Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2012 14 Jan.

Tim Bernes Bloodcount: Das Paris Konzert

von: Jochen Siemer Filed under: Blog,Musik vor 2011 | TB | Tags: , , | Comments off

LOWLIFE – The Paris Concert I
POISONED MINDS – The Paris Concert II
MEMORY SELECT – The Paris Concert III

Recorded September 22–25, 1994 – Instants Chavirés, Montreuil, Paris, France.

Tim Berne – alto saxophone
Chris Speed – tenor saxophone, clarinet
Marc Ducret – electric guitar
Michael Formanek – contrabass
Jim Black – drums

 

Es ist ein Wunder. Ich habe diese drei Platten (’scuse me for this old fashioned term)
nun schon so oft gehört und immer noch stellt sich der Effekt ein, daß mich diese Mitschnitte des legendären Paris-Konzertes in eine Art Trance bzw Clearing versetzen. It’s hard to describe, but let’s try:

Zum einen ist der Gesamtklang dieses Ensembles auf fast heilsame Weise homogen. Die Elemente der einzelnen Instrumente greifen ineinander wie ein Schweizer Uhrwerk und ergänzen sich zu einem kongenialen Gesamtgefüge. Marc Ducret on guitar, Jim Black on drums, das ultra-knackige Baßspiel des Michael Formanek, das kontrapointierte Bläserduo Speed und Berne.

Die Mannschaftsleistung zählt. Dies ist das Konzept, liest man Meister Tim´s Stellungnahme zum Werk (dies ist nämlich, auch wenn es anders klingen mag, primär komponierte Musik). Aber es macht auch Spaß, den einzelnen Top-Class-Musikern auf ihrem jeweiligen Instrument zu folgen, und das nach dem x-ten Hören. Hinzu kommt: die Musik ist ein Amalgam aus fast allen Musikgattungen und entzieht sich gleichsam allen Schubladen.

Ich höre hier eine Weiterentwicklung der SURVIVOR’S SUITE; furthermore MANAFON-like passages of improv-music; teilweise klingt es kammermusikalisch; Chris Speed erinnert stellenweise an Evan Parkers Spiel. Ein Spektrum zwischen Dynamik (Jazzrock im besten Sinne) und absoluter Stille. Dann steht plötzlich in einer Ruhe nach dem Sturm ein Saxophon-Ton im Raum. Wie eine Kobra aus dem Korb des Schlangenbeschwörers: a perfect, but dangerous beauty!

Das gesamte Konzert erweckt den Eindruck eines würde- und spannungsvoll voran-schreitenden Prozessionszuges: eine achtsame Avant-Garde durchschreitet Etappen von beeindruckender Vielfalt und Virtuosität, die man jeweils einzeln, aber auch als zusammengehöriges Ganzes erleben kann.

Dieses Musik-Ereignis, live aufgenommen im Herbst 1994, zunächst bei JMT, später dann bei Winter&Winter erschienen, es ist ein Meisterwerk; ein Glücksfall und zudem eine hohe Schule des Hörens. Kein Tor zu tausend Wüsten, nein: ein Schlüssel für die vielfältigen Räume moderner Musik. Mit einer Dosis Gift, die heilend wirkt für Poisened Minds und die das Gedächtnis selektiert. Nicht ganz harmlos – doch nur das Gefährliche hat Mana.
.

This entry was posted on Samstag, 14. Januar 2012 and is filed under "Blog, Musik vor 2011". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

Sorry, the comment form is closed at this time.


Manafonistas | Impressum | Kontakt | Datenschutz