Die Musik des kanadischen Jazztrompeters, Flügelhornisten und Komponisten Kenny Wheeler ist schlichtweg zauberhaft – man denke etwa an seine Meilensteine Gnu High, Deer Wan, The Widow and the Window, Angel Song … und dessen Mitwirkung auf einem David-Sylvian-Song mit dem Milan-Kundera-Titel Laughter and Forgetting.
„Welche Bedeutung kommt denn überhaupt den Big Bands im eigenen Musik-Erleben zu?“ – so könnte man sich fragen. Unvergessen bleibt: das Vienna Art Orchestra spielte die Musik von Erik Satie wie nie und Kenny Wheeler veröffentlichte im Jahre 1990 Music for large & small Ensembles. Größere und kleinere Ensembles variierten auf beiden genannten Platten, eine Spannbreite zwischen intimen Kleinods und sattem Orchesterklang wurde erreicht.
Nun schreiben wir das Jahr 2012 und eine lange Zeit des Wartens ist vorbei. Zwar ist die Band aus Wien im längst verdienten Ruhestand, doch Kenny Wheeler rackert wacker weiter – man liest, der über achtzig Jährige spiele täglich vier Stunden und notiere ebensolange seine neuen Noten: diese flüchtig schönen, liedhaften Melodielinien, die sich chamäleon-artig durch terrassenförmige, erhabene Akkordlandschaften bewegen. Darin eingebettet sind Soli, die mit der nötigen Rauheit und mit Spielwitz konterkarieren.
„Enowena“ heisst ein energiegeladener Song auf The Long Waiting, den ich als Einstieg sehr empfehle, denn da weiß man gleich, wo der Hammer hängt und von wo der Wind ins Horn bläst. Die sensationelle Diana Torto, würdige Nachfolge der Norma Winstone, zelebriert dort etwas, das der kategorische Begriff „Scatgesang“ nur andeutet und das einen zwingenden Imperativ auf dem Fuße folgen lässt: Man höre und staune!