Ich sitze gerade im Koço, einem alten Fischrestaurant auf der asiatischen Seite an der Spitze der Modahalbinsel. Der Blick geht von der Terrasse auf den Yachthafen von Fenerbahçe. Es ist eine Herausforderung, im grössten Trubel eine Art Seelenruhe zu üben, dabei hilft mir ungemein Nick Cave’s PUSH THE SKY AWAY, gerade wenn ich durch die Gassen streife und den Duft der Märkte einatme (habe heute meinen Obst- und Fischtag).
Eine laszive Atmosphäre schlängelt sich durch die Lieder, Szenarien, in denen sich Unheimliches und Sehnsuchtsvolles gefährlich nah kommen. Wenn man hier in der wogenden Stadt den Geschichten des Mannes von der Südküste Englands lauscht (Nick Cave lebt seit Jahren in Brighton), überlagern sich zwei Horizonte, und Istanul erlebe ich wie durch einen Traumschleier.
Mein Kumpel aus Manchester hat mir inzwischen – ein echter Vertrauensbeweis – das neue Bowie-Album gebrannt, und ich habe es gestern Nacht auf meinem Balkon, mit dickem Mantel und köstlichem Raki, in voller Länge genossen. Der Berlin-Song, den alle kennen, ist keineswegs typisch, es kracht ganz trefflich, mancher Funk ist hart, und David Torn steuert verrückte soundscapes bei. „Heat“ ist ein besonders ergreifender Song.
Der Produzent Tony Visconti bemerkt dazu: „Well that’s the closer of the album and it’s very dramatic. And I’m not quite sure what he’s singing about on it, but it’s a classic Bowie ballad. He’s singing in his handsomest voice, a very deep, very sonorous voice. And I can’t give too much away about it because honestly, I don’t know exactly what it’s about, if it’s about being in a real prison or being imprisoned in your mind. Again, it’s certainly not about him; he’s singing as the voice of somebody.“
Und das war auch der „closer“ meiner Istanbul-Notizen. Rückflug vor den nächsten „Klanghorizonten“. Jetzt aber mal leben ohne Log und Blog und Tagebuch. Gerade ist kefal pilakiski auf meinem Tisch gelandet, eine Meeräsche, im Sud im Ofen zubereitet. Was Sie übrigens unbedingt probieren sollten, wenn Sie mal nach Istanbul kommen, ist lakerda, eine so schlichte wie umwerfende Köstlichkeit: in Salz eingelegter Thunfisch. Sollte meine Lieblingscafehauschefin im Cafe Flayva unbedingt mal auf die Speisekarte setzen. Es wäre ein überragender, herzhafter Snack!