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2017 27 Jan

Gregor öffnet seinen Plattenschrank (129)

von: Gregor Mundt Filed under: Blog | TB | 5 Comments

Vielleicht war ich 13, 14 Jahre alt, als meine Eltern einen Maler beauftragten, einige Räume unserer Pension zu renovieren. Dieser Handwerker war ein richtig lustiger Gesell, mit dem ich mich sehr gerne unterhalten habe. Dass er einen ähnlichen Musikgeschmack hatte wie ich, merkte ich sehr schnell, bei ihm lief nämlich während der Arbeit ständig heiße Musik.

Da damals – Mitte der 60er Jahre – kaum meine Musik im Radio gespielt wurde, kam seine Musik natürlich auch nicht aus einem Kofferradio, er hatte doch tatsächlich ein Tonbandgerät dabei, ein Grundig TK 14. Meine Begeisterung war grenzenlos. Wie toll wäre es es, ein solches Wunderwerk der Technik zu besitzen. Mein Maler-Freund war gar nicht so begeistert von dem Gerät, sagte, es sei schon vier Jahre alt, ständig gelaufen, die Riemen ausgeleiert, die Tonköpfe abgenutzt, nein, meinte er, er würde sich demnächst ein neues Gerät kaufen, vielleicht ein Uher Universal S, das hätte sogar mehrere Geschwindigkeiten.

Nun sah ich meine Chance kommen, würde der Malermeister mir vielleicht sein altes Grundig TK 14 für wenig Geld verkaufen? Ich nahm mir ein Herz und fragte. Etwas überrascht antwortete er, dass er sich das mal überlegen würde. Ein paar Tage später meinte er dann, für 50 Mark wäre das Gerät mein. Damit wären meine gesamten Ersparnisse aufgebraucht, alle Sparschweine in Stücke gehauen, aber dafür könnte ich endlich meine Musik aufnehmen, die Sender BFBS, Radio Luxemburg, Radio Caroline (seit 1964 auf hoher See) brachten ja durchaus meine Musik. Aber das Bandmaterial, das musste man ja auch einrechnen …

Natürlich schlug ich in den Handel ein, ein altes BASF-Band erhielt ich für meine ersten Aufnahmen gratis noch obendrein. Ab jetzt wurde aufgenommen, was für ein Fest.
 
 
 

 
 
 
Später wurde das TK 14 von einem Grundig TK 19 de Luxe (hier im Bild) abgelöst, dann eisern auf ein Uher Variocord 263 Stereo gespart. Kurz vor dem Abitur hatte ich es dann geschafft, ich konnte das Gerät kaufen. Erst viele Jahre später konnte ich mir das Traumgerät von Uher, das Uher Royal de Luxe (mit Echo- und Hallfunktion, Diapilot und vier Geschwindigkeiten) leisten. Zu dieser Zeit gab es das Gerät schon lange nicht mehr im Handel, mein Gerät – siehe Foto – stammt aus einem Totalausverkauf eines Radio- und Fernsehgeschäftes.
 
 
 

 
 
 
All diese Geräte besitze ich natürlich noch und sie laufen auch, wenn auch die Qualität zu wünschen übrig lässt. Natürlich wurden von den Bändern keines dem Müll übergeben, im Gegenteil, gerade höre ich sie sehr gerne wieder. Da ich für die wenigsten Tonbänder Titellisten angefertigt habe, weiß ich oft gar nicht, welche Schätze ich damals aufgenommen habe.

Oft habe ich die unglaublich flotten Ansagen der englischen Radio-Luxemburg-Sprecher nicht verstanden oder die Titel wurden nicht angesagt, also gab ich das Aufschreiben von Musiktiteln schnell auf. Schade eigentlich, von vielen Titeln weiß ich bis heute noch nicht einmal die Interpreten. Aber da hilft ja seit einiger Zeit die Musikerkennung mit der App. Leider erkennt meine App längst nicht alle Titel, wahrscheinlich auch deshalb nicht, weil die Qualität einfach zu schlecht ist, allenfalls die Hälfte aller Eingaben sind erfolgreich.
 
Folgende Titel konnte ich endlich einmal zuordnen:
 
 

Thunderclap Newman – „Something in the Air“

Booker T and The MG´s – „Time is Tight“

Mitch Ryder and The Detroit Wheels – „Devil with the Blue Dress on“

Stealers Wheel – „Everything Will Turn Out Fine“

Bo Hansson – „Fog on the Barrow-Downs“ / „The Black Riders & Flight to the Ford

 

This entry was posted on Freitag, 27. Januar 2017 and is filed under "Blog". You can follow any responses to this entry with RSS 2.0. Both comments and pings are currently closed.

5 Comments

  1. Lajla Nizinski:

    Gregor, das ist so reizend, was du schreibst. Martina und ich haben heute überlegt, wo wir Manafonisten uns demnächst treffen kônnten. In Stuttgart, bei Gregor, wir helfen dir auch die Songs zu „entziffern“. D’accord?

  2. Martina Weber:

    Ich mag diese Geschichte auch sehr, Gregor. Mit Tonbändern kam ich nie in Berührung. Für mich waren es die kleinen tragbaren Kassettenrecorder (die puristischen ohne Radio, aber mit eingebautem Mikrophon), die mein Herz schneller schlagen ließen. Auf diesem Bereich war ich als Kind sehr designbewusst, ich mochte nämlich den Kassettenrecorder des Jungen aus dem 3. Stock lieber als meinen.

    P und ich haben auf seinem Gerät unser gemeinsam verfasstes, sehr aufregendes Kriminalhörspiel „Die gestohlene Goldmünzsammlung“ aufgenommen und in unser Manuskript möglichst viele Gehgeräusche aufgenommen, die wir mit einem sanften Tippen unserer Fingerspitzen auf dem Mikro umsetzten.

    Da ich eine ganze Menge an Kassettenaufnahmen habe und sie oft höre, benutze ich immer noch täglich kleine Kassettenrecorder, wenn ich nämlich die Kassetten nicht auf der Musikanlage höre. Ich trage diese Kassettenrecorder wie kleine Heiligtümer durch die Wohnung. Es ist ein völlig anderes Gefühl, eine Kassette zu hören als etwas Digitales. Es ist Magie. Leider wurden reine Kassettenrecorder als Neugeräte vor vielen Jahren durch EU-Recht verboten, mit der Begründung, sie bräuchten zu viel Strom.

    Die Kombinationsgeräte CD/Radio/Kassette finde ich allerdings nie ästhetisch gelungen, wenn sie tragbar sein sollen. Vor ein paar Wochen habe ich mir endlich einen großen Kindheitstraum erfüllt und nach einiger Recherche einen Grundig C480 gebraucht gekauft. Ein Gerät aus den 70er Jahren. Super Sound und ausgezeichnete Aufnahmefunktion. Die verwende ich für Sprachaufnahmen, denn die Aufnahmen aus dem Radio mache ich an der großen Anlage. Ich habe zum Beispiel das Interview mit Angela Regius über Kurzfilme mit dem Gerät aufgezeichnet.

  3. Michael Engelbrecht:

    @ Lajla: in das „home museum“ passen nur max. drei Manas gleichzeitig :) – das ist für Individualreisen besser …

  4. Lajla Nizinski:

    Cool. Dann können immer alle 20 Minuten drei rein. Wolfram sitzt mit Verlaub an der Kasse :)

    Gregor’s Text bringt mir good vibrations.

  5. Gregor:

    Was für herrliche Ideen …


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