Nur wer Realitäten entwirft, kann sie auch abbilden. Einmal mehr ein grandioser und düsterer Thriller von Dominik Graf. Jenseits aller schrulligen Hinterlandschmonzetten beweist der Münchner Regisseur, wie man noch hart, fiebrig und schockierend erzählen kann, ohne sich in Genremustern zu verlieren. Nach einem Drehbuch von Friedrich Ani, und bis in die kleinste Rolle (Lisa Kreutzer) exzellent besetzt, zeigt Graf, dass er seine Lektionen von Samuel Fuller gelernt hat. Der hatte einst einen der besten Tatorte aller Zeiten gedreht, „Tote Tauben in der Beethovenstrasse“, mit der Musik von Can. Graf schrieb vor Jahren einen interessanten Artikel in der SZ, in dem er die deutsche Krimigemütlichkeit geißelte und Fullers Film als Gegenbeispiel für radikales Fernsehen anführte. Eine fiebrige Ereignisdichte zeichnet auch „Das unsichtbare Mädchen“ aus; man kann den Film, der gestern Abend auf Arte lief, noch ein paar Tage im Netz sehen. Und erfahren, dass man hierzulande leicht von Wildschweinen im Wald gemeuchelt wird, wenn man sich auf so etwas Altmodisches wie Wahrheitssuche begibt. Famos auch Elmar Weppar in seiner Rolle als melancholischer Polizist im Ruhestand.