In our hearts: Butch! Great inspirator. His soul keeps on dancing among us, with us.
Butch erschien, Butch bewegte und brachte in Bewegung, Butch hat seine Aufgabe verrichtet, Butch ist verschieden. Es dürften nicht so viele sein, die Butchs Werk in vollem Umfang überschauen. Dagegen gibt es mehr als genug Musiker, Schauspieler, Vermittler und Zuhörer, die von ihm tief berührt und beeinflusst sind. Facebook zeugt in diesen Tagen unübersehbar davon. Es ist gut in der Gewissheit zu leben, dass Menschen wie Butch Morris unter uns wirken. Wenn so jemand für immer gegangen ist, muss so mancher erstmal seine Balance wiedergewinnen.
Als Kornettspieler gehörte er zu denjenigen, die in der zweiten Hälfte der 70er nach Neuem suchten und es gestalteten. Zuerst mit David Murray, Horace Tapscott, Arthur Blythe u.a., später mit Jungspunden wie John Zorn, Wayne Horvitz, Bobby Previte u.a. (u.a. 1986 das legendäre Free Ambient Album Nine Below Zero). In dieser Periode ist Butch auch ein frequenter Gast in der damaligen Brutstätte des Amsterdamer Bimhuis. Seinen ersten Workshop gab er – noch als Kornettspieler – 1976 in Rotterdam. Allmählich schälten sich Praxis und Konzept des Conduction heraus, das in den 90er Jahren und im Jahrzehnt danach an vielen Orten der Welt mit einer grossen Vielfalt von Musikern und Gruppierungen erprobt und entwickelt wurde.
Mit Hilfe eines Systems von Handzeichen zeigte er bestimmte musikalische Parameter und Klangqualitäten an, die Spieler eines Ensembles im laufenden Spiel umzusetzen hatten. Musik ist eine offene Tür, hieβ es diesem Zusammenhang. Man muss sie nur finden und hineingehen. Sie steckt in den Musikern, in der Aktion und steht nicht auf geschriebenen Notenblättern. Im Wechselspiel und kreativer Spannung entstehen Konturen, Dynamiken, Ein-, Aus- und Übergänge. Die Klänge speisen sich aus den spezifischen Reservoirs, die für die einzelnen Musiker im Prozessverlauf ansprechbar und zugänglich sind. Die spezifischen Quellen und Hintergründe, von denen aus die Spieler agieren, werden dabei miteinander konfrontiert, gefiltert, bilden Kontraste usw … Es geht nicht nur um die Ausdehnung und Erweiterung von Improvisationsmöglichkeiten. Ein wesentlicher Aspekt ist u.a. die Spannung und Wechselwirkung zwischen geronnen Formelementen, Durchlässigkeit und Mutierung.
Sollen die Freiheiten und Möglichkeiten produktiv werden, erfordert es von den Teilnehmern ein hohes Maβ an Einsatz, Alertheit, Offenheit, Geduld und Einfühlung. Butch war sowohl derjenige, der das Konzept über die Jahre in zahllosen Conductions ausentwickelt hat, als auch derjenige, der seinen persönlichen Stempel auf jede Conduction gedrückt hat. Er hat die Arbeitsweise nicht zu passenden Gelegenheiten einfach nur als Technik verwendet, sondern hat sich ihr mit Haut und Haaren verschrieben, hat den Weg der Conduction konsequent weiterverfolgt – sowohl was die Entfaltung des Instrumentariums betrifft als auch die tiefere Erfahrungsdimension in deren soziokultureller Relevanz.
Butch Morris arbeitete an den verschiedensten Orten der Welt, und er tat es mit den unterschiedlichsten Musikern und Besetzungen. So arbeitete er mit Musikern traditioneller Instrumente ebenso wie mit klassischen Musikern und Jazzmusikern, in homogenen ebenso wie in heterogenen Gruppierungen. In dem Sinne war der der Weltmusiker par excellence.
Er hat sich tief in etwas hineinbegeben, etwas sichtbar, hörbar, greifbar und erfahrbar gemacht, was in allen musikalischen Prozessen, synchron wie diachron, eine entscheidende Rolle spielt und in der Musik der letzten Jahrzehnte virulent ist. Er hat eben dies als Work In Progress untersucht, und es hat tiefe Spuren hinterlassen.
Lisa Cay Miller(1968), Pianistin/Komponistin aus Vancouver, eine von den vielen Stimmen derjenigen, die mit Butch zusammengearbeitet haben: “Butch Morris was Demanding. Terrifying. Inspiring. Focused. Uncompromising.
I was fortunate to work with him in March/10 in Seattle in a large ensemble. I grew more as a musician and person in that week than I imagined possible. I was exhausted after rehearsals, but invigorated too. His approach to conduction and improvisation had a huge impact upon me. His ‚panorama‘ technique was especially brilliant. The ensemble would rock and swing in a way that i had never heard before. Just magical.
I didn’t realize how much I felt his continued fierce support, until now. RIP Butch. “
BLACK FEBRUARY ist ein Dokumentarfilm des Cineasten Vipal Monga über die Arbeit von Butch Morris. Monga filmte 2005 eine Reihe von Conductions mit dem Nublu-Orchester und zeichnet anhand dessen ein Bild der Ursprünge, des Funktionierens und der Bedeutung von Conduction (siehe auch Vipal Mongas Nachruf). Auf der Website von BLACK FEBRUARY gibt es eine Reihe von illustrativen Video-Clips (Film auch über die Website beziehbar).
all photos Lawrence D. ‘Butch’ Morris © FoBo – Henning Bolte ©