Damals, in Marrakesch, hörte man zu fortgeschrittener Stunde die Königliche Band, man hörte aber auch „Jazz Me Blues“ und „I’m Coming Virginia“! Heute nacht um 1.05 Uhr erleben Sie im Deutschlandfunk eine Stunde, in der unterschiedliche Klangwelten überraschende Gemeinsamkeiten besitzen: die folk-drone-Musik des Duos Mountains aus Brooklyn (Centralia heisst ihr neues Album) bildet das Zentrum der Sendung, und zeigt, wie man Post-Rock, John Martyns Akustkgitarrenspiel und Drones a la Terry Riley erfinderisch unter einen Hut bringen kann. Das von mir gespielte Stück „Sand“ klingt allerdings eher nach einer leicht beschleunigten Version der grossen Nachtmusiken von Stars of the Lid (anno 2009).
„What’s more, Mountains now use acoustic instruments like guitars and pianos and strings without processing, and sometimes leave them totally unaccompanied. This new approach becomes apparent in the final minutes of opener “Sand”. The electronic swaths fall away and the track lays bare to a single bowed note. Soon, a chorus of cellos yawn a major chord over it. Just before the last of “Sand” passes, what sounds like a single piano note high in the register strikes again and again. It’s heavy-handed, honorific to Stars of the Lid, and an astounding opening statement.“ (Dale W. Eisinger)
Der Rest ist Geschichte und Zeitreise zugleich: wie klang es, als besagte Stars of the Lid 1996, in einem Kellerraum in East Austin, Texas, einen Soundtrack für die 30., nie gedrehte Episode von Twin Peaks schufen? The Ballasted Orchestra ist ein dunkles feines Werk voller Gitarren, Effektpedale und extremer Zeitlupe. Adam Wiltzie und Brian McBlade wussten schon früh zu überzeugen.
Dann landen wir gleich zweimal im Jahre 1967, im „summer of love“, begleiten John Coltrane auf einem interplanetarischen Trip mit Drummer Rashied Ali, und folgen Mitgliedern der Incredible String Band ins Marokko der Sechziger Jahre. The 5000 Spirits Or The Layers Of The Onion entstand kurz nach der Rückkehr von Robin Williamson, der eigentlich ewig in Marokko bleiben wollte, und dem Ruf der Mysterien und und der Gnaua-Trance-Riten folgte, bis sein Geld zur Neige gegangen war. Folgen Sie der Stunde einsam dahinrinnender Sanduhren, und sorgen Sie für ausreichend Flüssigkeit!
(Erinnerung von C.K.: Als ich das erste Mal in die Karawanenstadt kam, mietete ich ein Zimmer im obersten Stock des „Hotel Sultan“, genau genommen ein Dachboden ohne Dach. Weiße Laken flatterten an der Wäscheleine, über meinem Bett wölbte sich der Himmel. Ich erinnere, wie eine Freundin ins Zimmer stürzte: „Da draußen ist ein Komet!“ Darauf ich: „Ich sehe nur Gespenster!“ Die Wäschestücke, ich schwör’s, sahen in diesem Moment aus wie tanzende Geister. Damals, Ende der 70er-Jahre, erreichten wir Marrakesch auf dem Landweg. Fuhren zunächst mit der Bahn nach Barcelona, setzten nach Tanger über, ratterten mit dem Bus nach Essaouira, stiegen um in den „Marrakesch-Express“ bis zur Endstation Wüstenstadt. Ob es das „Hotel Sultan“ noch gibt?)