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2012 14 Okt

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (27)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | Comments off

 

Leben gegen die Zeit

Kürzlich erschien die DVD-Version einer Filmbiographie über Michel Petrucciani:  Leben gegen die Zeit. Dieser Film ist so unglaublich gut, dass ich hier ausnahmsweise zunächst eine DVD vorstellen möchte.
 
 
 

 
 
 
Von Petrucciani hörte ich zuerst im Radio, bald auch konnte ich eine erste Schallplatte mit ihm als Bandleader mein eigen nennen Michel Petrucciani Plays war der Titel der LP. Diese enorm gute Platte habe ich jetzt anlässlich des Erscheinens der neuen DVD einmal wieder herausgezogen. Auf dieser Blue-Note-Scheibe aus dem Jahre 1988 spielen Roy Haynes, Al Foster, Gary Peacock, Eddie Gomez und John Abercrombie zusammen mit Michel Petrucciani. Der Meister am Klavier war damals gerade einmal sechsundzwanzig Jahre alt und gespielt wurden auf dieser Platte ausschließlich Eigenkompositionen.
 
 
 

 
 
 
Der französische Jazzpianist lebte von 1962 bis 1999; geboren mit der Glasknochenkrankheit, war dem vor Energie sprühenden Petrucciani natürlich klar, dass ihm nur ein ein kurzes Leben vergönnt sein würde. Dieses nicht einmal vierzig Jahre währende Leben ist Thema des Film von Michael Radford. Wir erfahren, dass der Vater Petruccianis, Antoine Tony Petrucciani, Jazzgitarrist war, das Talent seines Sohnes sehr früh erkannte und förderte. Es sind zahllose Interviews mit Menschen, die sein Leben begleiteten, über die der Zuschauer einen Einblick in das Leben dieses Ausnahme-musikers gewinnt: Charles Lloyd, sein erster Förderer in den USA, Eliot Zigmund, Lee Konitz, John Abercormbie, Aldo Romano und viele andere kommen zu Wort. Interessant auch, einmal den Produzenten der ersten Schallplatte von Petrucciani im Interview zu erleben: Jean-Jacques Pussiau (OWL-Records).
 
 
 

 
 
 
Ja, genau, das ist der Produzent, der mit Paul Bley nach langer Zeit des Schweigens die Schallplatte TEARS aufgenommen hat, für mich eine der besten Platten dieses wunderbaren Pianisten (siehe auch Plattenschrank 1) . Auch Ran Blake, für dessen dreizehnte Platte (1975) wiederum Paul Bley als Produzent tätig war, hat für OWL unter Pussiau Aufnahmen gemacht. So schließt sich eben immer wieder der Kreis.
Aber zurück zur Filmbiographie: Einmal erzählt ein Freund Michels von einem Flügelkauf. Der Freund kommt schon eher als Michel in den Laden, probiert jeden der zehn dort ausgestellten Steinways aus und legt sich auf einen fest: „Der Könnte Michel gefallen“. Petrucciani spielt auf einem, dann auf einem anderen Steinway und ruft plötzlich: „Da in der Ecke, das ist der richtige Flügel.!“ Es war genau der, den der Freund als den besten für Michel ausgesucht hatte. Der Meister hatte das Instrument nicht gespielt, nicht einmal berührt. Petrucciani sagt zu seinem Freund: „Klaviere sprechen mit mir, glaub es mir. Zwar hat man mich, als ich das das letzte Mal behauptet habe in die Klapsmühle gesteckt, aber, es ist so. Mir ging es“, so Petrucciani weiter, „schon als Kind so. Immer, wenn ich den Deckel des Klaviers empor gehoben habe, haben mich die Hämmerchen, die für mich aussehen wie Zähne, angegrinst und gespottet `Probier es doch, uns zum Klingen zu bringen, du schaffst es ja doch nicht`,“ Solche Geschichten erzählt dieser wirklich sehr anrührende Film natürlich einige, auch erfahren wir, dass Petrucciani für sein erstes Konzert mit Gage 100$ bekommen hat – es war ein Konzert zusammen mit seinem Förderer Charles Lloyd – und sich dafür zunächst einmal Cowboy-Stiefel gekauft hat. Nun, ich möchte hier nicht alles verraten, nur noch darauf hinweisen, dass es sich lohnt die umfangreiche Discographie Petruccianis einmal mehr durchzugehen. Neben dem oben genannten Diamanten sei noch erwähnt: Petrucciani mit NHOP (Kopenhagen 1994).
 
 
 

 
 
 
Eines wird dem Film leider nicht erwähnt, das wundervolle Konzert Pertruccianis auf einem der Türme des World-Trade-Centers. Ein Hubschrauber hatte den Steinway auf dem Dach eines der Türme herabgelassen, dann kam der Meister, das Spiel begann. Leider habe ich dieses Konzert nur einmal im TV sehen können, nie einen Mitschnitt von dem Konzert bekommen, auch auf YouTube vergeblich gesucht.

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