Einem Label, das sich „Spacebomb“ nennt, verweigere ich erst mal jeden Vertrauensvorschuss. Wenn dann noch ein vollbärtiger, viel zu spät geborener Hippie ( der dem Tourbus von The Grateful Dead entsprungen sein könnte ), zum Mikrofon greift, ahnt man ein weiteres Revival des Schon-Endlos-Dagewesenen.
Und, in der Tat, dies ist alles schon dagewesen, aber wie verblüffend, dass Maurice E. White in seiner Mixtur aus White Soul, Folk, Gospel, Geigenspiel und Bläsersätzen jenen Dreh findet, der uns in diese Songs hinein lockt, umd neben Dejavues eben auch für besondere Momente, interessante Breaks und Melodien sorgt, die sich gerne alle Zeit der Welt nehmen, was dem „timing“ des oft gehauchten und gemurmelten Gesangs durchaus entgegen kommt.
Wie dieses Werk, das nicht gerade bescheiden den Titel „Big Inner“ auftischt, schon den Auftakt zelebriert, das Liebeslied „One Of These Days“, mit acht Streichinstrumenten, neun Bläsern und, neben einer kleinen Rhythmus-Abteilung, auch noch mit einem ausgewachsenen Chor – du meine Güte! Da graust es dem Feind des falschen Pathos erst mal, bis man entdeckt, dass Matthew E White – wie seine Helden von Lambchop – das grosse Brimborium zumeist zur dezenten Klangfärberei runterspielt.
Zwar beherrscht der Produzent, der jetzt erstmals ins Gesangs- und Liederschreibermetier wechselte, auch den kurzfristigen Aufruhr, wohltuend schräge Saxofontöne, doch mit Vorliebe bearbeitet er die breite Palette der ausgeruhten Klänge. Wie er da Kontraste einbaut, subtil das Tempo verschärft, den Atem anhält, und dann wieder im „flow“ der wiederkehrenden Bilder und Melodien landet, schafft Intimität. Da sind die besten Momente von Iron and Wine (noch ein Vollbärtiger!) nicht so weit entfernt. Und das kleine Opus eines gewissen Shuggie Otis mit seinem „leftfield cosmic soul“zählt auch zu seinen Inspirationen.
Aber auch solch ein wie aus alter Zeit aufgetauchter, zeitloser Hippie darf sich natürlich einen faux pas leisten. Zum Schluss hin besingt der Sohn eines Missionspaares etwas zu rosenkranzlangatmig seine Liebe zu Gott. Das ist erbaulich für Bibelkreise und „Christian Rock Festivals“, aber sorgt, ausser bei tief gläubigen Menschen, für ein enttäuschend langatmiges Finale. (Das Album erscheint im Februar, etliche Tracks kann man auf youtube hören.)