Long time ago: im Fernsehstudio zur Nachtzeit sass Frau Berg – zusammengekauert, schneidersitzend, Zigaretten drehend – in akademischer Herrenrunde und machte ein genervtes Gesicht. „Darf man sowas bringen?“, fragte man sich da. „Was kann, heißt, nützt uns Denken heute?“ – so lautete die Frage und die kluge, nur scheinbar verkorkste Dame sprach: „Denken bringt doch eh nichts, ist doch nur im Kopf!“
Seitdem bin ich ihr verfallen – vielmehr ihrer Literatur; ihrem natürlichen, ungeschminkten Schreibstil; ihrem bissigen Scharfsinn, ihrer heilsamen (sic!) Negativität und Kurzweil. Die Autorin steht da in der Tradition der Skeptiker und weltverachtenden Aussenseiter, für die unsereins schon immer offen war.
Eine leise Note davon schwang schon bei Erich Kästner mit, den ich als Kind gern las. Dann natürlich, unvermeidlich: die Existenzialisten, es war zur Gymnasialzeit, und bei so mancher Angebeteten konnte man damit auch Eindruck schinden (das Wort „Heidegger“ stand bei Camus im Mythos von Sysiphos wie ein Reh in der Lichtung, und erst später – viel, viel später – wußte ich dann in etwa, was das heißt).
Die Entdeckung schlechthin aber war Emile Cioran. Auf den Gipfeln der Verzweiflung, mit Leidenschaft vermengt. Las alle seine Bücher, wie auf Droge. Negatives Denken ist erlaubt, befreiend, keine Sünde – so die Entdeckung – und es bewirkt auf wundersame Weise die Bejahung jener Welt, die einen Knacks hat, damit Licht einströmt.
Zurück zu Frau Berg: gern lese ich auch die Twitter-Zwitschereien und ihre Kolumne auf Spiegel-Online. Allein ihren Vornamen kann ich noch nicht richtig schreiben, schreibe ihn immerzu mit Ypsilon am Anfang, so wie Sysiphos.