Manafonistas

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Der Alphazustand ist bekannt als introspektiv und kreativitätsfördernd. Lebt man eine Woche lang direkt am Atlantik, völlig abgelegen im südwestlichen Irland, in einem riesigen Haus voller Geschichten, so kann dies einiges bewirken, sagte Denise. Ist Achim Musiker?, fragte ich, denn ich hatte in seinem Plattenschrank eine CD mit eigenen Liedern entdeckt, die stammten allerdings noch aus dem vorigen Jahrtausend. Er ist Fotograf, sagte Denise, sie holte einen großformatigen Band aus einem Bücherregal und blätterte ihn auf. Die Fotografien sehen aus wie Bilder, in ihrer Düsternis und in ihrem Interpretationsspielraum würden sie sich hervorragend als Cover für die Alben von Scott Walker eignen, dachte ich sofort. Ich erinnere mich an einen angedeuteten männlichen Oberkörper, hell, sonst alles schwarz. War da ein Kopf? Ich weiß es nicht mehr. Entfernt die Erinnerung an ein Bild von Edward Munch, das ich in meiner Postkartenssammlung habe. Madonna oder so.

Der Höhepunkt aus Achims Plattenschrank ist die Sammlung an Alben aus dem Hause ECM. Ich habe fast nur Pat Metheny aufgelegt, von denen es ungefähr ein Dutzend gab. Eine ruhige, entspannte Sommermusik (auch wenn die Sonne nicht die irische Insel fand), Endlosschleifen, die sich manchmal unbemerkt verändern, weil ich zwischendurch abgedriftet bin in meinen Gedanken, gut gelaunt und leicht, aber dennoch nicht oberflächlich, wenn ich mir auch ein paar manchmal mehr Kratzer, Kippmomente oder Sprünge in dieser schwebenden Perfektion gewünscht hätte. Dafür ist es eine Musik, die ich Gästen zum Abendessen zumuten kann, die ich mit „Bécs“ von Fennesz (immer noch meiner No. 1 dieses Jahres, leider außerhalb von Achims Plattenschrank) verjagen würde.

Auch sehr überzeugend: „mystic jazz“ von Paolo Rusticelli.

Eine ganz andere Musik: das Tuckern der Motoren der Fähre, direkt unter meinem Kopf, als ich die ganze Nacht schlaflos quer liegend auf zwei abgewetzten Ledersesseln lag, zugedeckt von meiner Winterjacke.


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