David Sylvian hat genau zwei perfekte Platten in seiner Post-Japan-Ära gemacht: Brilliant Trees und Secrets of the Beehive, beide bedeutend (seit „blemish“ sind die würfel neu gefallen). Ausgerechnet mit Snow Borne Sorrow nun tat ich mich Anfangs schwer. Es erschien mir zu perfekt und zu kalt abgemischt. Ich ließ es ganze vier Jahre lang links liegen, ohne es mir überhaupt richtig anzuhören. Dann aber stellte sich heraus, dass weder von Anderen noch von ihm selbst Adäquates nachkam und so widmete ich mich spät dann doch noch diesem Werk. Es kam, wie´s kommen musste: ich fand es plötzlich gut! Der Song „A History Of Holes“ bietet eine abgeklärte, aufgeräumte Rückschau auf ein bislang gelebtes Leben. „Atom And Cell“ führt mit seinem notorischen, minimalistischen Dreivierteltakt mitten hinein in die Materie. „Darkest Birds“ kann als Hommage gelten an alle Kreaturen, die sich in semi-depressiven Schattenregionen einrichten (müssen). Ihnen wäre mehr „Serotonin“ zu wünschen. Das Titelstück „Snow Borne Sorrow“ bietet diese experimentelle Vertracktheit, die Sylvians Kompositions- und Arrangierkunst deutlich von Seinesgleichen unterscheidet. Und zu guter letzt „The Day The Earth Stole Heaven“, einer meiner Favorite-Sylvian-Popsongs, nahezu pefekt (just a little sagging at „if you look at her sideways“). Die Riege der Musiker, die dem Meister des sophisticated-upperclass-songwriting hier zur Seite stehen, darf keinesfalls verschwiegen werden: allen voran Bruder Steve Jansen, dessen Drum-Kunst und Einfluß auf das sylvianische Gesamtkunstwerk nicht genug herausgehoben werden kann; Burnt Friedman; Keith Lowe, dessen satter Kontrabass an Danny Thompson erinnert; Stina Nordenstam; Ryuichi Sakamoto und Arve Hendriksen, um die wohl Wichtigsten zu nennen. Ja, dieses Album lässt sich heutzutage immer noch gut anhören und man kann nur hoffen, dass die neun Pferde erneut von der Koppel gelassen werden – someday, somehow.