Thomas Weber über „Never Collapse, Always Dazzle“:
Die Grundlage bildet ein loop im 12/4 Takt. Der wollte eigentlich ein 9/4 Takt sein, weil mich das immer wieder wahnsinnig freut, wie griechische Rembetika Musiker so schöne loose rollende 9/4 Takte spielen können. Das aber hat nicht geklappt.
[Nebenbei nochmal von Griechenland nach LA zum Surf-Exkurs: Ein sehr schönes Beispiel für synkretische (also unreine, vermischt und zusammengesetzte) Musik ist „Misirlou“. Das Lied stammt ursprünglich aus Griechenland aus den 20 Jahren. Es ist eine Art griechischer Blues, auch Rebetiko o. Rembetiko genannt, der von Subkulturen bzw. griechischen genauer kleinasiatischen Flüchtlingen in Athen und Piräus gespielt wurde. In der 40er Jahren kam das Stück mit Auswanderern in die USA und wurde ein Jazzinstrumental, und in den 60er Jahren wurde erst vom großen Surf-Gitarristen Dick Dale gecovert und dann wurde es bei den Beach Boys zur LA-Surf-Folklore…]
In den loop singt Heike vom Leben auf der Bruchstelle und untergründigen Strömungen im Duett mit einer Slidegitarre. Komischerweise hatte ich mein Initationserlebenis mit dem Slide-Gitarren-Spiel, als ich Blixa Bargeld mit Nick Cave spielen hörte. Das war um 1984 und 1985. Blixa Bargeld verstand es wie kein anderer seiner Zeit, die Bluestechniken und seine Noise-Ideen von den ‚Geniale Dilletanten‘ zu etwas Neuem und Eigenem zu transformieren.
Erst später entdeckte ich dann die legendären Meister der Slide-Gitarre wie Lowell George, Duane ‚Skydog‘ Allman, Robert Johnson (ein großer Slide-Moment, wenn bei „Come In My Kitchen“ nach dem gesprochenen „Can’t you hear that wind howl“ Johnson – wohl wissend wie und dass DER Effekt wirkt – den Flaschenhals nach dem Lick gaaanz leise an den Seiten scheppern läßt und so den Hörer näher ranholt und reinzieht) und Zoot Horn Rollo, der die langen mondsüchtigen Töne bei Beefheart traf und sie fließen ließ. (Big Eyed Beans From Venus, auf: Clear Spot!)
Und damit wir auch wieder auf mein Leib-&Magenthema kommen: die Idee auf der Gitarre ein Glisssando zu spielen, hatten ja nicht nur afroamerkiansche Bluesmusiker, sondern auch Menschen auf Hawaii, die die Saiten mit einem Messerrücken bearbeitet haben. Hier sind wir dann auch wieder bei der unterirdischen Verbindung zum Surfen, das ist nämlich neuerdings Schulsport ebendort in Hawaii.
Ach, seufz: Surfen. Es scheint mir immer, dass es die Menschen an einen Platz mitnimmt außerhalb der Gesellschaft, jenseits von Worten. Surfen (darin dem Musikmachen wohl nicht unähnlich) ist eben nicht nur eine Frage der Technik, sondern vor allem eine Frage des Bewußtseins. Hang loose!