Das Deckenlicht war ausgefallen, das Tageslicht ohnehin erloschen, und so ging ich zu dem Regal mit der besten Musik der Welt, vorsichtig im Dunkeln am Röhrenverstärker vorbei, der die einzige, sehr dezente Lichtquelle im Raum war. Nun sind meine CDs gewiss nicht groß alphabetisch oder nach Genres geordnet, und die Verteilung der Musik auf siebzehn sich leicht durchbiegenden Regalbrettern stellt eher eine Analogie zu meinem Hinterkopf dar, neuropsychologisch gesehen. Da ich einfach Lust auf eine gute, lang nicht gehörte, Musik zur Nacht hatte, griff ich intuitiv einen Stapel von ca. zehn CDs heraus und wartete, bis ich in der relativen Dunkelheit etwas erkennen konnte. Wow! Es war sofort klar, welches Album ich hören wollte, es ist wohl eine halbe Ewigkeit her, dass ich diese feine Gitarren-und-mehr-Musik zuletzt gehört habe, und ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich sie entdeckte, kurz nach ihrem Erscheinen, und an das Cover, das wie eine Reiseversprechung der besonderen Art war. Als ich die Musik auflegte (ich war etwas müde, und wählte mir, wiederum rein zufällig, die Tracks 4 und 5 aus), fluteten die Erinnerungen. Ja, ich hatte mich damals eine Zeitlang in der entsprechenden Langspielplatte eingerichtet, sie war Trutzburg, Pfadfinderschulung, Reisebericht, Wolkenkratzer, alles zugleich. Doch mein Gedächtnis hielt sich nicht lange mit dem Wechselspiel täuschend echter, vollkommen illusorischer und einfach nur wahrhaftiger Erinnerungen auf, und landete gleich wieder in der Gegenwart der Klänge. Kein Staub lag auf ihnen. Ich kenne wenige Gitarristen, die sich dermaßen darauf verstehen, Stillstände in ihren Kompositionen zu produzieren, bei denen man nie weiß, ob mit ihnen ein großes Verschwinden einhergeht, oder ein Sammeln der Kräfte für den nächsten Ausbruch (ich vermeide das Wort Eruption, in der Musikkritik wird dieser Begriff so oft verwendet wie in der Erdbebenforschung). Der Wind in den Rocky Mountains hat seine eigenen Gesetze. Safe Journey!