Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Archives: Mai 2011

Finden Sie nicht auch, dass die Kalbsleber viel zu selten thematisiert wird im Feuilleton? Wenn Sie mal in Köln sind, machen Sie einen Abstecher zu meinem neuen Stammrestaurant in der Alteburger Strasse! Es heisst schlicht FELDKÜCHE. Dort finden Sie nicht nur ein schräges Interieur voller verrückter Einfälle (die Gründungsmitglieder der Manafonistas würden hier wohl  allwöchentlich einkehren, wären sich die Drei nur je in der wirklichen Welt begegnet!) , sondern auch eine Internationale Küche, die Einfaches virtuos und Virtuoses ohne grosse Show auf den Teller bringt. Köstlich, das nur nebenbei,  das Tzatziki! Und die jüngste Kreation, die Kalbsleber mit Pürree und einer dezenten Gemüsebeilage,  schlägt alles, was Sie sich in diesem Augenblick vorstellen, unter einer „Kalbsleber mit Pürree und einer dezenten Gemüsebeilage“. Pürree:  das ist doch gemeinhin diese Kartoffelpampe, die schnell satt macht und besonders  in der Nachkriegszeit hoch im Kurs stand. Hier wird sie al dente serviert, einzelne Kartoffelsegmente sind  bestens erhalten, und kleine geröstete Teile (ebenfalls aus Kartoffel) sorgen wür ein crosses Feeling. Die Kalbsleber selbst ist auf genialische Weise zart – dazu passt ein trockener Burgunder, aber auch ein erdiger Merlot. Der Filmtipp zum Restaurantbesuch: Mein Essen mit Andre (von Louis Malle) –  Ideale Musik für  hinterher: Bob Marley and the Wailers: Catch A Fire (die Ursprungsfassung der Wailers!) (Platzreservierungen: 0221-3761497)

2011 6 Mai

Understatement and Passion (The Go-Betweens)

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Wenn Sie auf die Webseite der Go-Betweens gehen, finden Sie dort alle Orte und Zeiten sämtlicher Auftritte der Band. Ich weiß dann rasch, wo ich an bestimmten Tagen meines Lebens war. Als ich die Band das erste Mal sah, in Bochum in den 80er Jahren, stand auf einmal Grant MacLennan neben mir am Urinal. Ich dachte mir: woher bekommen Popmusiker nur diese wunderbaren Pullover her? Und sagte ihm, dass dies wohl nicht der ideale Ort sei für so eine Ansprache und etwas absurd wirke, dass ich  die Musik der Go-Beweens einfach liebe. Etwas in der Art. Grant nahm das sehr freundlich auf.  Heute jährt sich sein 5. Todestag. Ich erfuhr von seinem Tod, als ich Tage später in einem Cafe die Süddeutsche Zeitung las. Den Nachruf. Traute meinen Augen nicht.  Traute den Tränen, die einfach so liefen.  Weiß noch, wie warm es war, an diesen frühen Maitagen 2006.   Gestern hörte ich im Auto-CD-Player nach langem mal wieder das Album TALLULAH. Mit dem tollen Song „The House That Jack Kerouac Built“. Ich mag sie alle, aber meine Lieblingsgalben sind über die Jahre „SPRING HILL FAIR“ und „LIBERTY BELLE AND THE BLACK DIAMOND EXPRESS“ geblieben. Denke ab und zu immer noch an seinen Pullover, damals in Bochum. Ich glaube, er war aus Schafswolle und bunt, ohne dass die Farben dominierten. R.I.P.

2011 5 Mai

Brixton Dawn

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Spit this swivel-lid philosophy

On his patch come morning,

the crimson Brixton dawn sees ravens squawking

The crackjack pishjaws walk and cluck,

clubland pigeons picking at abandoned buckets

Heavy with Kentucky hustle under Brixton´s silty sky

Mum do chickens fuck?

No dear they come from Sainsbury

(Das ist ein Gedicht von  Rick Holland, dessen Gedichte auf Brian Enos kommendem Album vertont werden. Hat viel mit Vögeln zu tun. Man lasse den Text auf sich wirken, sobald man ihn einigermassen verstanden hat – einfach zu übersetzen sind hier mal gerade die letzten zwei Zeilen auf Anhieb –  und stelle sich vor, wie man sowas am liebsten vertonen würde………also:  das Duo  Katharina H. – „Josie“ Siemer sollte sich mal daran machen!  Du spielst doch eine atmosphärische Gitarre, Josie, oder? Dieses Gedicht wird  auf der Eno/Holland-CD nicht dabei sein.)

2011 5 Mai

Der Alchemist

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Dieser gute Titel eines Bestsellers mit dürftigem Inhalt von Paulo Coelho könnte auch den Musiker David Sylvian treffend bezeichnen. Alles, was Letzterer an Mischpults, Keyboards, Saiten zwischen die Finger kriegt, um damit seinen halbgotthaften Gesang zu inszenieren – all das ist schon deshalb interessanter als das erstklassige, geschmackvolle Klangambiente von Arve Hendriksen, Jan Bang, Jon Hassell und Anderen: weil eine erzählende Gesangs-stimme durch die Landschaft führt.

Sylvian gibt den edlen Sounds Geschichten und Persona hinzu. Von solcher Qualität,
dass die Creme der Jazzer und Avantgardisten am Hofe stets zu Diensten standen. Überliefert ist die Geschichte, dass kein Geringerer als Robert Fripp sich freute, vom Meister ins Studio geladen zu werden – dann aber letztendlich auf dem darauffolgenden Album gar nicht erschien. So kann´s kommen, wenn der Alchemist einige Zutaten streicht und andere hinzufügt. Mist, Robert.

Nevertheless, something is missing in his music, despite all merits: there´s a lack of drive, momentum in it. It sometimes sounds a little sleepy and restrained. It´s not really
rockin´, hardly swinging and brasilian bossas are completely absent. And thats ok,
cause you won´t go to the butcher´s to buy bread – and this songs were never
made for dancing. (i guess)

Seltsam bleibt auch die Überhöhung, die manchem Künstler und seinen Werken zukommt:
so fragte ich einst im Plattenladen nach „Ember Glance – The Permanence of Memory“
(mit Russell Mills), von merkwürdigen Sehnsüchten getrieben. Der Verkäufer schaute im Katalog nach: „Ei, was ist denn das für´n morbides Machwerk – ja, kann ich bestellen.“   Ich ließ es dann doch bleiben.

Im Gegensatz zu Paulo Coelho hat Sylvian aber weit Besseres produziert als nur
morbides Machwerk oder esoterisch trüben Trost – und Jedermann, der (alten) Göttern gegenüber abtrünnig wird, ist mir sowieso sympathisch. But be cautious: its Alchemy –
the permanence of ambivalence!

2011 4 Mai

Die tiefgefrorene Jazzredaktion

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Gestern traf sich ein munteres Oktett des Deutschlandfunks zu einer Fotosession auf dem Dach des Senders. Die mitgebrachten Instrumente von der einsaitigen (!) Violine bis zur Mbira liessen eher an das World Music Department von Radio Ibiza denken, aber, abgesehen von dem eisigen Wind, der dort oben wehte (Anja Buchmann trieb er die Tränen aus den Augen) war die Stimmung ausgelassen. Der Chef, Harald Rehmann, thronte mit seiner exotischen und leicht derangierten Sitar über seiner Crew, während Karsten Mützelfeld mit seinem Akkordeon einem alten Hans Albers-Film entsprungen zu sein schien. Auch die mit den fliegenden Haaren an der Gitarre, Martina Bedzent, verströmte, zwischen Blondie und Lagerfeuer, den unschlagbaren Charme alter Zeiten!

Karl Lippegaus hatte sein neues Buch mitgebracht, eine Biographie über John Coltrane, deren Veröffentlichung unmittelbar bevorsteht. Bei seinen Recherchen stiess er auf ein paar seltene Fotos, die den Reiz der Lektüre gewiss noch erhöhen: einmal sieht man Coltrane auf seinem Horn zu den Klängen einer Albert-Ayler-Platte improvisieren. Bert Noglik wird das Buch eingehend vorstellen,  in einer der kommenden Ausgaben der JazzFacts. Und das Ergebnis der Fotosession, sowie eine schriftliche „Visitenkarte“ der Jazzredaktion werden bereits im Programmheft vom Juni erscheinen. Wenn soviele Jazzverrückte sich treffen, wird natürlich über kurz oder lang auch von neuen tollen Platten geredet. Karl ist begeistert von der Solo-Piano-Platte „Avenging Angel“ von Craig Taborn. „Eine der 5 großen Solo-Piano-Platten seit Keith Jarretts „Facing You“, meinte er.

2011 4 Mai

Jon Balke: Siwan

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Es begann alles damit, dass ich die CD in meinen Player schob, auf dem Weg zwischen Arrecife und El Golfo. 23 Grad, spät nachmittags, und dann kam ein einsames „Wow!!!“
aus meinem Mund, als die ersten zwei Stücke von Jon Balkes neuem Werk vorüber waren. Ich kenne die Musik des Pianisten schon lange, der früher bei „Masqualero“ spielte, später mit „Oslo 13“ Fusio Music und Nordafrikanisches aufregend mixte, und schliesslich mit seinem „Magnetic North Orchestra“ Wege aufzeigte, wie man Neue Musik, Jazz und Afrika ohne akademischen Kunstkrampf & Allerweltsklänge kombinierte.

SIWAN ist Jon Balkes abenteuerlicher Versuch, Parallelen hörbar zu machen zwischen Alter Musik aus Europa (Barock), al-andalusischen Traditionen (9. bis 15. Jahrhundert) und moderner Improvisationskunst. Dazu hat der 1955 geborene Pianist die idealen Spiel-gefährten an seiner Seite: den Trompeter Jon Hassell, den Violinisten Kheir Eddine M-Kachiche, den Trommler Helge Norbakken, ein norwegisches Ensemble mit versierten Kennern des Barock und – vor allem – die Sängerin Amina Alaoui aus Marokko!

Wie freigeistig die muslimische Kultur und Wissenschaft war, die in „Al-Andalous“ in gar nicht so grauer Vorzeit den Ton angab, kann man den alten Texten und Gedichten ablesen, welche die Grundlage bildeteten für diese Kompositionen. Jon Balke erinnert mit dieser Phantasie an eine Ära, die von der Inquistion gnadenlos verfolgt wurde – das „Ende vom Lied“ war, dass diese freizügige muslimische Geisteswelt (fernab der heute den Ton angebenden Fundamentalisten) heuzutage kaum noch erinnert wird. Dabei war ihr Einfluss, etwa auf die Renaissance, immens; die Bibliotheken von Cordoba horteten Wissenschätze ohnegleichen.

Wie sich auf SIWAN diese diversen Klangszenarien durchdringen, ist fabelhaft – die Musik bleibt stets melodisch, auch wenn sie ein Feuerwerk an rhythmischer Energie abfackelt oder einzelne feine Sphären ohne Eile auslotet. Die Wechselspiele zwischen der raumgreifenden Stimme der Marokkanerin und dem „Schlangenbeschwörer-Sound“ von Jon Hassell nehmen gefangen. Die Spiegelungen zwischen arabischen und barocken Figuren öffnen den Raum noch einen Spalt mehr. Seltsam genug, aber Jon Balke spielt nicht mit der postmodernen Trickkiste: SIWAN ist modern, alt, märchenhaft, verwirrend, überfliessend, transparent.

Als ich mit dem Wagen in El Golfo angekommen war – zuende gehört hatte ich die Musik
an diesen berüchtigten Vulkanklippen der Westküste Lanzarotes, deren Name mir gerade entfallen ist – nahm ich Platz im Fischrestaurant meines Vertrauens. Und dann passierte einer dieser sonderbaren Zufälle, wenn man die richtige Musik zur richtigen Zeit am richtigen Ort hört: ich las die beiliegenden Texte von SIWAN (die sowohl arabisch abgedruckt sind – viel Spass beim Volkshochschulkurs! – als auch auf englisch) und musste so sehr schmunzeln, als ich sich die Augen an folgende Zeilen hefteten:

“ A serene evening
We spent it drinking wine.
The sun, going down,
Lays its cheek against the earth, to rest … „

Nun, ich war allein, aber ein Glas Wein stand auf meinem Tisch, und die Sonne bereitete sich gerade auf ihren first-class-„westcoast“-Untergang vor. Ich blieb, bis es kühl wurde, stieg ins Auto und schob SIWAN ein. Die Musik funktioniert auch in Mitteleuropa,
habe ich später rausgefunden. Überall, wo „free spirits“ hausen … unglaublich gute Musik.

Ich bin deutscher Meister geworden. Der BVB hat ein modernes Märchen geschrieben. Am Tag nach dem ersten Glückstaumel fuhr ich an der Wiege von Borussia Dortmund, am Borsigplatz, ein paar mal im Kreis. Ein bisschen Müll lag auf dem Grün, die meisten Menschen schliefen noch, I was a happy man.  Zwei Tage nach dem Triumph fuhr ich mit meinem Toyoten von Getränkeshop zu Getränkeshop, um das Meisterbier vonBrinkhoffs zu bekommen. Die erste Auflage war überall ausverkauft.  Am Mittwoch werde ich mich wieder auf den Weg machen, ich will eine Flasche Barrios trinken, eine Flasche Kagawa, eine Flasche Subotic. Subotic fuhr gleich nach dem Triumph mit einem Mazda  ins Kreuzviertel, und feierte vor Ort. Was hat Subotic da für einen scharfen Song im Auto! Ekstase ist gesund. Im Kreis fahren macht glücklich. Der Borsigplatz bebt.

https://www.youtube.com/watch?feature=player_em bedded&v=GmPko8L5A0I

Ich genieße meinen Tag,
meinen Platz in der Sonne;
werde wachsen, dem zu ähneln,
der ich geworden bin.

Es wird Gelegenheit zur Reflektion geben,
wenn ich diese Ebene erreicht habe –
wenn der Krieg gewonnen ist,
und man nicht weitergehen muß.

Und ich fürchte, dass Alles reicht nicht aus …

Ich habe Glück gehabt.
Ich schwörte, zu genießen,
was ich mir selbst versprochen hatte,
als ich noch ein Junge war –

als ich ein Junge war
und die Dinge zu langsam voran gingen.
Universen schwirrten umher,
Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte.

Als ich ein Junge war
und Fehler machte,
da wurde ich erniedrigt
bis ich meinen Platz kannte.

Und ich fürchte, das Alles reicht nicht aus …

Ignoranz ist verletztend,
Ungerechtigkeit putscht auf.
Ich erinnere mich an die Gefühle,
vergass aber ihre Namen.

Als ich ein Junge war,
durchschaute ich ihre Lügen
und ich schwörte, nicht das zu werden,
was ich verachtete.

Aber die Ereignisse überollen dich,
während du Ausschau hältst
nach größeren Spielen,
auf größere Höhen.

Gott segne die Amnesie
und das, was ich verdrängte.
Ich kann das Bild neu rahmen –
den Rest kann ich verwerfen.

Eine Geschichte voller Lücken,
mit den Teilen, die nicht passen;
mit der Story, die du dir erzählst
und deinem Platz im Ganzen.

Und ich fürchte, das Alles reicht nicht aus …

Also mache eine gute Miene,
zieh´ den Knoten enger!
Sage, was du denkst,
gib zu den Lügen Wahrheit.

Und ich fürchte, das Alles reicht nicht aus …


David Sylvian: „A History Of Holes“

aus dem Album SNOW BORNE SORROW (Nine Horses)

Übersetzung aus dem Englischen
von Jochen Siemer

2011 1 Mai

London, 8. Mai 2011

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Grant McLennan tribute

2011 1 Mai

The Wrong Road

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Einer der überragenden Go-Betweens-Songs, THE WRONG ROAD.
Am 6. Mai 2011 jährt sich der 5. Todestag von Grant McLennan.
A trader in furs living in exile
Boy what a kook
Look at that passport
Stale bread and paper without privilege
If you live here learn the language
When the rain hit the roof
With the sound of a finished kiss
Like when a lip lifts from a lip
I took the Wrong Road round
A room in a lighthouse
Near the park
The ghosts in the next room hear you cough
Time drags on Sundays spent in Mayfair
With all your riches, why aren't you there?
The wind acts like a magnet
And pulls the leaf from the tree
And the town's lost its breath
I took the Wrong Road round
Handsome is good, pretty is better
What was that phrase
Grace under pressure?
Blind by the light bulb
Blood to the bank
Lost all yours letters when the ship sank
In the disjointed breaking light
The soft blue approach of the water
Makes a sound you won't forget
I took the Wrong Road round
Stranded at low-tide where the river bends
Wouldn't you know it, that's how life ends
Lucky at cards, that's an old lie
Lucky in love, that's how life ends
Well the turncoats turned around
When they heard the sound of the bell
Dropped their coins into the well
I took the Wrong Road round
Started out Oliver, ended up Fagin
Don't you worry, it's my problem
What's my name, what's my number?
I'm the lonely one
It's just at the end of the day
When the light makes its slow move away
That I know all I can say is
I took the Wrong Road round
Gambled with risk
Paid you back with risk
So now you know who your friends are
They'll steel your shadow when your back's turned
Bouquets of flowers
Lesson's over
When the rain hit the roof
With the sound of a finished kiss
Like when a lip lifts from a lip I took the Wrong Road round
https://www.youtube.com/watch?v=PVrbO6CihGY&feature=related

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