Ein Opfer der Sterne? Wir wollen es nicht übertreiben. Auf den Fotos des Doppelalbums sieht er wie einem Bergmann-Film entsprungen aus: „Wilde Erdbeeren“, mit David Sylvian. In der Zeit, als Virgin noch Richard Branson gehörte, gab es noch Risikozonen, Wagnisse, Spielwiesen. David Sylvian profitierte davon, zuerst mit Japan, später als Solokünstler. Wie ist das nun, wenn man manchen dieser alten Aufnahmen begegnet? Und quasi 30 Jahre gelebtes Leben an sich vorüberziehen hört? Überraschend interessant. Natürlich: auch der Sylvian aus den Achtzigern, mit Jon Hassell an seiner Seite, Holger Czukay am Kurzwellenempfänger, und „Brilliant Trees“ im Schaufenster, hat seine Insignien, Zeichen der Zeit, doch keineswegs veraltet. Nur angenehm gealtert. Ich freue mich, wenn ich immer noch Neues, Vergessenes im alten „Stoff“ wiederhöre; Erinnerungen taugen in der Musik nur, wenn sie mit Entdeckungen einhergehen. Die Klangreise dieser Doppel-CD („Victim of Stars“ ist exzellent kompiliert) endet mit einem Versprechen für die Zukunft, dem neuen Lied Where´s Your Gravity? – mit den norwegischen Kollaborateuren Eyvind Aarset, Jan Bang, Erik Honore und Arve Henriksen. Das nächste Songalbum von „Mister Samtstimme“ wird gewiss ein sehr nordeuropäisches werden. Anders als die vielen Verwalter des eigenen Ruhmes, hat Sylvian den Weg gefunden, keineswegs in Schönheit zu sterben.