Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Juli 2011

2011 12 Juli

Lammkeule (Rezept)

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2011 11 Juli

Lambchop, Paperback Bible & Radio Days

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I’d like to buy a good
Used paperbacked living bible
And I’ve got some things
That I’d like to put on out there
Like a pony cart and an old bird bath
A kitchen sink and a rocking chair
You can turn me on
Almost any day at noonHey I’d like to put on
A four month old rat terrier pup
I think he’s a male
And he’s marked up pretty and
everything
This woman’s got some goats
But his feets never been on the ground
You can just buy one
Or you can have the whole heardYeah I’d like to find
A twenty seven inch color TV
Has to be non working
An RCA cause I need the parts
And daily there’s an old drive shaft
And the same Berkeline recliner
It’s green and it’s cloth
And it’s been used very little.Then there’s a Reba designs
Size eight, prom pageant dress
It’s icy blue
With sequins worn just once
There are others that are strapless
But this one’s slit above the knee
If you’re looking for
Something perfect for that studentI have always thought
That hand guns were made for shooting people
Rather than for sport
Why not use a rifle in most other applications
You might find a riffle or a musket
But you’ll never hear a pistol
There may always be
Someone looking for or finding someGuess I’d like to sell
A good used paperbacked living bible

Michael Connelly schreibt Thriller. Ich hatte zwei Romane des Amerikaners im Gepäck, als ich vor Jahren, Anfang März, in den ewigen lanzarotinischen Sommer flog. Lanzarote garantiert ein immenses Aufkommen an krisensicheren Ehepaaren, glücklichen Kleinfamilien und entspannten Senioren. Man fliegt nicht dorthin, um sich zu verlieben. Oder Abenteuer zu erleben. Aber man kann auf Kamelen reiten und Kaktusgärten fotografieren.

Seitdem ein reaktionärer Bürgermeister die Tore des alternativen Musikfestivals (musica visual) vor etlichen Jahren schloss, spielt ein Arve Henriksen, ein David Darling, ein Brian Eno  hier nicht mehr. Die Vulkanmusik von Eno und Schwalm – tempi passati. Trinkt man seinen Michkaffee in dem atmosphärischen Bistro der Cueva de los verdes, hört man zuweilen vertraute Ambient Music durch die Luft geistern.

Meine Urlaube dort (wenn ich solo hinfliege) sind geradzu ritualisiert: ich miete ein Appartment in der Rummelstadt im Süden der Insel, und schwärme täglich von dort mit dem Auto aus. Zum Beispiel in  den Norden, zu dem Surfer-Strand, wo alljährlich ein paar Menschen wie du und ich von der Strömung in den Tod gezogen werden. Almodovar (oder Aldomovar, verwechsle ich immer noch!) drehte dort eine Filmszene. In dem kleinen Dorf neben dem Strand gibt es köstliche gegrillte Seezungen. In dem Urlaub war Michael Connelly mein ständiger Begleiter. Der Detektiv Harry Bosch war ziemlich hart drauf, auf der Suche nach einem Serienkiller in Los Angeles. Ich las die beiden Bücher im Original, ich sprach kaum  mit einem Menschen, ausser wenn ich „aqua minerale sin gas“ erbat oder eine Bestellung bei meinem Lieblingsitaliener aufgab (der Orangensaft in der Tratoria Neapoletana ist der beste der Welt; die Orangen kommen aus Afrika, es gibt eisgekühlte, kühle und warme Areale in dem Glas mit den frisch gepressten Früchten), aber ich schweife ab.

Die englische  Sprache wurde zu meiner Muttersprache für zwei Wochen – ich träumte schon englisch,  einmal irrte ich durch den „Echo Park“ und fand eine verweste Leiche –  mit der kleinen Besonderheit, daß ich immer tiefer eindrang in die „Cop-Sprache“ Kaliforniens: innerhalb kurzer Zeit, und dank Michael Connelly, hätte ich mich leicht unter die „private eyes“ der West Coast mischen können und kluge Befragungen nach Verschwundenen durchführen können. Meine Studienzeit in Würzburg hatte ich einst finanziell gut aufgestockt durch meine Mitarbeit in einem Detektivbüro: natürlich hatte ich keine Lizenz, aber die kleinen Jobs waren es wert, vorrangig waren es Beschattungen, die mich einmal sogar in die Provence führten.

Aber das ist eine andere Geschichte, wieder schweife ich ab.  Denn in diesem Urlaub traf ich auf einen echten Schurken. Nichts Böses ahnend, machte ich halt in dem kleinen Fischerort Orzola und hockte mich auf die Veranda eines mir bis dahin unbekannten Restaurants. ich bestellte gebratenen Thunfisch mit kanarischen Kartoffeln. Der Lanzarotekundige unter euch weiß,  das es dort  zu sehr vielen Gerichten  grüne und rote Sauce gibt, eine Spezialität, die man vor Ort auch in Fläschchen kaufen kann. Aber immer ist der Geschmack etwas anders, die Konsistenz von zäh bis dünnflüssig, das Ewiggleiche hält eine erstaunliche Vielfalt bereit. Nun denn, der Wirt bediente mich persönlich und servierte mir nach einer längeren Wartezeit meinen Thunfisch.

Ich fing mit den Kartoffeln an, testete die grüne und die rote Sauce auf ihre besondere Geschmacksnote, und kostete von dem Thunfisch. Er war noch halb gefroren. Ich rief den Wirt herbei und wies ihn daruf hin. Er sagte, er würde den Thunfisch noch einmal in die Pfanne tun (wir sprachen englisch miteinander). Ich sagte, nein danke, von dem Fisch esse ich nichts mehr. Und dass ich  kein Fan von einem Restaurant sei, in dem ein Fisch zweimal die Pfanne erblicken müsse (die Sprache ist hier etwas zu literarisch, ich sagte das nüchterner, musste ja sicherstellen, dass die Botschaft meiner Sätze rüberkam). Er brachte mir daraufhin die Rechnung, und ich sagte ihm, ich denke nicht daran, für dieses Essen  zu bezahlen. Er sagte mir daraufhin (und ich merkte, wie ihm der Kamm schwoll, bildlich gesprochen), ich werde jeden Cent zahlen.  Ansonsten würde er die Polizei holen.

Dieser Satz war einer zuviel, von diesem Bizepstyp, der sicher auch zu blöd war, Pfannkuchen zu schwenken. Ich mutierte daraufhin (aus lauter Spass an dieser Aufführung vor etlichen glücklichenRentnerpaaren, die jetzt ihr Abenteuer des Tages erleben sollten) in den kalifornischen „cop-mode“ und fühlte mich  geradzu heimisch in der rauen Sprachwelt von Harry Bosch. – I won´t give you a fucking cent for this fucking frozen fish, and, well,  look for my friends from the police, I am police myself, in Germany, you know! Die Situation eskalierte weiter, und mir blieb allein die Sprache als Instrument. Bei einer körperlichen Auseinandersetzung hätte ich gegen den tätowierten Affen den Kürzeren gezogen. Gewalt stand im Raum, und ich sagte: – Just dare to touch me, and i will bring you down. „To bring someone down“ kam recht häufig vor in den beiden Connelly-Romanen, und bis heute  weiß ich nicht genau, ob dieser Ausdruck mehrere Bedeutungen hat. „Jemanden auf die Erde werfen“, „jemanden festnehmen“, vielleicht sogar „jemanden umbringen“?  Die britischen Senioren, die Zeuge dieser kleinen Szene waren, hatten gewiss ein besseres Verständnis solcher  idiomatischen Ausdrücke. Der Wirt blieb bebend (und das ist hier keine Übertreibung) auf den Stufen stehen, als ich aufstand und zu meinem Wagen ging.

Ich drehte mich noch mal um und drückte ein letztes Mal (ich war jetzt richtig in Schwung gekommen)  meine Meinung zu seinen Serviceleistungen aus. Ich fixierte ihn dabei mit den Augen. Er rührte sich nicht. Ich fuhr los. Die Bücher, die ich von Michael Connelly in dem Urlaub las, hiessen, wenn ich mich  nicht täusche, „Echo Park“ und „The Brass Verdict“.

2011 10 Juli

Gesammelte Enolalia (dedicated to Tom Boon)

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Derzeit hat Tom Boon, der coole und gewitzte  Hintergrundmann von Eno Web, eine Menge zu tun: aus aller Welt treffen die kontroversen Rezensionen zu Brian Enos „Drums Between The Bells“ ein, aktuelle Interviews  etc.

Sehr lustig sind einige Besprechungen des neuen Werkes, die man nahezu als Hassbesprechungen titulieren könnte: „His Eggheadedness“ ist da noch fast freundlich. Was für ein „Eierkopf“ bin ich dann, als begeisterter Hörer dieser speech-songs?! Hu, hu…

Hier der link zu einem Podcast, in dem Eno  Grundideen seines Albums ausführt. Überhaupt einer sehr gute Sendung:

https://www.bbc.co.uk/programmes/p00hm90b

Hochinteressant ist der Verweis auf einen Email-Dialog zwischen Schriftsteller David Mitchell und Brian Eno. Vor Jahren schickte ich Eno David Mitchells Meisterwerk „Cloud Atlas“ („Wolkenatlas“) – und er war absolut fasziniert.  Hier der Überblick:

https://believermag.com/issues/201107/?read=interview_eno_mitchell

In der New York Times erzählt Eno   von einem geregelten,  ungeregelten Alltag mit Cowboy-Qualitäten, der Wilhelm Genanzino zu einem neuen Roman anregen könnte:

Describing his philosophy of studio work, Mr. Eno tries out another big metaphor: cowboys versus farmers. Most of what happens  a recording studio is repetitive monotony, tilling the same soil over and over to make slight improvements — insufferably boring, in his view. Mr. Eno prefers to see himself as a cowboy — or, even better, a prospector — constantly seeking out new territory, never staying in the same place for long.

“In my normal life I’m a very unadventurous person,” Mr. Eno said. “I take the same walk every day and I eat in the same restaurants, and often eat exactly the same things in the same restaurants. I don’t adventure much except when I’m in the studio, and then I only want to adventure. I cannot bear doing something again, or thinking that I’m doing something again.”

2011 9 Juli

Audio Snapshots (1)

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Songs of Freedom

What's It All About

Was für grausame Musik. Zwei Gitarristen verwechseln große Kunst mit großem Kitsch.

Der eine, Pat Metheny, versucht es feinsinnig, und macht aus Oldies und Evergreens grottenkitschige Besinnungsmusik.

Der andere, Ngyen Le, versucht es opulent, und interpretiert Oldies und Evergreens mit fürchterlichem Weltmusikbombast.

Hier sind auch die Cover aufschlussreich, sie drücken, natürlich unabsichtlich, schon das Elend im Inneren aus: Simpelsymbolik und Selbststilisierung der gekünstelten Art. Die SONGS OF FREEDOM sind in Wahrheit aller Freiheit beraubt und parfümieren den Exotik-Puff der world music-Szene. Und WHAT´S IT ALL ABOUT: das frage ich mich angesichts dieser geschmackvoll präesentierten Nichtigkeiten auch. Vor solcher Musik warne ich sogar meinen Hund.

Really dead music! (for our English readers)

2011 9 Juli

Talking Arve Henriksen

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Arve Henriksen spielt Trompete, singt, setzt sich auch gerne ans Schlagzeug. Und wenn es sein soll, bedient er eine schwere Hammond B-3-Orgel.  Er  hat oft einen Schalk im Nacken sitzen, und er erarbeitet sich höchte Melancholiewerte seines Trompetenspiels mit einer immensen Lebensfreude. Dabei  bleibt er stets  unberechenbar – und doch erkennt man ihn ganz rasch, nach den ersten,  seltsamen Tönen, ganz gleich ob er solo spielt, oder mit seiner Gruppe „Supersilent“… Die meisten seiner Sololaben sind bei Rune Grammofon erschienen, „Cartography“ wurde bei ECM veröffentlicht. Die Alben von „Supersilent“ gehören zum Aufregendsten, was die Welt der improvisierten Klänge zu bieten hat.

 Michael Engelbrecht:  Auf deiner CD „Stron“ finden sich kurze Fragmente aus uralten Aufnahmen, die gleichsam aufgesogen werden von neuen Spieideen, neuen Sounds… eine Begegnung zwischen deinem jetzigen und einem alten Ich?  

 Arve Henriksen:  „Kann man so sagen.  Als ich damit begann, mir meinen alten Kassetten und Minidiscs anzuhören, erinnerten mich meine Klänge sofort an die Gefühle, die ich damals hatte.  Einige dieser Fundstücke  meines Trompetenspiels  finden sich jetzt  auf „Stron“ wieder – sie gehen  bis zu   meinem 16. Lebensjahr zurück.  Ich hatte etliche   „Begegnungen“ mit diesen Skizzen aus der Jugendzeit. Als ich in Trondheim studierte und in die norwegische Musikszene hineinwuchs, wollte ich nicht über diese Dinge reden.  Das Reden über Natur bekommt leicht so einen Anstrich von „New Age“; aber als ich mich durch diese Stapel alten Materials arbeitete, wurde mir klar, wie offensichtlich ich  von der Natur beeinflusst war und bin. Es war sehr interessant, sich da tiefer hinein zu graben!

 Michael:  Mit der gruppe “Supersilent” verlässt du aber stets heimsiche Gefilde. Da öffnen sich die fremdtesten welten, aber manchmal auch ferne Anklänge an wilde ungebändigte Musik aus alter Zeit…

 Arve: Ja, Pink Floyd, Brian Eno, Miles Davis sind einige der Geister, die manchmal und meist unbewusst ins Spiel gebracht werden. Von jon hassell ganz zu schweigen! Natürlich haben wir Vier von Supersilent auch  viel Miles Davis gehört, aus seiner elektrischen Phase in den Siebzigern. Und diese Siebziger Jahre sind wohl die bedeutsamste musikalische Inspirationsquelle für  jeden einzelnen von uns.  Was für ein Jahrzehnt! Und zuweilen,  wenn unsere Musik etwas symphonisch wird, dann kann ich mir vorstellen(lacht laut) : „Emerson, Lake and Palmer“ sind nicht so weit entfernt! Manchmal sehe ich Verbindungen, aber da wird nie etwas bewusst zitiert:  ich kann bestimmte  Assoziationen auch nicht dingfest machen an einem  bestimmten Stück, aber ich kann die besonderen Noten fühlen und spüren, die eine andere  Ära bei Supersilent einschleust…  

Michael: Bist du ein visueller Typ, bei dem  leicht Bilder im Kopf entstehen?  

Arve: „Ich bekomme beim Spielen nicht oft Bilder in den  Kopf.  Aber manchmal stellen sich flüchtige Ahnungen  bestimmter Gefühle ein, oder  es kann geschehen, daß bestimmte Farben sehr lebendig werden.  Ab und zu fühlte ich mich dadurch  in die Räume meiner Kindheit versetzt,  an die  Westküste Norwegens –   da gibt es tausend Meter hohe Berge auf jeder Seite eines sehr engen Tales, und Gletscher, die von den Seiten herabhängen;  im  Sommer kann es dort  auch sehr warm werden, und das Licht erhält eine ganz spezielle Tönung; wenn ich Solokonzerte gebe, kann ich solche Bilder ab und zu ausmalen, die meist mit einem melancholischen und nostalgischen Flair einhergehen.  Wenn ich diese Momente erlebe eines Zurückgehens-in-der-Zeit, und alte Gerüche  oder Atmosphären wieder auftauchen,  dann bin ich immer wieder erstaunt über das, was Musik erreichen kann.

 

(Dieses Photo wurde von Gregs in der Nähe von St. Tropez geschossen, im Juni 2011. Stundenlange Verhöre durch den französischen Geheimdienst waren die Folge, als er es der Lokalzeitung für ein hübsches Sümmchen verkauft hatte.)

 

Sven Großhans (ein neuer Manafonista?) schreibt über das Buch mit dem obigen Titel, das von Michael Scheschte und Martin Engelbrecht herausgegeben wurde, folgendes: Ein geglücktes Resultat dessen, was geschehen kann, wenn man sich ernsthaft und ohne falsche Vorurteile auf ein Terrain begibt, das aus wissenschaftlicher Warte sonst oft kritisch beäugt oder gar belächelt wird. Die beiden mit allen Wassern gewaschenen Herausgeber „entführen“ uns mit dem Sammelband „Von Menschen und Außerirdischen – Transterrestrische Begegnungen im Spiegel der Kulturwissenschaft“ in eine hochinteressante Welt, in der „der Außerirdische“ von verschiedensten Seiten betrachtet und damit seine – vor allem gesellschaftliche – Relevanz ausgelotet wird. Der Sammelband zeigt, dass es möglich und durchaus fruchtbar sein kann, wenn man mit ungetrübtem Blick auch ungewohnte Themenbereiche sozialwissenschaftlich aufzubereiten vermag. So entfaltet sich eine Kartographie des Extraterrestrischen, in der Kunst und Medien genauso ihren Platz finden wie das Phänomen der Entführung durch UFOs oder auch das mittlerweile hochanerkannte SETI-Projekt. Mit dem nötigen Feingefühl ausgestattet gelingt es den einzelnen Autoren, die unterschiedlichen Bereiche auf eine Weise zu zeigen, wie sie einem sonst eher verborgen geblieben wären. Matthias Hurst beispielsweise führt uns auf interessante Art und Weise „Darstellungen und Interpretationen von Außerirdischen in Film und Fernsehen“ vor Augen, die ebenso einleuchtend wie erhellend sind. Im Aufsatz „Entführt! Von irdischen Opfern und außerirdischen Tätern“ entwirft Michael Schetsche ein neuartiges integratives Erklärungsmodell, dass die spezielle Thematik der „Abduktion“ (- die Entführung durch UFOs -) in einer nur selten zu findenden Klarheit erscheinen lässt und ein tiefergehendes Verständnis der soziopsychologischen Prozesse ermöglicht. Auch mutmassliche Entführungsopfer kommen zu Wort, die sich dann großenteils in fremdsprachigen Lauten artikulierten und in die Psychiatrie eingeliefert wurden.  Bestimmt kein Buch für jedermann – aber für jeden, der sich unvoreingenommen und auf wissenschaftlicher Ebene mit dem breiten Themenspektrum des Extraterrestrischen beschäftigen möchte. Auf diesem Gebiet gibt es derzeit keine (ernstzunehmende) Alternative zu diesem modernen Standardwerk der (Exo-)Soziologie!

 

Das waren noch Zeiten, als,  gerade mal 10 Minuten von meiner Haustür entfernt, die Platten, Bücher und CDs von Soul Jazz Records promoted wurden. Alle paar Wochen ging ich da vorbei, und kam mit neuem Stoff aus dem Hauptquartier des Labels von Stuart Baker nach Hause: die Roots Reggae-Fundgrube von Sir Coxsone Dodd schien unerschöpflich, aber es gesellten sich auch brilliante Kompilationen aus Brasilien, der New Yorker-Noise-Szene und anderen historischen Quellen hinzu. in letzten Jahren finden sich da auch viele brandaktuelle Produktionen aus der Dub-Step-Szene Britanniens, eine Musik, mit der ich allerdings nicht wirklich warm werde. Also kehrte ich immer wieder zu den „Perlen“  zurück: wilder, nie gehörter Jazz aus den 60er Jahren, herrlich ungezähmt, aber auch kubanische Ritualtrommeln und  harsche Elektronik aus New Wave-Zeiten. SoulJazz Records ist bis heute eine Bereicherung für meine Sendungen im Deutschlandfunk geblieben. Vielleicht macht Sie dieses kleine Interview (das seinerzeit als „Corsogespräch“ über den Äther ging) neugierig,  sich mal auf der Homepage von SJR umzuhören.

Tropicalia - A Brazilian Revolution in Sound

Woran arbeiten sie gerade in ihrem Büro in Soho?

  „Wir arbeiten an einem Buch mit dem Titel „New York Noise“ – ein Buch über die New Yorker Musik- und Kunstszene der 80er Jahre, mit Bildern von vielen Protagonisten  und mit Texten, etwa  von David Byrne oder  Cindy Sherman.  Und da nähert sich die Deadline, heute muss der komplette Text in die Post gehen!  Zudem beende ich gerade die Begleitexte für unsere zweite  „Tropicalia-Compilation“, die brasilianische Musik in den Siebzigern!  

In früheren Jahren zogen sie ja länger durch die USA,   im mit der Musik im Blickfeld. Wieso waren sie so scharf auf Raritäten, unabhängig von ihrem komerziellen Wert?

 „Ich war eigentlich besonders an schwarzer amerikanischer Tanzmusik interessiert. Ich weiss gar nicht so genau, woher diese Faszination rührte. Auf jeden Fall war es ein guter Weg, die USA zu erfahren, und nebenher eine Art musikalische Erziehung zu erhalten.“ 

Sie sagten einmal: man kann dieselbe Faszination für eine Jazzplatte aus den 50er Jahren empfinden wie für ein modernes Tanzalbum. Man muss es nur in der richtigen Weise präsentieren. Können Sie diesen Gedanken etwas ausführen?

 „Es ist meine eigene Erfahrung, dass ich die Musik einer anderen Kultur und einer anderen Zeit genauso genießen kann, wie Musik aus dem heutigen England. Hermann Hesse kann für einen 16-jährigen englischen Jugendlichen  genauso spannend  sein wie ein brandneuer  Roman. Es geht halt   um die Weise, wie man eine Umgebung präsentiert, die sich außerhalb deiner eigenen,  gewohnten   Kultur befindet. Und das ist die Freude daran, eine Plattenfirma wie Soul Jazz Records zu haben.“ 

Soul Jazz Records ist berühmt geworden für all die immer  noch sprudelnden Veröffentlichungen aus dem legendären Archiv des Studio One  von Sir Coxsone Dodd. Können Sie etwas erzählen von ihrer Beziehung zu Coxsone, und zu ihren Kämpfen gegen die „englische Reggaepolizei“?

 „(lacht) Ja, das ist wahr. Unsere Beziehung  begann vor etwa 10 Jahren – wir sagten ihm, dass wir gerne mit ihm zusammenarbeiten würden,  und  sandten Coxsone eine Sammlung unserer Arbeiten. Er mochte es, daß wir kein reines Reggae-Label waren, sondern alle möglichen Genres von Musik im Programm führten. Nicht zuletzt  Jazz und Soul – diese Musik liebte er sehr!  Er gab erst mal sein Ja für ein Projekt. Ich traf ihn in New York, und  das führte mit der Zeit zu einer Freundschaft – und zu Reisen nach Jamaika. Er gab uns auch grünes Licht für einen Film!  Von da an haben sich die Dinge stetig  weiterentwickelt. Und was die etwas sarkastische Bemerkung von der  „Reggae Polizei“ betrifft –  nun, die Wege, die Soul Jazz Records ging , waren in den frühen Jahren ziemlich gewöhnungsbedürftig für viele Leute. Uns ging es ja darum, Verbindungen aufzuzeigen zwischen Reggae, Soul- und Funkmusik! Und was jetzt ziemlich offensichtlich erscheint, löste vor gut zehn Jahren noch ziemlich viel Befremden aus.  Und viele Leute, die mit ihrer Liebe zum Reggae aufgewachsen waren, hatten da eigene Empfindsamkeiten entwickelt.  Und die richteten sich gegen unsere Vorgehensweisen. Da gab es einige Reibereien, und das war auch ein Generationenproblem!“  

https://www.youtube.com/watch?v=2AEwK0Gyd4o

„Die Reggaemusik hat ja oft ein sehr verklärtes Sonnenschein-Image. Aber die Wahrheit war eine andere: Berühmte Sänger wurden ermordet; Armut machte sich breit, Wohlstand war kaum zu erlangen, wenn man  keinen „dicken Vertrag“ von großen Labels aus England bekam. Wieso, denken Sie, strahlen diese alten Reggaeklänge heute noch für viel eine eigen Magie aus?  Es ging ja um eine Musik, die oft mit alten defekten Maschinen erzeugt wurde….“ 

 „Ich denke nicht, dass Reggae einfach nur eine Emotion verkörpert. Es hängt von der jeweiligen Zeit ab: „Ska“ war sehr turbulent und aufregend, spiegelt die  Unabhängigkeit und die eigenen Wurzeln; in den 70ern wurde der Reggae nicht melancholischer, aber teilweise dunkler.  Wieder spiegelte die Musik die Zeit, aber, wie bei aller Musik, die ich mag, kam hier stets   etwas Rohe und Raues zum Vorschein, etwas Ungeschliffenes. Diese  Reggae ist sehr roh, und das kommt bei den alten Aufnahmen sehr klar zum Ausdruck.“

Studio One Classics

https://www.souljazzrecords.co.uk/index.php

 

2011 4 Juli

Ausgerechnet Alaska

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“In this parallel universe called reality…” – wenn einer in “Ausgerechnet Alaska” mit solchen Worten umgeht, dann ist es gewiss Chris in the Morning, der Radiomann von Cicely, diesem verschlafenen Nest in Alaska, Schauplatz einer der besten Fernsehserien aller Zeiten. Anfang der Neunziger Jahre flimmerten die sechs Staffeln über die Mattscheibe – es war noch die gute alte Zeit guter alter Fernseher, und die Serie hat, was Schnitt, Montage, Sound etc. angeht, alle Merkmale des Fernsehhandwerks von gestern. Doch die Form kann dem Inhalt nichts anhaben, hier entfalten sich skurrile Begebenheiten, die mit so viel natürlichem Charme daherkommen, dass nicht mal das Groteske ins Groteske abgleitet: ob unsere Buschpilotin meint, ihrem toten Ex-Geliebten erneut zu begegnen (er ist mittlerweile zu einem Hund mutiert und spielt die Rolle vorzüglich), ob die einheimischen Emus den konservativen Machtmenschen Dr. Minnifield verachten,  deshalb nur noch kleine Eier legen und ihm damit den Traum vom Big Business verderben, oder gelegentlich ein Zeitgenosse von Weltraummüll erschlagen wird –  wir staunen und lassen uns in diese kleine Welt locken. Und damit keiner denkt, dies sei alles nur ein Traum, dreht der von den Indianern abstammende Ed einen geradezu dokumentarischen Film über diese Stadt. Nebenbei lässt er sich von  einer steinalten Filmkritikerin die Magie von Bergmann-Filmen erklären. Und wundern Sie sich nicht, wenn am Ende von zwei Episoden Songs von Daniel Lanois und Brian Eno auftauchen: das ist ganz normal für Cicely, Alaska.

https://www.youtube.com/watch?v=RtZWhRRX3kI&feature=related

https://www.youtube.com/watch?v=mYwX99iQ8Iw

https://www.youtube.com/watch?v=Dpr4OtVcQKA


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