar: Ulrike Kriener ist die Mörderin. Wie doof muss man beim Casting sein, jede Spannung von vornherein mit einem sog. Top-Star zu torpedieren? Ich schätze Ulrike Kriener sehr, alte Ruhrgebietsnachbarin, aber in diesem tragikomischen Bauernstadl mit einer zu 100% bekloppten Dorfbewohnerschaft (vom traumatisierten Ex-Häftling über die traumatisierte Kommissarin bis hin zu einer Horde jugendlicher Vergewaltiger und sonstigen Zombies) wirkt nahezu jede Figur haltlos überzogen, nur der Kommissar fast schon wohltuend nichtssagend – die pathetische, plumpe Filmmusik war das I-Tüpfelchen auf den heissen Anwärter zum schlechtesten Krimi des Jahres.
Wäre da nicht vor Wochen „Mord an Bord“ gewesen, ein Tatort, der so grenzdebil war wie sein Titel. Schien der Film anfangs noch selbstironisch angelegt, und für einige Lacher gut, war Schluss mit lustig, als nach 15 Minuten der Mörder die Szene betrat, ich wusste es sofort – Friedrich von Thun (der mit Abstand bekannteste Schauspieler!) – hier als altersgeiler Sack, dem seine elegante Gattin aus Gründen, die man in der Kindheit des Drehbuchschreibers vermuten muss, ganz und gar ergeben war. Die notgeile Inspektorin lässt sich zwischendurch noch von einer zwielichtigen Figur vögeln, der Handlungsverlauf war so durchsichtig und platt, dass man sich schon fast nach dem grössten Langweiler der englischen TV-Kultur, Inspector Barnaby, gesehnt hätte.
Und so thront derzeit einsam über allem, die erste Staffel von „Homeland“ (Sat 1), und, nur knapp dahinter, die dänische Inspektorin Lund (ZDF). Es gibt noch Lichtblicke.