Was ist das Gegenteil von Musik? – Anti-Musik? Stille? Lärm?
Wahrscheinlich gibt es kein Entkommen, denn seit John Cage ein paar Minuten Stille zu einem Musikstück vertonte und zudem regressive Reminiszenzen an früheste, pränatale Sound-Prägungen uns ein Lebelang begleiten, bilden der Hörsinn, die Sehnsucht und das Verlangen nach Heimat eine Verbindung, der ebensowenig beizukommen ist wie etwa dem ödipalen Dreieck in bürgerlichen Kleinfamilien.
Immer, wenn unsereins das romantisch Sentimentale; das allzu gefühlig Fragile; das bemüht Avantgardistische in der Musik nervt, dann greift er gerne mal auf Nüchternes, Bodenständiges und Griffiges zurück – aber keine Sorge: es gibt noch Alternativen zur spirituellen Bombastik eines John McLaughlin.
Gary Thomas, von dem überliefert ist, dass er es bei Miles Davis nicht allzu lange aushielt, („tired of always playing funky licks“), bietet einen Ausweg, der nachhaltig befriedet. Die Musik dieses unterschätzten Saxophonisten und Flötisten bewegt sich in Bereichen, die durch intelligente Virtuosität; vibrierende Kinetik und konstruktive Coolness bestimmt sind – mit einem subversiven, leicht zornigen und sperrigen Tonfall.
Geerdete Hochspannung erwartet einen auf diesem erstmals 1997 erschienenen Album. Es weht hier auch ein wenig der Geist von Weather Report – wie ein frischer Wind von „Gibraltar“ her. George Colligan ist es, der auf seiner Hammond-Orgel zawinuleske Linien zaubert. Und die CD bekommt man nicht auf dem Black Market, sondern ganz legal vom kleinen, feinen Winter&Winter Label.