Mechtild Borrmann ist eine Schriftstellerin, die darauf spezialisiert ist, abgerissene Zeitlinien der (weitgehend) deutschen Geschichte zu verbinden. In ihrem gewiss zurecht mit dem Deutschen Krimipreis 2012 ausgezeichneten Kriminalroman zeichnet sie die Geschichte von sechs Freunden, die sich im Nazi-Deutschland schworen, immer füreinander da zu sein. Das geht gründlich schief.
Ein erfolgreicher Arzt stösst im Nachlass seines Vaters auf das Foto einer unbekannten, attraktiven Frau, und wünscht sich insgeheim, dem selbstgerechten Vater endlich eine kleine Unvollkommenheit in seiner perfekten Vita nachweisen zu können. Das geht ebenfalls gründlich schief.
Der Roman bewegt sich zwischen den Zeitzonen des Zweiten Weltkrieges und des Jahres 1998. Jede Figur ist lebendig gezeichnet, meine Lieblingsfigur ist der kauzige Polizist, der nur darüber schmunzelt, wenn man ihn „Dorfsheriff“ nennt, und seine Liebe der Langsamkeit mit einer Sammlung von Sanduhren kultiviert.
Muss man noch extra erwähnen, dass Mechtild Borrmann hervorragend mit Sprache umzugehen weiss, ob es sich um Naturschilderungen handelt, die immer auch (beiläufig) Seelenzustände skizzieren, um Dialoge, oder das angemessene Tempo bei der Entfaltung des Handlungsgefüges?! Ihre Kenntnis der deutschen Historie (und ihrer dunkelsten Zeit) wird nie belehrend ins Feld geführt, sie erzeugt Schrecken mit klaren, alles Pathos meidenden Schilderungen, in denen das Grauen zu einem irrationalen und irrsinnigen Alltag wird.