Die Formationen des Schlagzeugers Paul Motian wurden stets bereichert von Gitarristen wie Bill Frisell, Ben Monder, Jakob Bro oder, auf dem Album Reincarnation of a Love Bird der Electric Bebob Band: Wolfgang Muthspiel und Kurt Rosenwinkel. Reinkarnation des Sun Ra, so könnte man jetzt Rosenwinkels frisch erschienenes Doppel-Album Star of Jupiter nennen, das einer musikalischen Entwicklung die Krone aufsetzt. Eine interstellare Sehnsucht schwingt mit bei diesem Musiker: Wir kommen alle von weit her.
Im Kosmos ist es kalt und diese Musik lässt leicht frösteln, ist zuweilen aufwühlend, aber eben auch unheimlich, zauberhaft, fremdartig schön. Anders als Hybridguitar-Kollege Pat Metheny, dessen Unity-Band kürzlich allzu Gewohntes präsentierte, lässt sich Rosenwinkels neues Quartett – mit den Marsalis-Musikern Aaron Parks (Piano) und Eric Revis (Bass), ferner Drummer Justin Faulkner – nicht als Ambientsound für den Supermarkt verwenden, es sei denn: Shopping auf die abgefahrene Art.
Sind auf dem Cover Weise aus dem Morgenland, tanzende Derwische zu sehen oder sind es vier Manafonistas, die auf den fünften warten? Die elektrische Gitarre ist ja klanglich oft limitiert, monoton. Der Trick des Rip van Rosenwinkel: er passiert Joe Pass, hat einen eigenen Sound entwickelt und bereichert ihn durch Vocoder-verfremdeten, hymnischen Gesang. Und noch ein Effekt ziert sein Spiel, man kennt das von der Malerei der Jungen Wilden: an den Rändern verläuft die Farbe und der Zufall diktiert entzückende Muster.
Auch die Licks hier, sie zerfransen und zerfasern. Ist es nur ein Mythos, Überlieferung: dass Gitarrenkönig Kurt gelegentlich sein Instrument willkürlich umstimmt, um nicht zu wissen, was er spielt und so den Grenze setzenden Bünden und Mensuren ein Schnippchen schlägt? Wie anders kann es sein, dass es ihm gelingt, völlig fremdartige und unerhörte Läufe hinzulegen? Mir jedenfalls gefallen solche Eskapaden – man zieht Profit daraus. Ein Song auf diesem Album nennt sich „Spirit Kiss“, und genau das ist der Gewinn.