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2011 15 Dez

Kontemplation im Hühnerstall – wie alles seinen Anfang nahm

von: Jochen Siemer Filed under: Blog | TB | Tags:  Comments off

„It’s all intact, you know …“ (Daniel Lanois)
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Eine Art Urszene will nicht aus meinem Gedächtnis weichen: die Hühner waren weg und der Hühnerstall, der sich im Anbau des vom Vater gebauten Elternhauses befand, gleich neben der Garage – er war leergeräumt. Da der Raum sauber und ungenutzt nun schon einige Zeit „brach“ lag, nahm ich ihn (statt der Hühner) in Beschlag und nutzte ihn für meine Zwecke – im sogenannten Teeniealter oder kurz davor, in dem ja die Ausweitung der Kampf- und Entwicklungszonen zum Regelwerk gehört.

Ich legte mir eine alte Matratze auf den Betonboden – es war kühl hier trotz des heißen Sommers und angenehm gedämpftes Licht fiel durch die farbigen Mosaikbausteine – und plazierte meine Utensilien an der Wand gegenüber: das Telefunken-Tonbandgerät; das alte Röhrenradio; meine E-Gitarre (eine halbakustische Dynachord-Jazzgitarre mit großem Korpus, die ich eigentlich gar nicht so gerne mochte) und dann stand da noch der respekteinflössende Fender-Jazzbass des befreundeten Pastorensohnes.

Draussen war also diese schwirrende Hitze und ich sass ganz ruhig da auf der Matraze, betrachtete das sparsame Interieur dieses von mir ausgestatteten Raumes, der jetzt auf magische Weise zu einem archaischem Ashram – einer Mischung aus Tonstudio und Meditationsraum – geworden war und dachte, nein, ich fühlte es: „Das ist es. Es ist alles da, mehr brauchst du nicht.“

Was ich gefunden hatte, neben meiner schon bekannten Faszination für Musik und Gitarre, das war ein asketisch-kontemplativer Seinszustand, der meinem Wesen mehr entsprach als das beflissene Wiederaufbau-Geflirre der Nachkriegszeit – mit dieser geistigen Enge, über die man sich heut´ nur noch wundert und die ja bekanntlich Revoluzzer und Terroristen hervorbrachte. (Und es gab auch die Stones und „A Thousand Light Years From Home“).

Irgendwann erkennt man, was man später dann sein Eigen nennt – und viele sind sich darin einig: der Kern der späteren Persönlichkeit, des „Ichs“, ist spätestens mit sechzehn, siebzehn im Wesentlichen angelegt und man ist dann, wenn auch nicht immer fix, so doch schon eigentlich fertig. Dass sich so einer wie der, der gerade diese Zeilen schreibt, später dann auch mal mit Heidegger beschäftigte (und Zen) – soll man´s ihm verübeln?

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