Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

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Blake Mills versteht sich darauf, Szene, Sound, Landschaft, Requisiten, Akteure und  Methoden  von Fall zu Fall  zu ändern, mitunter drastisch, und sich dabei treu zu bleiben, mit diebischem Vergnügen und nonchalant. Ist er ein Trickser oder ein  Magier, ein „voyager“ oder ein „maverick“? 

„Jelly  Road“ ist ein herrlicher Trip. Es braucht nur eine kurze Eingewöhnung an die Andersartigkeit des Sounds. Anfangs wähnst du dich vielleicht an  einem Lagerfeuer, in einem Slow Motion-Kabarett, oder einem Spiegelsaal voll wunderlicher Reflektionen, im nächsten Moment gibt es einen John Prine-Effekt, und du blickst aus einem Motel am Rande einer staubigen Landstrasse, und würdest dich nicht wundern, wenn Kelly Reilly aus der Serie „Yellowstone“ auf einmal aufkreuzen,  und dir ein  verschwörerisches Lächeln und ein Banjo zuwerfen würde. Die Musik hat etwas Surreales, und das ist mehr als eine Floskel.

Ich  komme jetzt nicht daher mit der verzweigten Vita von Blake Mills als Multiinstrumentalist, Gitarrist, Komponist und Produzent, der so manches tolllkühne Experiment gegenfinanziert mit lukrativer Studioarbeit (wie etwa bei der Serie „Daisy Jones And The Six“, bei Bob Dylan oder Lana del Rey). Macht er so weiter, wird seine Allgegenwart (in vorzugsweise exquisiten Umgebungen) dereinst nah an Brian Enos modus operandi herankommen, mit dem ihn übrigen ein vorzugsweise subversiver Umgang mit dem Tonstudio, und Songformaten sowieso, verbindet, zudem die unvergängliche Wertschätzung von Randy Newmans „Good Old Boys“.

„Jelly Road“ ist auch insofern ein magisches Album, als dass wir hier beim Hören eigentlich fortlaufend sehr ungewöhnlichen Klangkunststücken begegnen, die aber so dargeboten werden, dass sie mit der Zeit seltsam organisch wirken. Man bleibt also nicht, wie bei so mancher special effects-Show, aussen vor, als applaudierender Gast in der Manege.

Es beginnt tatsächlich so, dass Mills den Titel „Suchlike Horses“ flüstert, als wäre es ein rohes „campfire demo“, bei dem die Akustikgitarren auf der Suche nach einer Melodie sonnig rumkreiseln. Doch dann beamt seine Stimme aus einer ganz anderen Dimension herein, umhüllt von einem warmen Space-Echo. Die akustischen Gitarren verschwinden und werden durch ein E-Piano und klirrende „kosmische“ Synthesizer ersetzt.  Das Album ist voll von solchen akustischen optischen Täuschungen.

Das alles ist ist clever, aber nicht zu clever. Und manchmal kommt mir ein Hauch von Stelly Dan in den Sinn. Übrigens, Blake Mills‘  kongenialer Weggefährte, Chris Weisman, ist auch ein Spezialist für „oblique strategies“ und Verfasser des Büchleins „Nonmusical Patterns And Their Musical Uses“ – das Duo achtet darauf, es nicht zu übertreiben und  den einzelenen Song niemals  am grossen Aufleuchten zu hindern.

Jedes Lied  hat seine besondere emotionale Ladung. Man denke nur an das irrwitzige Gitarrensolo in „Skeleton Is Walking“, das von Mills auf seiner „fretless sustainer guitar“ gespielt wird und als Schlüsselmoment bei der Entstehung des Albums genannt wird. Während der Text tastend ist, explodiert das Solo wie ein brechender Damm. Mills bemerkt: „Es sagt eine Menge Dinge, die der Sänger nicht sagen kann. Und aus diesem Grund fühlt es sich sehr kathartisch an„.

Blale Mills teilt mit Justin Vernon die Vorliebe für Synthesizer und Gitarrentöne aus den 80er Jahren, die in der Folk-Rock-Szene bisher tabu waren, und kombiniert sie geschickt mit traditionelleren akustischen Klängen, um eine alternative Zeitlinie zu schaffen, in der John Prine im Paisley Park abhängt.

Genau wie die Musik spielen auch die Texte von Mills mit den Tropen des amerikanischen Songwritings und nehmen sie gleichzeitig auseinander. Es geht um Pferde, Monde und Highways, aber auch um metaphysische Fragen und „futuristische Höllenlandschaften“. Er scheint in Sprichwörtern und „Koans“ zu schreiben  im Sinne kleimer rätselhafter Vognetten, aber der elegante, skurrile Stil des Duos macht die Songs nur umso ergreifender. „There are no narratives to navigate here.“ Fast nicht zu glauben.

 

geschrieben von Sam Richards und Michael Engelbrecht

 


Olaf: ob er kommt, hängt davon ab, ob ich 1-2 Pressekarten bekomme.

Ingo: weiss noch gar nicht, ob er da ist.     
Ich: bin vom 22. bis 25.10. vor Ort.
Martina und Jochen: „eigentlich“  interessiert.
Lajla: zu der Zeit sowieso in Berlin.    
Alex: arbeitet, hätte aber um 16.00 Uhr Zeit am Konzerttag.
Ursula: leider nicht.
Jo: wird sich erst im Frühherbst klären.

Die Anderen: noch ohne Rückmeldung.

 

 

 

 

Wenn es ideal läuft, bleibt eh nur maximal die Zeitspanne zwischen 14 und 18 Uhr. Alex würde später dazustossen, und die Konzertbesucher wohl zeitig aufbrechen. Das Treffen hätte also nicht die epische Länge von Münster oder Sylt, auch nicht das kompakte Programm von Leinfelden-Echterdingen. Dies ist nur ein Zwischenstand. Der hier auch nur kurz „verweilen“ wird. Aber natürlich könnten sich kleinere Gruppierungen hier und da einfinden in jenen herbstlichen Tagen.

 

2023 11 Jun

„Tim erinnert sich“

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In der Platte stecken viele verschwommene Kindheitserinnerungen. Ich erinnere mich, wie meine Mutter die Carpenters im Radio mitsang, während sie die Wäsche machte, und wie ich zu Lou Rawls einschlief, der aus den Cadillac-Lautsprechern im Auto meines Vaters kam. Die Welt fühlt sich ein bisschen knackig und hektisch an. Es fühlte sich gut an, einige Elemente der alten Radiomusik aus meiner Kindheit in diese Songs einzubauen. Als ich schrieb, hörte ich viel Burt Bacharach, Dionne Warwick und Curtis Mayfield. Ich habe mich auch mit einigen Muppet-Songs und alten Paul Williams-Songs beschäftigt. Der Aufbau einiger dieser Stücke ist verrückt und inspirierend. Ich habe versucht, Neil Sedakas „Laughter in the Rain“ zu lernen. Der Akkordwechsel zum Refrain hat mir das Hirn weggeblasen. Ich habe immer noch keinen guten Weg gefunden, es zu stehlen, aber ich hoffe, dass ich es eines Tages kann. Dieser alte Käse hat etwas sehr Süßes an sich, das mich immer wieder anspricht, aber wenn ich mir genauer anschaue, wie diese Songs aufgebaut sind, kann ich einige neue alte Tricks entdecken.

2023 2 Jun

Punkt 2023

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Click on the poster to see the artists’ names in full glory. Then think about sailing north. One gig will present the infamous duo Jan Bang  / Eivind Aarset with special guest Nona Hendryx (the name rings a bell?) a.o. A track of their forthcoming album „Last Two Inches Of Sky“ (Punkt Editions) will get its first airplay worldwide on  July 20 being part of an irresistible sequence of musics in Michael Engelbrecht‘s edition of „Klanghorizonte“ feat. Matthew Herbert, Craven Faults, the fractured magic of Califone, and other time travellers. Interviews with Jan Bang, Matthew Herbert, CF, and Rickie Lee Jones are either in preparation, already done, or difficult to make.

2023 1 Jun

„11 Freunde“

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2023 1 Jun

Underground Erotica

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Diese Brüste aus Supervixens konnten einen erschlagen. Seit den screwball comedies wurden die Grenzen des Erotischen erweitert, mit ausgefeilten Schnittechniken, gewitzten Dialogen, shocking moments (die dann mitunter Filmgeschichte schrieben), bis hin zu den soft core und hard core erotica der letzten 50 Jahre. Mal subtil raffiniert, mal hart und heftig. Mal am Mainstream kratzend, mal subversiv, mal metaphsisch, mal einfach nur physisch. Stellt euch vor, es ist Sommer, und wir präsentieren in den kommenden Monaten 30 Klassiker und eine Serie – zwischen Geschmack und Geschmacklosigkeit, zwischen Kult und kaltem Kaffee, zwischen high brow und Schmuddelecke. Dazu müssen aber mindestens fünf Manafonisten mitmachen, sonst endet alles, mit einem Dutzend Erotika, als da wären „Supervixens“, „Das Doppelleben von Sister George“, „Im Reich der Sinne“, „The Angels of Sex“, „The Duke Of Burgundy“ (eine neue short story von Michael), „Das Schweigen“, ein paar andere Schätze (chose your personal burners!) – und der Mutter aller Serien zum Thema. Oder es endet eben doch wie ein Rohrkrepierer (ein schönes Bild in diesem Kontext).

 

 

„When an explosion does come along (and there are a couple), it’s a shock and is either brief or carefully resolved: an example of the sort of tactical astuteness characteristic of what will undoubtedly be one of the albums of the year.“

(Richard Williams)

 

 

 

2023 8 Mai

Lankum Live

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Lankum gibt meines Wissens nur ein Konzert in Germany, im Herbst, in Köln. Am 23. November. Das wird in Kürze ausverkauft sein. Wer kann, sollte in den Stadtgarten kommen. Da hat es unser ehemaliger Mitarbeiter Ian McCartney leichter. Früher war ich so oft in Great Britain, seit dem Brexit kommt es mir vor wie eine Weltreise. The Lifelong Day und False Lankum sind zwei Klassealben. Und was einen live erwartet, bitteschön… (m.e.)


YOUR NEW ALBUM IS FUCKING DEADLY!“ schreit eine Stimme aus den Tiefen eines vollen Hauses im Barbican am Donnerstagabend, dem ersten Termin der UK-Tour der Band aus dem Norden Dublins für ihr atemberaubendes neues Album False Lankum.

Wenn Sie das Album anhören, werden Sie in eine Klangwelt eintauchen, die von den organischen Drones der vier Musiker aufgewirbelt wird, die in einer Echokammer epischen Ausmaßes gefangen zu sein scheinen, mit gespenstischen Trommelschlägen und der Stimme von Sängerin Radie Peat in ihrer gespenstischsten und körperlosesten Form, die mehr an Throbbing Gristle aus der Heathen Earth-Ära erinnert als an irgendetwas anderes in der Folkmusik.

False Lankum ist auch das Album ihrer bisherigen Karriere, das von allen Seiten gelobt wird – der ehemalige Pogue Spider Stacey ist ein großer Fan („die beste Irish-Folk-Band, die es seit langem gibt“), und ihr Auftritt im Barbican war dementsprechend aufregend, mitreißend und überwältigend, mit epischen Tracks von False Lankum neben Ausschnitten aus dem ähnlich dröhnenden The Livelong Day von 2019 und dem früheren Old Cold Fire.

Nach einem faszinierenden Eröffnungsset mit Loops, Live-Musik und Dub-Einflüssen des Tara Clerkin Trios eröffnete Radie Peat eine epische Darbietung von „The Wild Rover“. Die Band reihte sich auf einer dunklen Bühnenplattform auf, die Brüder Lynch flankierten die beiden Enden, die alten Schulfreunde Peat und Cormac MacDiarmada standen in der Mitte, und hinter ihnen beugte sich der Schlagzeuger John Dermody über die wohl größte Trommel, die je auf einem Schlagzeug zu sehen war.

Peats Stimme ist ein Wunder, das bei „The Wild Rover“ von einer dünnen, zerbrechlichen Geige und Daragh Lynchs exquisit gespielter Gitarrenbegleitung unterstützt wird, bevor sich die Schlange in der Musik zu erheben beginnt und die Klanglandschaft zu einer tiefen, aufwühlenden Tonlage verdichtet, die so dunkel wie Teer ist. Und das Publikum bricht in wilden Applaus aus, als Dermody zum ersten Mal die große Trommel anschlägt.

Ian Lynch übernimmt die Führung bei „The New York Trader“, einer treibenden, eindringlichen, unaufhaltsamen Geschichte über einen Mörder, übernatürliche Kräfte und eine Reise der Verdammten, die am Ende durch die exzellente Soloarbeit von Ian Lynch und MacDiarmada an Pipes und Fiddle sowie Peat an der Konzertina besiegelt wird.

An einer Stelle ergänzt Peat ihren Gesang und ihre Akkordeonarbeit, indem sie mit ihren Zehen ein paar Töne auf dem Harmonium zu ihren Füßen spielt, während Ian Lynch Pfeifen, Whistle, Drehleier, Konzertina und Keyboards sowie den Gesang bedient und MacDiarmada bei der exquisiten und eindringlichen Kinderballade „Lord Abore and Mary Flynn“ von der Geige und Bratsche zur Gitarre und zum Leadgesang (mit Peat) wechselt.

Es ist ein weiterer epischer Höhepunkt des Sets, ebenso wie die wilde Instrumentalattacke von „The Pride of Petrovore“. Hier gleicht Lankums Musik einem verkohlten, zerfledderten Marsch unruhiger Seelen durch eine Klanglandschaft, die von den Gespenstern von Goyas „Disasters of War“ gezeichnet ist, und während die sanfteren Gruppenharmonien auf Cyril Tawneys Klassiker „On a Monday Morning“ dazu beitragen, die Temperatur der musikalischen Spannungen im Spiel zu senken, schließt das Set mit einer der größten und intensivsten Gesangsdarbietungen, die jemals diesen Konzertsaal zierten – Radi Peat führt unbegleitet durch False Lankums gewaltigen Opener „Go Dig My Grave“.

Wie kann man darauf reagieren? Nun, wie wäre es mit einer stehenden Ovation des lautesten und wildesten Publikums, das ich je im Barbican erlebt habe, und einer dreistimmigen Zugabe, die mit „Bear Creek“ endet, einem wilden Melodienreigen, der einem Großteil des Publikums unter die Haut geht, das aufsteht, wild tanzt, mit den Armen um sich wirft und generell durchdreht. Ich glaube nicht, dass es ein Barbican-Publikum wie dieses gegeben hat. Aber es gibt auch keine andere Band wie Lankum.

 

(Tim Cumming, übersetzt von Manafonistas )

2023 30 Apr

Die Klanghorizonte im Juli

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Craven Faults  

Dudu Tassa & Johnny Greenwood
Rickie Lee Jones

Old and New Dreams (ECM Vinyl reissue)
Dedalus Ensemble plays Eno

Josephine Foster: Domestic Sphere
Matthew Herbert The Horse

Califone: Villagers
Jan Bang & Eivind Aarset

Meiko Kaji

 

2023 21 Apr

Auf ins Alhambra, Jungs!

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Ich  möchte euch einladen, mit mir durch die Zeit zu reisen und an diesem Abend des Jahres 1961 in einem Club namens Alhambra einzukehren. Besorgt euch einfach die Platte, die bei Waxtime vor Jahren neu aufgelegt wurde. Verdunkelt den Raum. zündet eine Kerze an, und wartet, dass es losgeht. Lasst den Blick schweifen, schaut euch um, ob ihr die eine oder andere scharfe Braut entdecken könnt. Ihr selber gehört zu den Beatnicks, und es ist Zeit für neue Abenteuer. (Offensichtlich ist das hier eine Jungssache, sorry!) Das Konzert, das an jenem denkwürdigen Tag stattfand, an dem einige von euch noch nicht auf der Welt waren, und wahrscheinlich auch nirgendwo sonst, und das  Jazzgeschichte schreiben sollte, zeigt, was dieses Klaviertrio von Ahmad so besonders machte. Die Musik ist weder dem Hard-Bop noch dem West Coast Jazz zuzuordne. Das liegt natürlich am minimalistischem – oft eigenwilligen – Zugang des Pianisten zum Jazz, bei dem er es schafft, klassischen Stilistiken gleichermaßen zu huldigen und zu trotzen. Aber man kann auch behaupten, dass es das Ergebnis von Jamals geografischer Lage ist. Der Hard-Bop-Sound gehörte nach New York, und der Westküsten-Sound war in Kalifornien verwurzelt. Irgendwo in der Mitte lebte und spielte Jamal in seinem Club in Chicago: eine Stadt, eine Zwischenwelt, die schon immer Einflüsse aufgriff und verwandelte, die von den Küsten herüberwehten. Es handelt sich nicht nur um eine Live-Performance, sondern um die klangliche Dokumentation eines Abends im Alhambra. Bei Liedern wie „Love For Sale“ und „Isn’t It Romantic“ hört man das Klirren von Martinigläsern im Hintergrund, das gedämpfte Geplapper des Publikums und die Rufe der Band untereinander, während sie im Rhythmus mit den Füßen stampfen. Die Musik ist da, aber auch die Umgebung, in der sie aufgenommen wurde. Es ist eine Platte, die Bilder von Männern in Anzügen und Frauen in Kleidern heraufbeschwört, die um Cocktailtische versammelt und von Zigarettenrauchwolken umnebelt sind, während die Band ihnen von einer abgedunkelten Bühne aus ein Ständchen bringt. Okay, ich trage Jeans. Die Atmosphäre ist entspannt und frei von Hemmungen – eine offene Fliege, die unter dem Kragen hängt; ein gedämpftes Licht, das die Kerzen an der Bar erhellt; eine weitere Runde Drinks, die einen von leicht beschwipst zu gemütlich angeheitert führt. Es ist eine Nacht voller Jazz, Cocktails und Romantik, die für immer in Ahmad Jamals Alhambra weiterlebt, und man kann sich einfach dazugesellen, mit Scotch und Candlelight.


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