Eines Sommers hörte ich ein Stück im Radio: aus dem Wohnzimmer in die Küche drang der Klang von sophisticated samba – schwebend leichter Rhythmus, Sommerbrise. „Ah, das können nur die Brasilianer!“ Ich sprang im Hechtsprung vor das Radio, um mir den Namen des Interpreten zu merken – zu spät. Etwas wie „Jorge Ben“ blieb hängen, die Stimme klang entspannt, ein bischen traurig und in den letzten Takten wie McFerrin.
Kennen Sie das: eine kurze Begegnung nur – dann unwideruflich verloren? Ein Reisender steht an einer Bushaltestelle in Salvador do Bahia, sieht die Frau seines Lebens – und sie steigt in einen anderen Bus und der Bus fährt ab. Nicht umsonst wurden Orpheus und Eurydike einst filmisch in den brasilianischen Karneval verlegt (Orfeu Negro).
Es war in Brasilien, bei meinem Gastgeber, einem Cartoonzeichner aus Brasilia, und es lief eine wunderbare, driftende Musik: ein Schwarzer, aus Angola stammend, spielte lauter Berimbaus und Geigen – eine Sinfonie, die Platte hieß Agua. Irgendwas wie „Fernando Brant“ (Milton Nascimentos Hauskomponist), „Fernando“ oder „Brant“, blieb in Erinnerung. Nie fand ich diese Platte wieder: found and lost again – tristeza não tem fim.
Bei Jorge Ben hatte ich mehr Glück. „Kennst du schon Seu Jorge? Momentan das Beste, was es aus Brasilien gibt. Seu Jorge & Almaz, musst du unbedingt hören!“ Jorge? – da war doch was! Als ich die Songtitel dieses angepriesenen Interpreten durchsah, die imposante Sammlung des bewanderten Musikkenners im Rücken, sprang es mir direkt ins Auge:
Bem Querer hieß der gesuchte Song, der daherkam wie eine Sommerbrise – Sie ahnen es schon: zum Ende hin klang´s wie McFerrin. Felizidade? Sim!
Ein Sänger, Gitarrist und Songschreiber aus Rio de Janeiro also … er wuchs in den Favelas auf und wurde auch als Schauspieler bekannt: mit dem faszinierenden Film City Of God, der in eben diesen Slums von Rio spielt. Mittlerweile habe ich schon so Einiges gehört und gesehen von diesem charismatischen Künstler mit dem traurigen Unterton in der Stimme – auch war er Gast bei One Shot Not des Senders Arte.
Auf Seu Jorge & Almaz coverte er Kraftwerks „The Model“ und im Film „Die Tiefseetaucher“ (The Life Aquatic) gab er eine Version von Life On Mars zum Besten. David Bowie hatte es gefallen – so ist´s überliefert.