Ich war auf einem Boot, das in rasendem Tempo über den Rhein jagte, manchmal hörte ich von ferne ein dumpfes Grollen, jemand vom Bootspersomal meinte, es sei aber kein Krieg. Seltsamerweise war dieser Rhein voller Flussschnellen, und einmal kamen wir einem Wasserfall bedrohlich nah. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich auf das Boot gekommen war, geschweige, was hier, mitten in der Nacht, im Gange war. Wir hielten an einer Plattform, wo Verletzte behandelt wurden. Als die Morgendämmerung aufzog, war ich ziemlich gerädert, und bekam einen Anruf von meinem Redakteur, der mich bat, Samstag in Düsseldorf für einen kranken Kollegen einzuspringen, eine Sendung über „neue Popkultur“. Er lockte mich mit einem hohen Honorar, sagte aber, es gebe noch keine Beiträge. Okay, antwortete ich, immerhin gibt es gute Musik. Im Kopf ging ich die Namen durch: Scott Walker, Neil Young. Von Walker wollte ich den 4-Minuten-Song spielen, in dem er jene Szene aus dem Film „From Here To Eternity“ benutzt, in der Montgomery Clift Anweisungen gibt, was man mit der Leiche von Frank Sinatra anstellen solle. Ich dachte auch an Hans Unstern, keine Ahnung, was der für Musik macht. Und keinen Joe Cocker, sagte ich meinem Chef, nach diesem Bootstrip spiele ich keinen sentimentalen Retro-Scheiss. Und dann erinnerte ich mich, dass ich ja erst kürzlich ein Interview gemacht hatte (dessen Inhalt ich allerdings komplett vergessen hatte): das Thema war Konrads neues Buch „Über den Scherz in misslicher Lage“. Schnitt. Ich sass mit Konrad zusammen, und wir gingen das Skript des Interviews durch. Witzig ist das aber nicht, sagte ich ihm, eher ernst. Ja, stimmt, meinte er, er hätte mehr Witze erzählen sollen, schliesslich sei es ein Witzbuch, in gewisser Weise. Langsam wachte ich auf, und mein erster Gedanke war, das Konrad schon einige Jahre tot ist.
2012 27 Okt.
Der Traum vom 27. Oktober (Traumzeit ca. 5.30 Uhr)
von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | Comments off