Manafonistas

on life, music etc beyond mainstream

2017 8 Feb

Those were the days

von: Michael Engelbrecht Filed under: Blog | TB | 4 Comments

Ich weiss noch, das Raunen, das durch den Melody Maker ging, als die Platte erschien. Die Jungs auf dem Cover sahen alle ausgemergelt aus und blass, und die Songs landeten schliesslich in dem kleinen Würzburger Plattenladen, wo ich auch Low gekauft hatte. Ich nahm das Teil sofort mit, zog die Vorhänge zu, machte mir einen Tee (damals bestellten wir die Oolongs und Darjeelings bei einem Teeversand aus Bremen, warum auch immer), und die Musik verrichtete ihre Arbeit. Ein kleiner Studioraum in NYC, eine kleine Studentenbude im Frankenland. Jeder Song filettiert, rohes Material, das ins Singen kam. Die Zeit der alten Erhabenheiten war vorbei, und später sagte der Mann mit der schneidenden Stimme, er habe in jener Zeit viel Coltrane gehört. Zumindest erinnere ich das so, und höre ich die Musik, merke ich davon nichts. Ich fiel sowieso gleich in Trance. Nackter ekstatischer Rock, die Parallele zur Jazzlegende liegt vielleicht in der permanenten Intensität, die beiden Gitarren scheinen nicht die Notenblätter, sondern Telepathie zu proben. Nichts lässt einen hier vom Haken. Das lange Titelstück von Marquee Moon vergeht im Rausch. „Not just one of the best long songs but possibly the greatest rock song of all time, the title track of Television’s 1977 debut LP has everything: the grandeur of the finest freewheeling 70s rock, the needling intensity of punk and the eerie tension of an Edgar Allen Poe short story, marked by strange encounters and elemental surges (“the lightning struck itself”). Despite the efforts of generations of critics to unpick it, Marquee Moon remains brilliantly inscrutable – a mystery inside an enigma wrapped in a stinging guitar solo.“ (Sam Richards). Ich stimme zu, man denkt bei solchen Sounds an plötzliche Lichtausfälle, man muss im November nicht mehr auf die Friedhöfe, und John Carpenter kann sich mit dem nächsten Schocker ruhig Zeit lassen. Wird auf dem Album von Liebe gesungen? Blöde Frage. Ein Meilenstein, eine der Platten, bei denen sich viele daran erinnern, wann genau sie sie das erste Mal gehört haben. Und warum fühlte und fühlt man sich hinterher so verdammt lebendig, „good vibrations“ gingen doch eher anders. Die Platte erschien auf den Tag genau vor vierzig Jahren. Gut, dass einer der Hammersongs dieser Tage auftauchte, im Guardian, bei einer Sichtung unvergesslicher Lieder mit dem „long-time-treatment“, ein Fehler, Autobahn nur am Rande zu erwähnen, aber immerhin sind Kevin Rowlands und Iron Butterfly dabei, sowie „Papa Was A Rolling Stone“ und Donna Summers Song mit den dreizehn (?) Orgasmen. (Was ich zu gern finden würde auf den Plattenmärkten der Welt, ist die 12-inch-Ausgabe, die Langfassung, von „State of Independance“, es hat sie einmal gegeben, ich weiss es.)

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4 Comments

  1. Rosato:

    In Those-Were-The-Days-Zeiten ist mir Television nicht über die Ohren gelaufen, und wenn es doch geschehen wäre, dann vielleicht im Zündfunk gerade mal mit einem einsamen Song. Der hätte auch zünden müssen, damit er mich so verfolgt, dass ich ihn gesucht hätte, wahrscheinlich in Nürnberg bei Radio Adler, mit fraglichem Erfolg.
    possibly the greatest rock song of all time
    Heute findet man solche Songs schnell und leicht. Ich habe Marquee Moon heute Nachmittag bei Qobuz gehört, und gefunkelt hat gleich der Anfang, dieses rhythmische Vexierspiel das guitars & bass inszenieren. Zu mehr Höreindrücken bin ich nicht gekommen, weil da noch ein paar Haken ausgelegt sind, an denen ich mich verfangen habe.

    Iron Butterfly
    In-A-Gadda-Da-Vida. Die Platte brachten Schüler oft in den Unterricht mit, ah ja, das lange drum solo. Damals stand ich aber gerade auf Miles Davis und war Tony Williams verfallen. Eine der Platten, bei der ich mich erinnere, wann genau ich sie das erste Mal gehört habe ist My Funny Valentine – Miles Davis in Concert. ‚Mein‘ Iron Butterfly Album ist Metamorphosis, ein weiteres Album, von dem ich weiß, wann ich es zum ersten Mal gehört habe: in den letzten Wochen an der Seminarschule in München im Herbst 1970 nahmen mich ein paar Elftklässler mit in einen Schuppen in der Innenstadt, spartanisch eingerichtet, Autorücksitze am Boden verschraubt, wenig Licht, viel Rauch, laute Musik. Da hörte ich Butterfly Bleu, fantastische Soundeffekte mit der voice box.

    Papa Was A Rolling Stone & State of Independence
    Die Originale hörte ich heute zum ersten Mal. Vangelis hat mich nie interessiert. State of Independence ist aber ein knackiger Song. Die beiden Stücke kenne ich in Versionen von Montezuma’s Revenge, einem Vokalensemble aus den Niederlanden, das ich vor vielen Jahren zu München im Lustspielhaus gehört habe, eine fantastische Show haben die 5 Sänger geboten.

  2. Jan Reetze:

    Ich erinnere, dass ich Marquee Moon mochte, habe aber keine Erinnerung mehr, was drauf ist. Ich werde morgen einmal hineinhören, wahrscheinlich reicht das aus, um die Songs aus den Tiefen des Hirns hervorzuholen.

    In-A-Gadda-Da-Vida. Die Platte mit dem wohl stupidesten Schlagzeugsolo aller Zeiten. Aber als Teenager hatte man noch keinen wirklichen Vergleich. Es hieß einfach, die Platte sei unglaublich toll, also war sie es. Und im Dunkeln bei Klassenfesten funktionierte sie ja auch. Bis heute frage ich mich, was wohl in der Reisetasche war, die auf dem Coverfoto zu sehen ist. Mein Verdacht: Thermoskanne, Butterbrot mit Mettwurst und eine Zeitung.

  3. Michael Engelbrecht:

    In a Da Vida Dings Bums ist auch nur beste Erinnerung an Teenagerparties. Marquee Moon ist bei keinem Umzug verloren gegangen. Hat sich nur in eine Cd verwandlt, das Vinyl war tatsächlich überstrapaziert!

  4. Michael Engelbrecht:

    http://observer.com/2017/02/television-marquee-moon-album-anniversary-review/


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